Mit Schwung ins Frühjahr
Sehr geehrte Damen und Herren,
man kann nicht gerade behaupten, im Rundfunk und in der Telekommunikationsbranche sei das Jahr 2024 mau gestartet. Die heiße Phase für Kabelnetzbetreiber hat längst begonnen, um ihr Geschäft auch nach dem 1. Juli 2024 abzusichern. TK-Experte Dietmar Schickel verrät im Interview mit MediaLABcom, wo gerade für mittelständische Kabelnetzbetreiber die Stolperfallen drohen.
Nichts weniger als einen Strategiewechsel erlebt derzeit der Glasfaserausbau: Nicht mehr die „Homes passed“, sondern die „Homes activated“ rücken in den Fokus. Das hat Konsequenzen, die nicht jedem schmecken dürften. Passend dazu werfen wir auch einen Blick darauf, mit welchen Technologien Glasfasernetze gebaut und wie Vorvermarktung und Kostenübernahme für den Anschluss strategisch genutzt werden. Gastautor Ekkehart Gerlach lenkt dann unseren Blick von der Infrastruktur auf den Content und erklärt, warum es wieder mehr Tacheles statt noch mehr Tratsch braucht.
Das Rundfunklager konnte nach der Weltfunkkonferenz Ende des vergangenen Jahres nur kurz aufatmen, schon droht neues Ungemach aus Brüssel. Die nationale Frequenzpolitik soll zentralisiert werden. Unser Gastautor Jochen Zenthöfer sieht darin gleich mehrere Nachteile.
Im dritten Teil der Serie über die medienpolitische und rechtliche Einordnung des Phänomens FAST Channel geht es ans Eingemachte: das Urheberrecht. Hier sitzt der Sprengstoff, weswegen so mancher FAST-Channel-Anbieter demnächst Post von den Rechtsexperten der sogenannten Münchener Gruppe bekommen dürfte.
Veranstaltungshinweise, eine neue Folge des Podcasts „Medien im Visier“ und Kurzmeldungen runden die Ausgabe ab. Wir wünschen Ihnen eine angenehme Lektüre.
Heinz-Peter Labonte, Herausgeber
Marc Hankmann, Redaktionsleiter
Dr. Jörn Krieger, Redakteur
Ausgabe 127 • April 2024
Inhalt
„Eine schwierige Gemengelage für die Kabelnetzbetreiber“: TK-Experte Dietmar Schickel zum Ende des Sammelinkassos
Marc Hankmann
Ab dem 1. Juli 2024 können die Kosten für den Kabelnetzbetrieb nicht mehr im Sammelinkasso über die Mietnebenkosten eingezogen werden. Das versetzt sowohl Kabelnetzbetreiber als auch die Wohnungswirtschaft in Aufregung, wie sie Dietmar Schickel, Gründer und Geschäftsführer der DSC Dietmar Schickel Consulting, noch nicht erlebt hat. MediaLABcom sprach mit ihm darüber, was Kabelnetzbetreiber nun unternehmen müssen, welche Folgen durch den Wegfall des Sammelinkassos zu erwarten sind und warum für viele Kabelnetzbetreiber nun der Moment gekommen ist, die Koax-Infrastruktur durch Glasfaser zu ersetzen.
Fiberdays 24: Im Glasfasermarkt wird das Steuer herumgerissen
Marc Hankmann
Wenn von den Fiberdays 24 eine Botschaft ausging, dann die, dass es im Glasfaserausbau nicht so weitergehen wird wie bisher. Die Zeit kilometerlanger Glasfaserleitungen unter oder an Straßen und Gehwegen ist vorbei – jetzt wird statt „Homes passed“ auf „Homes activated“ gesetzt. Für den einen oder anderen könnte der Strategiewechsel jedoch zu spät kommen.
Welche Wege führen ins Haus: Ausbaustrategien im Glasfasermarkt
Dr. Jörn Krieger
Glasfaser ist nicht gleich Glasfaser. Das belegt eine Studie von WIK Consult. Das Unternehmen führte im Sommer 2023 eine Onlinebefragung zu den Ausbaustrategien im Glasfasermarkt durch. Den goldenen Weg für den Bau eines Glasfasernetzes scheint es demnach nicht zu geben. Und auch sonst zeigt sich WIK von den Ergebnissen überrascht.
„New New Media“: von Connectivity zu Content?
Ekkehart Gerlach
Viele Jahre lang hat Internetexperten, Politiker und Journalisten ab den frühen neunziger Jahren, zunächst unter der Überschrift „Neue Medien“, vor allem eines beschäftigt: Wo, wann und wie das Internet als neue gesellschaftliche Infrastruktur verfügbar wäre. Von Kupfer über Koax und Satellit zu Glasfaser wogten die Diskussionen hin und her, um nur einige wenige Stichworte zu nennen.
Die EU-Kommission will die nationalen Frequenzpolitiken unter ihre Kontrolle bringen – das ist keine gute Idee
Dr. Jochen Zenthöfer
Was für ein Paukenschlag! Wenige Wochen vor der Europawahl hat die Europäische Kommission ein neues White Paper unter dem Titel „How to master Europe’s digital infrastructure needs?” veröffentlicht. Darin ist unter anderem geplant, die bisher vor allem national stattfindenden Frequenzpolitiken vollständig unter die Kuratel der EU zu stellen.
Phänomen FAST Channels – eine medienpolitische und -rechtliche Betrachtung (3. Teil)
RA Michael Schmittmann
FAST Channels (Free-Ad-Supported Streaming Television) sind – wie wir in Teil 1 und 2 beschreiben konnten – komplexe neue TV-Programme, die mit der Kategorisierung „linear“ und „Free-TV“ nicht ausreichend charakterisiert sind. Sie kommen in verschiedensten Varianten daher, haben enormen Erfolg in den USA und langsam auch hier in Europa (Teil 1) und bedürfen medienrechtlich ab einer bestimmten inhaltlichen Ausrichtung und Zuschauerzahl einer Veranstalterzulassung (Teil 2). In dieser Ausgabe wenden wir uns dem dritten und schwierigsten Kapitel dieses TV-Genres zu, dem Urheberrecht.
Medien im Visier – der Podcast von MediaLABcom
Danilo Höpfner
EU-Gesetz: Medienfreiheit und KI
Die schwierigen Entwicklungen in Polen und Ungarn waren der Auslöser: Die EU will Journalisten und Medien mit dem kürzlich verabschiedeten, neuen Medienfreiheitsgesetz besser vor politischer Einflussnahme schützen. Zudem sorgt ein neues, „historisches“ KI-Gesetz der EU für Aufsehen. Es geht dabei um nicht weniger als die Achtung der Grundrechte bei der Nutzung von künstlicher Intelligenz (KI). Wie beides gelingen kann und was es für Medien und Nutzer bedeutet, besprechen wir mit der Sprecherin der Vertretung der EU-Kommission in Deutschland, Birgit Schmeitzner.
Neues vom FRK
FRK warnt wegen Sammelinkassoverbotes vor Preiserhöhungen für Verbraucher
Der Fachverband Rundfunk- und BreitbandKommunikation (FRK) warnt vor den negativen Folgen durch den Wegfall des Sammelinkassos ab dem 1. Juli 2024. „Wenn die mittelständischen Kabel- und Telekommunikationsnetzbetreiber als Verbraucherpreiskorrektiv verschwunden sind, können die verbliebenen Oligopolisten die Preise so erhöhen, dass die Private-Equity-Investoren ihre 20-prozentige jährliche Rendite erzielen“, sagt FRK-Vorsitzender Heinz-Peter Labonte. Durch das Ende des Sammelinkassos können den mittelständischen Unternehmen erhebliche Wettbewerbsnachteile entstehen. Gleichzeitig bewahrheitet sich nämlich inzwischen die Befürchtung, dass den Verbrauchern in der Flut an Werbeversprechen für eine vermeintlich moderne TV-Versorgung eine Verschlechterung der Empfangsqualität sowie höhere Kosten drohen.
Veranstaltungshinweise
Dr. Jörn Krieger
Immobilienwirtschaft trifft Glasfaser 2024
DSC Dietmar Schickel Consulting lädt zusammen mit BUGLAS, GdW und VATM zu einer Neuauflage des Kongresses „Immobilienwirtschaft trifft Glasfaser“ ein. Referenten aus den Bereichen Immobilienwirtschaft, Verbände und Netzbetreiber treffen sich unter dem Motto „Glasfaserausbau in der Netzebene 4 (NE4): Praxisberichte und Migrationsszenarien“ am 25. April 2024 in den Räumen der Wirtschaftskanzlei Greenberg Traurig Germany in Berlin, um ihr Expertenwissen zu teilen.
Kurzmeldungen
Dr. Jörn Krieger
M7 und wilhelm.tel verlängern Partnerschaft
M7 Deutschland und der Glasfasernetzbetreiber wilhelm.tel haben ihre langjährige Partnerschaft erweitert und verlängert. Mit dem neuen, mehrjährigen Abkommen sichert sich wilhelm.tel die Lizenzrechte für die Verbreitung eines umfangreichen Angebots an Premium-TV-Programmen für seine Kabelkunden.
„Eine schwierige Gemengelage für die Kabelnetzbetreiber“: TK-Experte Dietmar Schickel zum Ende des Sammelinkassos
Marc Hankmann
Ab dem 1. Juli 2024 können die Kosten für den Kabelnetzbetrieb nicht mehr im Sammelinkasso über die Mietnebenkosten eingezogen werden. Das versetzt sowohl Kabelnetzbetreiber als auch die Wohnungswirtschaft in Aufregung, wie sie Dietmar Schickel, Gründer und Geschäftsführer der DSC Dietmar Schickel Consulting, noch nicht erlebt hat. MediaLABcom sprach mit ihm darüber, was Kabelnetzbetreiber nun unternehmen müssen, welche Folgen durch den Wegfall des Sammelinkassos zu erwarten sind und warum für viele Kabelnetzbetreiber nun der Moment gekommen ist, die Koax-Infrastruktur durch Glasfaser zu ersetzen.
MediaLABcom: Herr Schickel, der Stichtag 1. Juli 2024 rückt immer näher. Was kommt jetzt konkret auf Kabelnetzbetreiber zu?
Dietmar Schickel: Sie müssen sich mit den Wohnungsunternehmen darüber verständigen, wie eine zukünftige Abrechnung des TV-Signals erfolgen soll. In der Regel wurden bereits Vereinbarungen geschlossen, allerdings folgt jetzt der praktische Teil, das heißt, es muss eine Kommunikation gegenüber den Mietern erfolgen und Endkundenverträge müssen geschrieben werden. Hier ist man weitgehend auf Unterstützung durch die Wohnungsunternehmen angewiesen – diese wiederum können oder wollen hier aus verschiedenen Gründen nicht immer aktiv bei diesem Prozess unterstützen. Also eine schwierige Gemengelage für die Kabelnetzbetreiber!
MediaLABcom: Steht ihr Telefon denn noch still oder wie sieht die Nachfrage aus den Reihen der Kabelnetzbetreiber derzeit aus?
Dietmar Schickel: Bei uns rufen in der Regel Wohnungsunternehmen an, die nicht sicher sind, ob sie vom Wegfall der Umlagefähigkeit tatsächlich betroffen sind. Aktuell wurden wir zum Beispiel darauf angesprochen, ob bei Sat-Anlagen ein Wechsel vom Sammel- auf Einzelinkasso notwendig sei. Hier konnten wir helfen, da man tatsächlich die Entgelte monatlich über die Betriebskosten abrechnet und diese Abrechnungsmöglichkeit ist eben nach dem 30. Juni 2024 nicht mehr möglich.
MediaLABcom: Wo sehen Sie denn bei kleinen und mittelständischen Kabelnetzbetreibern den größten Beratungsbedarf?
Dietmar Schickel: Zurzeit ergeben sich natürlich Probleme bei der generellen Umsetzung eines Einzelinkassos, wenn man bisher nur ein Sammelinkasso betrieben hat. Abgesehen von den Erfordernissen eines geeigneten Abrechnungssystems ergeben sich zudem generelle Fragen zur Umsetzung der erforderlichen Kundenschutzregeln – insbesondere bei der „vorvertraglichen Vertragszusammenfassung“.
Zudem muss man Vertriebs- und Kommunikationsmaßnahmen vornehmen und Kundenwerbung betreiben. Nicht jeder kleine oder mittelständische Kabelnetzbetreiber ist darauf eingestellt – hier bieten wir dann unsere Erfahrungen und Hilfe an.
MediaLABcom: Ist das Thema inzwischen auf der Agenda der Wohnungswirtschaft?
Dietmar Schickel: Wie bereits gesagt, ist die Wohnungswirtschaft teilweise verunsichert, ob sie von diesem Wechsel von Sammelvertrag auf Einzelinkasso überhaupt betroffen ist. Für den Großteil der wohnungswirtschaftlichen Unternehmen ändert sich nichts, da sie bereits heute Einzelinkasso-Verträge abgeschlossen haben.
MediaLABcom: Derzeit werben IPTV- und OTT-Anbieter massiv für ihre TV-Produkte. Rechnen Sie damit, dass viele Kabelhaushalte auf ein Streaming-Angebot umschwenken werden?
Dietmar Schickel: Wir wissen alle aus eigener Erfahrung, wie wir selbst und auch Mieter auf Änderungen reagieren: Man wartet erst einmal ab. Was passiert, wenn ich nicht direkt einen Vertrag abschließe? Natürlich registriert man, dass es Alternativen zum bisherigen Angebot gibt. Ich glaube aber nicht daran, dass insbesondere eine ältere Mieterschaft sofort auf Streaming-Angebote wechseln wird. Insofern ist die prognostizierte und kommunizierte Erwartungshaltung einiger Anbieter übertrieben.
Ja, es wird wechselwillige Mieter geben – aber der größte Teil wird abwarten, was passiert. Die EM steht vor der Tür und ein Netzbetreiber, der konsequent seine Netze betreut und sich auch nicht scheut, nicht interessierte Teilnehmer abzuklemmen, wird sicherlich einen Teil der Mieter für sich gewinnen können.
MediaLABcom: Was raten Sie Kabelnetzbetreibern, was sie nun machen müssen, um auch nach dem 1. Juli 2024 TV-Umsätze zu generieren?
Dietmar Schickel: Sollten sie nur Sammelverträge abgeschlossen haben, müssten sie schon längst aktiv sein und vertriebliche und kommunikative Maßnahmen eingeleitet haben. Auch die Anreicherung der TV-Angebote mit kostengünstigen HDTV-Paketen kann sicherlich für Mieter attraktiv sein.
Was nicht funktioniert, ist extrem hohe Preise für Einzelinkasso vorzusehen. Dies lässt Mieter dann tatsächlich Alternativen prüfen. Die Preis-Range kann etwas höher liegen als das bisherige Sammelinkasso, aber der Markt gibt ja bereits Preise vor, an denen ich mich orientieren sollte.
MediaLABcom: Es wird zwar immer vom Ende des Sammelinkassos gesprochen, aber es ist auch nach dem 1. Juli 2024 noch möglich, wenn auch in anderer Form. Ist das Sammelinkasso also weiterhin ein gangbarer Weg?
Dietmar Schickel: Es gibt natürlich mehrere Varianten, um ein Sammelinkasso aufrecht zu erhalten. Da ist zum einen die Möglichkeit, die monatliche Kaltmiete um das Kabel-TV-Entgelt zu erhöhen. Bei den derzeitigen Mietkosten kein einfaches Unterfangen, aber zum Beispiel ein gangbarer Weg, um Apartments mit kurzfristigen Mieterwechsel auch weiterhin mit Kabel-TV versorgen zu können, ohne bei jedem Einzug einen neuen Vertrag abschließen zu können.
Hier ist nur darauf zu achten, dass die Möglichkeit eines „Opt-out“ für den Mieter besteht, wenn er länger als 24 Monate in einem solchen Apartment wohnen sollte. Theoretisch müsste dann die Miete um das Kabel-TV-Entgelt gekürzt werden, wenn der Mieter die TV-Leistung nicht mehr beziehen möchte.
Genauso verhält es sich auch, wenn ein Einzelvertrag durch den Eigentümer mit jedem Mieter abgeschlossen wird. Das „Opt-out-Recht“ eines Mieters gilt dann ebenso nach 24 Monaten Mietdauer. Ein nicht zu unterschätzendes Risiko für den Eigentümer, wenn er für die Entgelte gegenüber dem Netzbetreiber haftet.
Es gilt für alle Fälle – auch bei Wohnungseigentum: Solange keine Abrechnung über die Betriebskosten erfolgt, können Sammelverträge vereinbart werden.
MediaLABcom: Wenn sich in einem Mehrparteienhaus einzelne Mieter entscheiden, den Kabelanschluss nicht mehr nutzen zu wollen, müssen sie vom Netz abgeklemmt werden. Das ist in einer Baumverteilstruktur nicht gerade lapidar. Welche Optionen gibt es hier und mit welchem Aufwand sind sie verbunden?
Dietmar Schickel: Erschreckend, dass es immer noch Baumnetze gibt. Hier gibt es aber zwischenzeitlich verschiedene technische Lösungen. Am häufigsten ist dabei die Variante des Setzens eines Filters, der die Durchleitung der TV-Frequenzen verhindert. Weitere technische Lösungen sind aufwendiger, bedürften auch den Wechsel der vorhandenen TV-Dosen in den Wohnungen und ermöglichen dann eine An- und Ausschaltung vom Keller aus.
Grundsätzlich empfehlen wir zu prüfen, ob nicht der Neubau der Hausverteilanlage sinnvoll ist – neue Gestattung, neue Laufzeit und möglichst direkt Glasfaser mit Leerröhrchen in jede Wohnung mitverlegen. Die teuerste Variante, aber noch sinnvoller wäre es, wenn gegebenenfalls komplett auf die Neuerrichtung der Koax-Infrastruktur verzichtet werden kann und nur Glasfaser bis in die Wohnungen gelegt wird.
MediaLABcom: Vodafone sucht nach Wegen, um das Problem des Abklemmens einzelner Haushalte in Baumstrukturen zu lösen. Gibt es aus Ihrer Sicht andere Möglichkeiten als die genannten?
Dietmar Schickel: Vodafone will interessanterweise ein Bundle-Produkt anbieten, dass TV kostenfrei beim Abonnement von Internetprodukten beinhaltet. Dies ist natürlich eine großartige Sache für den Mieter, aber was soll der Netzbetreiber machen, der bisher sein Signal vom Vorlieferanten Vodafone bezieht und nun zukünftig keine Einnahmen mehr aus der TV-Vermarktung erzielt?
Er klemmt konsequenterweise ab, wenn kein Kabel-TV-Vertrag abgeschlossen wird, was wiederum den Verbraucherschutz aktiv werden lässt. Eine sehr unschöne Situation, die erfordert, dass sich die Parteien an einen Tisch setzen und eine gemeinsame Lösung finden. Das Vodafone massiv unter Druck steht ist verständlich, trotzdem sollten die Belange der Marktpartner berücksichtigt werden.
MediaLABcom: Da Vodafone angekündigt hat, zum 1. Juli 2024 keine harte Abschaltung vorzunehmen, wird befürchtet, dass es anschließend eine Vielzahl an Schwarzsehern geben wird. Teilen Sie diese Befürchtung?
Dietmar Schickel: Absolut! Wenn für eine Leistung nicht bezahlt wird, und es spricht sich in einem Haus herum, dass keine Abklemmung erfolgt, warum soll ich dann zahlen? Auch wenn bislang eine harte Abschaltung ausgeschlossen wird, heißt das nicht, dass sie nicht doch noch kommen kann.
Ich kann mir aber vorstellen, dass der Aufwand bei Vodafone Millionenkosten verursacht und dass man hier möglicherweise über einen längeren Zeitraum noch versucht, Teilnehmer zu gewinnen, ohne abschalten zu müssen. Dies ist sicherlich legitim, aber es bedarf zu guter Letzt trotzdem einer konsequenten Entscheidung, ob man einen Teilnehmeranschluss stilllegt oder nicht.
Für Vodafone kommt erschwerend hinzu, dass sie viele Internetkunden haben und diese kein TV-Produkt abonnieren wollen. Ob die Lösung dann ein kostenfreies TV-Paket sein kann, wage ich zu bezweifeln. Auch in diesem Fall müssten die TV-Frequenzen gesperrt werden.
MediaLABcom: Welche langfristigen Folgen erwarten Sie durch das Ende der Umlagefähigkeit der Netzbetriebs- auf die Mietnebenkosten? Wie wird sich die TV-Versorgung verändern?
Dietmar Schickel: Wie bereits erwähnt, kommt es bei allen Teilnehmern, die bisher bereits Kabel-TV im Einzelinkasso bezogen haben, zu keinen Änderungen. Hier wird sich die Nachfrage nach möglichen Alternativen anders verhalten als bei potenziellen Kunden, die aus einem Sammelvertrag entlassen werden.
Unabhängig davon beschleunigt sich der Prozess, vom bisherigen DVB-C-Standard-Angebot zu möglichen IPTV-Angeboten zu wechseln. Wenn sich das gesamte Prozedere bei IPTV weiter vereinfacht, kann ich mir vorstellen, dass wir hier in den nächsten fünf bis acht Jahren eine wachsende Kundenklientel feststellen werden, wobei freizugängliches Standard-TV die höchste Attraktivität haben wird.
Anbieter wie Amazon, Netflix und Disney+ werden ihre Videotheken um Free-TV erweitern, so wie dies bereits aktuell von Sky angeboten wird. Ob paketierte Bezahldienste dann noch von Interesse sind, glaube ich nicht.
MediaLABcom: Sie sind bereits seit vielen Jahren in der Telekommunikations- und Kabelnetzbranche tätig, feierten unlängst das zehnjährige Bestehen Ihres Beratungsunternehmens DSC. Können Sie sich an ein anderes Ereignis erinnern, das mit der Tragweite des Sammelinkasso-Endes vergleichbar ist?
Dietmar Schickel: Definitiv nicht! Selbst das DigiNetz-Gesetz von November 2016 hat nicht so hohe Wellen geschlagen wie das Telekommunikationsmodernisierungsgesetz. Ich möchte aber darauf aufmerksam machen, dass dieses Gesetz zwar den Markt in Unruhe versetzt hat, aber gleichzeitig das Interesse am Glasfaserausbau hat extrem ansteigen lassen. Insofern wird mir nicht bange, dass es die nächsten Jahre langweilig werden könnte.
MediaLABcom: Vielen Dank für das Gespräch.
Fiberdays 24: Im Glasfasermarkt wird das Steuer herumgerissen
Marc Hankmann
Wenn von den Fiberdays 24 eine Botschaft ausging, dann die, dass es im Glasfaserausbau nicht so weitergehen wird wie bisher. Die Zeit kilometerlanger Glasfaserleitungen unter oder an Straßen und Gehwegen ist vorbei – jetzt wird statt „Homes passed“ auf „Homes activated“ gesetzt. Für den einen oder anderen könnte der Strategiewechsel jedoch zu spät kommen.
Währungswechsel im Glasfasermarkt
Nicht ohne Grund sprach Tobias Dürschinger, EY-Experte in den Bereichen Digital Infrastructure und Telekommunikation, auf der Veranstaltung des Bundesverbands Breitbandkommunikation (BREKO) von einem Währungswechsel. Obschon die Zahl der „Homes passed“ und „Homes activated“ steigt, war das Wachstum bei den „Homes passed“ stärker. So sank laut Dürschinger der Anteil der „Homes activated“ in den vergangenen fünf Jahren von 31 auf 26 Prozent.
Die „Homes passed“ stellen die Investitionen und das Potenzial der Glasfasernetzbetreiber dar, die „Homes activated“ die Auslastung der Netze und den Return on Invest. Das Problem: Wenn das Verhältnis beider Größen nicht stimmt, geht der Business Case nicht auf. Die sinkende Take-up-Rate ist für Dürschinger ein Zeichen für eine bevorstehende Marktkonsolidierung.
Kooperationen, Netzverkäufe, Entlassungen
Von der war im Glasfasermarkt schon einmal die Rede, als vor rund einem Jahr Glasfaser Direkt insolvent wurde und helloFiber aus dem Markt ausstieg. In der Folge sah man zwar keine weiteren Pleiten, sondern vor allem Kooperationen: BBV Deutschland und der bayerische Netzbetreiber Leonet schlossen sich ebenso zusammen wie Stiegeler und brain4kom. Westconnect verstärkte die Kooperation mit NetCologne.
Aber: In jüngster Zeit werden auch Netze verkauft, Personal wird reduziert. Die GVG Glasfaser entlässt fast ein Viertel der Belegschaft. Die Deutsche Giga Access trennt sich von sechs Glasfasernetzen, die von Westconnect übernommen werden. VX Fiber streicht in Wolfenbüttel die Segel und verkauft das Glasfasernetz an die Northern Fiber Holding, die es weiter ausbauen will.
„Sehen überhaupt kein Wachstum“
„Wir sehen überhaupt kein Wachstum“, sagte Henrik Bremer, geschäftsführender Gesellschafter der Anwaltskanzlei Wirtschaftsrat Recht, auf den Fiberdays in Wiesbaden. Er sprach von einem Moment der Wahrheit, denn viele Netzbetreiber verkünden zwar, dass sie zwar weiter ausbauen, aber nur auf dem Niveau der Vorjahre. Der Fokus wird auf „Homes activated“ gelegt. Doch die Kundenakquise hat in den vergangenen Jahren alles andere als gut funktioniert. Es tue sich laut Bremer ein Anschlussdilemma auf.
Die erfolgreiche Koordinierung der unterschiedlichen Gewerke, die am Hausstich beteiligt sind, entpuppt sich als Flaschenhals in der Kundenaktivierung – ganz zu schweigen davon, dass die Gewerke mit unterschiedlicher Qualität arbeiten. So kommt es, dass Kunden teils jahrelang auf ihren Glasfaseranschluss warten müssen oder vom Vorvertrag entnervt zurücktreten.
„Kein guter Indikator“
„Die Netzbetreiber kommen in den Wettbewerb und verlieren ihre Monopolrendite“, nannte Cordelius Ilgmann aus dem Thüringer Ministerium für Wirtschaft, Wissenschaft und Digitale Gesellschaft einen weiteren Grund, warum es mit dem bisherigen Wachstum nicht weitergehen wird. Die Netzbetreiber starteten in ländlichen Regionen und haben dort regionale Monopole aufgebaut, die es in suburbanen, wettbewerbsintensiven Gebieten nicht gibt. „Die ‚Homes passed‘ waren kein guter Indikator für die Geschäftsbetrachtung“, resümiert Ilgmann.
Der Politiker war einer von vier Teilnehmern des Investorenpanels auf den Fiberdays, von denen nur zwei echte Geldgeber waren. „Die großen Investoren sitzen hier nicht“, stellte dann auch Uwe Nickl fest, „die überlegen, wie sich der Markt entwickelt.“ Der Ex-Deutsche-Glasfaser-Chef gehört heute dem Aufsichtsrat der Ecotel an und ist als Investor unterwegs.
Steigende Zinsen und Kapitalkosten
Der Strategiewechsel von „Homes passed“ zu „Homes activated“ ist allerdings nicht einfach. „Nachanschlüsse sind teuer und es dauert lange, bis aus ‚Homes passed‘ ‚Homes activated‘ werden“, sagte Nickl in Wiesbaden. Ob dafür die finanziellen Mittel der Glasfasernetzbetreiber ausreichen, sei einmal dahingestellt. Die gestiegenen Zinsen sorgen für einen Anstieg der Eigenkapitalkosten, weswegen Investoren inzwischen kritischer auf den deutschen Glasfasermarkt schauen.
Deswegen ist es aus Bremers Sicht unerlässlich, dass die Telekommunikationsunternehmen im Glasfaserausbau ihre Kosten genau überprüfen. „Viele Unternehmen haben kein gutes Vertrags-Controlling“, sagte Bremer auf den Fiberdays. Verträge müsste schneller an die jeweiligen Bedarfe angepasst werden.
Regulierung durch BNetzA droht
Eine mangelnde Exaktheit bei der Berechnung der Netzkosten attestierte auch Dirk Fieml den Glasfasernetzbetreibern. Das könne nach Ansicht des Geschäftsführers der tktVivax zum Problem werden, wenn die Netzbetreiber einen diskriminierungsfreien Open Access anbieten wollen. „Man kann dem eigenen Vertrieb keine anderen Entgelte berechnen als dem Open-Access-Partner“, sagte Fieml.
Er forderte den BREKO auf, seinen Mitgliedern einheitliche Kriterien an die Hand zu geben, mit denen sie Netzentgelte für Diensteanbieter diskriminierungsfrei erheben können. Ansonsten drohe eine Regulierung durch die Bundesnetzagentur (BNetzA).In einem Fall hat sie bereits Netzentgelte auf Basis von Bandbreiten festgelegt..
Eine Staffelung von Netzentgelten nach Bandbreiten kann jedoch dazu führen, dass der Netzbetreiber trotz einer hohen Auslastung auf seinen Kosten sitzenbleibt – nämlich dann, wenn der Open-Access-Partner zum Beispiel nur Tarife mit geringen Bandbreiten anbietet. Dann erhält der Netzbetreiber auch nur ein geringes Entgelt. Die Kosten für den Hausanschluss bleiben aber gleich.
Weniger Bauaktivitäten
Noch gibt es keine regulierten Netzentgelte, aber allein dieses Thema zeigt, welche Herausforderungen auf den Glasfasermarkt zukommen. „Die Netzebene 4 ist der Zugang zu ‚Homes activated‘ und das ist die Zukunft im Glasfaserausbau“, sagte Nickl auf den Fiberdays. Wenn sich die Netzbetreiber aber auf die Nachverdichtung konzentrieren, werden sie nicht umhinkommen, die eine oder andere Kommune auf einen späteren Baustart vertrösten zu müssen.
Nehmen allerdings die Bauaktivitäten ab, dürften die Kosten für die Planung und den Bau von Glasfasernetzen sinken – ein kleiner Streif am Horizont. Dominic Hereth, Head of Energy & Infrastructure bei der Triodos Bank, zeigte sich auf den Fiberdays angesichts des Strategiewechsels und der Herausforderungen im Glasfasermarkt nicht besorgt. „Aber das wird in den nächsten Jahren noch spannend“, sagte Hereth. Bleibt die Frage, wer die Spannung aushalten kann.
Welche Wege führen ins Haus: Ausbaustrategien im Glasfasermarkt
Marc Hankmann
Glasfaser ist nicht gleich Glasfaser. Das belegt eine Studie von WIK Consult. Das Unternehmen führte im Sommer 2023 eine Onlinebefragung zu den Ausbaustrategien im Glasfasermarkt durch. Den goldenen Weg für den Bau eines Glasfasernetzes scheint es demnach nicht zu geben. Und auch sonst zeigt sich WIK von den Ergebnissen überrascht.
Die 49 Netzbetreiber, die an der Befragung teilnahmen, decken 65 Prozent der in Deutschland durch die Wettbewerber der Deutschen Telekom erreichbaren FTTB/H-Haushalte ab. Dazu gehören zum Beispiel die Deutsche Glasfaser, die Deutsche GigaNetz, Glasfaser Nordwest, Unsere Grüne Glasfaser, EWE Tel, htp, NetCologne, M-net oder wilhelm.tel. Sie stehen für Investitionen in Höhe von fünf Milliarden Euro in den Glasfaserausbau. Etwas mehr als die Hälfte der Teilnehmer besteht aus Stadtwerken bzw. deren Telekommunikationstöchter.
Point-to-Point bevorzugt
Das erste unerwartete Ergebnis: 42 Prozent der befragten Unternehmen errichten FTTB/H-Netze ausschließlich in Point-to-Point-Bauweise (PtP). Das erscheint den Studienautoren unerwartet hoch. „Dies gilt insbesondere für den Ausbau von FTTH PtP“, schreiben sie. Dagegen setzen nur 39 Prozent ausschließlich auf Point-to-Multipoint (PtMP) und 18 Prozent nutzen beide Bauweisen.
Ebenfalls überraschend: Die PtMP-Bauweise ist bei FTTB-Netzen mit 41 Prozent genauso stark vertreten wie PtP. Nur 18 Prozent der befragten Telekommunikationsunternehmen setzen für FTTB-Netze beide Bauweisen ein. PtMP ist mit 70 Prozent zudem bei Wholesale-only-Anbietern besonders beliebt.
Von Ethernet bis XG.fast
Der überwiegende Teil der Glasfasernetzbetreiber nutzt für PtP Ethernet. Bei FTTH-Netzen liegt der Anteil bei 71, bei FTTB-Netzen bei 73 Prozent. Nur 9 Prozent nutzen bei FTTB PtP Technologien wie GPON, XG.PON und XGS.PON, 24 Prozent setzen bei FTTH PtP auf GPON. Bei der PtMP-Bauweise nutzen die befragten Netzbetreiber am häufigsten GPON (92 Prozent bei FTTB und 75 Prozent bei FTTH). Obwohl leistungsstärker, werden XGS.PON und XG.PON deutlich weniger genutzt.
Im Rahmen der Inhouse-Verkabelung kommen bei FTTB-Netzen Technologien wie VDSL2 oder G.fast zum Einsatz. In FTTB-PtP-Netzen dominiert VDSL2. Bei FTTB-PtMP-Netze ist es hingegen G.fast. XG.fast wurde in der Befragung kein einziges Mal genannt.
Zukunftssicher vs. kostengünstig
So teilt WIK Consult die Teilnehmer in zwei Gruppen auf: Die einen setzen auf die zukunftssichere und technologieneutrale PtP-Bauweise, was zwar höhere Investitionen verlangt, dafür aber ausreichend Kapazitäten für die steigende Nachfragen nach hohen Bandbreiten bietet. Die andere Gruppe nutzt die PtMP-Bauweise in Kombination mit GPON. Diese ist zwar kostengünstiger als PtP, wird aber auf absehbare Zeit Nachrüstungen erforderlich machen, um dem steigenden Bandbreitenbedarf gerecht zu werden.
Ein weiteres Ergebnis, das überrascht: Über ein Fünftel der befragten Unternehmen (82 Prozent) verfolgen prinzipiell eine FTTH-Ausbaustrategie. Sie bauen nur dort FTTB-Netze, wo Genehmigungen der Immobilienbesitzer fehlen. Nur 18 Prozent verfolgen von vornherein eine FTTB-Ausbaustrategie. Als Gründe dafür nannten sie zum Beispiel Besonderheiten der Gebäudebeschaffung, die Höhe der Erschließungskosten oder die Vertragssituation mit der Wohnungswirtschaft.
Niedrige Nutzung der Vorvermarktung
Die dritte Überraschung: Die Vorvermarktung wird weniger genutzt als erwartet. 44 Prozent verzichten ganz auf sie, obwohl gerade Markteinsteiger, die Umsätze ausschließlich über ihre Glasfasernetze generieren, eine hohes kommerzielles Risiko eingehen und stark von Investoren abhängig sind. Nur ein Drittel nutzt die Vorvermarktung für jedes Ausbauprojekt. 23 Prozent entscheiden von Fall zu Fall.
Es ist annehmbar, dass dieses Ergebnis dem hohen Anteil der teilnehmenden Stadtwerke und deren TK-Töchter geschuldet ist, von denen 36 Prozent nie die Vorvermarktung nutzen. Aber ebenso hoch ist unter den Stadtwerken der Anteil derer, die sie in jedem Ausbaugebiet einsetzen. Die Autoren vermuten, dass Stadtwerke wegen des starken Wettbewerbs auf die Vorvermarktung verzichten und/oder sie aufgrund ihrer Markterfahrung oder anhand von KI-Tools Erschließungsquoten präzise voraussagen können.
Kostenübernahme für den Hausanschluss
Typisch ist die Kostenübernahme für den Hausstich und die Gebäudeeinführung der Glasfaser im Rahmen der Vorvermarktung. Für mehr als die Hälfte (58 Prozent) ist der Vertragsabschluss über ein Breitbandprodukt Voraussetzung für die Kostenübernahme. Bei Einfamilienhäusern ist ein Drittel (34 Prozent) der ausbauenden TK-Unternehmen bereit, die Kosten auch dann zu übernehmen, wenn die Vorvermarktung schon beendet ist, aber „die Bagger noch rollen“. Allerdings übernehmen zwei Drittel der Unternehmen die Kosten nur bis zu einem Höchstbetrag und/oder einer maximalen Länge der zu verlegenden Glasfaser.
Bei Mehrfamilienhäusern rückt der Zeitpunkt des Vertragsabschlusses für eine Kostenübernahme in den Fokus. Bei einem Viertel (26 Prozent) muss der Vertrag während der Vorvermarktung abgeschlossen werden. Nur 18 Prozent sind bereit, auch dann noch die Kosten zu übernehmen, wenn „die Bagger noch rollen“. Voraussetzung ist für die meisten Unternehmen (60 Prozent) jedoch, dass mindestens eine Wohneinheit einen Vertrag über ein Breitbandprodukt abschließt.
Ausbau und Kosten in Mehrfamilienhäusern
Etwas mehr als die Hälfte der befragten TK-Unternehmen (53 Prozent) baut die Inhouse-Infrastruktur grundsätzlich für alle Wohneinheiten aus. Nur 18 Prozent schließen ausschließlich die Wohneinheiten an, für die Verträge über ein Breitbandprodukt vorliegen.
Eher heterogen fallen die Antworten zur Kostenübernahme aus. Etwas mehr als ein Drittel (37 Prozent) übernimmt die Kosten in voller Höhe. Dagegen verweisen 23 Prozent darauf, dass der Immobilienbesitzer die Kosten tragen muss. Zwei von fünf befragten Unternehmen machen das zum Beispiel von Verhandlungen mit der Wohnungswirtschaft oder der Wirtschaftlichkeit des Ausbaus abhängig.
So heterogen die Unternehmen sind, die auf dem Glasfasermarkt agieren, so heterogen fallen deren Ausbaustrategien aus. So konnte WIK Consult bei vielen Aspekten keinen Zusammenhang zur Unternehmensgröße feststellen. Sicherlich führen verschiedene Wege ins Haus. Ab da beginnt für die Glasfaser ausbauenden Unternehmen die nächste Herausforderung: Wie werden aus den Bewohnern zahlende Kunden?
„New New Media“: von Connectivity zu Content?
Ekkehart Gerlach
Viele Jahre lang hat Internetexperten, Politiker und Journalisten ab den frühen neunziger Jahren, zunächst unter der Überschrift „Neue Medien“, vor allem eines beschäftigt: Wo, wann und wie das Internet als neue gesellschaftliche Infrastruktur verfügbar wäre. Von Kupfer über Koax und Satellit zu Glasfaser wogten die Diskussionen hin und her, um nur einige wenige Stichworte zu nennen.
Selbst wenn auch heute noch die Verfechter von breitestbandiger Connectivity an jeder Milchkanne, egal ob Glasfaser oder 5G, den kühlen Business-Case-Logikern gegenüberstehen – das Thema „Connectivity überall“ scheint weitgehend ausdiskutiert und gibt damit Raum für eine verstärkte Befassung mit Content. Und dies ist auch dringend notwendig.
Von Multimedia zu Social Media: Evolution oder Disruption?
1995 war nach „Neue Medien“ der Begriff „Multimedia“ das Wort des Jahres. Das hörte sich eher nach Designvielfalt, nach neuen Berufsbildern oder grenzenlosen Onlinemöglichkeiten rund um den „Long Tail“ an, meinte aber praktisch alles rund um das Internet. 1999 näherte sich der Hype ums Internet seinem ersten Höhe- und nachfolgendem Tiefpunkt, der einige Spreu vom Weizen schied:
Deutschland hechelt hinterher
Trotz dieser Polarisierung war aber bereits damals überdeutlich: Deutschland hechelt in Sachen Internet hinterher, ist wenig zukunfts- und umsetzungsorientiert, was neue Geschäftsmöglichkeiten anbetrifft, und die mangelnde Kundigkeit und Ausgewogenheit zieht sich durch die gesamte Gesellschaft, von Kindergärten bis zu CxOs. O-Töne aus den 1990er-Jahren:
„New New Media“: Kommen die wirklichen Umbrüche erst noch?
Klar war auch, dass die Vernetzung von potenziell Jedem und Allem so Einiges an Veränderungen auf der Medienseite bewirken würde. Aber vielleicht war das alles bisher nur ein laues Lüftchen und der Sturm kommt erst noch. Müssen wir von „New“ New Media sprechen? Greifen wir einmal einige wesentliche Bereiche heraus.
Information: auf dem Weg zur Online = Headline-Gesellschaft?
Die Frage, wie lange es noch Print als Informationsmedium gäbe, wurde lange Zeit von den Zeitungs-, Zeitschriften- und Buchverlegern als provokativ empfunden, vor allem wenn sie mit Vergleichen belegt wurde, dass auch Tontäfelchen mit der Keilschrift der Sumerer und Hieroglyphen auf Papyrus irgendwann eine publizistische Sackgasse waren.
Immerhin wurde bei einer Veranstaltung Mitte des vorletzten Jahrzehnts akzeptiert, dass man wohl mit Rückgängen im Printumsatz rechnen müsse, allerdings in keinem Fall bis auf Null oder nahe Null. Andere betonen vor allem die Bedeutung von Spezialsegmenten für Print oder steigen auf Wochenformate statt Tagesformate um.
„Popcorn Brain“
Aber: Immer mehr Ex-Printleser rangieren Bücher und anderes Schriftliche zugunsten von noch mehr Screens aus ihrer Wohnung aus. Immer weniger lesen Tageszeitungen und verweigern schlichtweg, geschäftlich wie privat, den Erwerb oder die Nutzung von Printprodukten. Information kommt jeden Tag online in hunderten von Headlines, Sublines und sonstigen Text- und Bildfragmenten – für Erwachsene genauso wie für Kinder. Und sie kommen von deutschen Plattformen genauso wie von US-amerikanischen, russischen und chinesischen und werden massenhaft konsumiert. Ein Ende ist nicht absehbar.
P.S.: Ist diese Informationsüberflutung hochwertige Information? Manche Experten bejahen das, andere zweifeln und weisen darauf hin, dass sich Sinngehalt und Kontext vielfach erst durch längere Texte erschließe – die Forschung ist unter der Überschrift „Popcorn Brain“ dran.
Entertainment: Alles On-Demand, alles Streaming?
Immer wieder haben bei den multi-disziplinären Roundtables des Ex-Bertelsmann-Stiftungsprojekts „deutsche ict + medienakademie“ Experten versucht zu vergleichen, ob denn nun One-to-many-Rundfunk klassischer Prägung (zum Beispiel per Satellit oder Kabel) oder One-to-one (per Internet) der bessere Weg der Verteilung von Bewegtbild sei.
O-Ton eines Geschäftsführers aus der Medienindustrie: Streaming über das Netz ist doch (fast) kostenfrei, daher sei die Antwort ja klar. Anmerkung des Vertreters eines Carriers: Wir brauchen mehr Geld von den Inhalteanbietern, um diese teure Infrastruktur zu betreiben und auszubauen, vor allem, wenn der hohe Anteil von Bewegtbild im Netz – je nach Quelle zwischen 60 und 80 Prozent – noch weiter steige.
Widersprechende Zahlen
Die Euphoriker sehen den Trend eindeutig in Richtung „alles über das Netz“ und alles „on-demand“, selbst wenn die GfK-Zahlen zum traditionellen TV-Konsum noch immer sehr hoch sind und die gehypten Click- und Follower-Zahlen der On-Demand-Medien durchaus kontrovers diskutiert werden können.
P.S.: Unter Strich, so der eine oder andere Experte, sei konventionelles Fernsehen etwas für die Alten und Streaming für die Jungen, so einfach sei das – kein Wunder also, dass Überschriften wie „Sky streicht drei lineare Filmsender“ die Schar derjenigen, die noch immer das hohe Lied klassischen Fernsehens singen, weiter reduzieren.
Retourenquote und Geldwäsche als Druckpunkte?
Ob E-Commerce oder Banking, die Sachlage scheint eindeutig. Die Zahl der Geschäfte in unseren Innenstädten sinkt genauso ununterbrochen wie die Zahl der Bankfilialen und Geldautomaten, letztere natürlich auch aus ganz anderen Gründen und die Zahl älterer Herrschaften, die verzweifelt versuchen, am Parkautomaten mit dem Smartphone zu bezahlen, nimmt ebenso zu. Deutschland gilt als Nachzügler bei der Fast-Abschaffung des Bargelds.
P.S.: Laut einem aktuellen Branchen-Newsletter hat aber die Zahl der stationären Einzelhandelsgeschäfte in den USA 2023 einen neuen Höchststand erreicht, weil viele Onlinehändler entdeckt hätten, dass stationär die Marge deutlich höher sei als Online, unter anderem auch wegen der hohen (25 bis 50 Prozent) Retourenquote. Ein Hoffnungsschimmer für Innenstädte?
Kommunikation: Wird der Homo Connectus zum Homo Staccato?
Kommunikation am Stehtisch vor dem Kaffee-Automaten im Büro versus Kommunikation des Homo Staccato auf Social-Media-Plattformen in kurzen, abgehackten Sätzen, Wörtern und Bildern – ist das vergleichbar?
Untersuchungen fanden heraus, dass viele Abgänger von Deutschlands Schulen und Hochschulen lange und dazu womöglich auch noch komplexe Satzgebilde immer weniger lesen, geschweige verstehen können. Die Gefahr bestünde, dass die mit Buchstaben, Wörtern und Sätzen verbundenen Anforderungen an die Abstraktionsfähigkeiten abhandenkommen. Kurze oder sogar Einwortsätze sind daher beliebt („Wir sind Papst“ oder „Bo-eh“).
Nichts geht mehr ohne Bilder
Die Krönung stellt das Bild dar, ob Emoticon oder Hochglanz: Ohne Bilder geht fast gar nichts mehr, selbst in Sterbeanzeigen in den Zeitungen gibt es diesbezügliche Tendenzen. „Ein Bild sagt mehr als tausend Worte“ wurde kürzlich angesichts der explodierenden Zahl von Bild- und jetzt auch Video-Fakes schon etwas satirisch umgewandelt in „Ein Wort sagt mehr als tausend Bilder“.
„Haben wir Bilder?“ war schon vor längerer Zeit die routinemäßige Frage des TV-Chefredakteurs an sein Team bei der Auswahl der Nachrichtenthemen. Und: „Business-Presentations“ gelten schnell als textlastig verstaubt, wenn sie nicht viele (vor allem auch nichtssagende) Bilder beinhalten.
Rückwärtsabwicklung der Sprache
Stehen wir also bei der „Kommunikation der Zukunft“ vor einer Rückwärtsabwicklung der Sprachentwicklung der Menschheit? Bei den ersten Schriften der Menschheit, bei den bereits zitierten Sumerern und Ägyptern, entstanden aus Bildern die ersten Wörter und aus einzelnen Wörtern die ersten geschriebenen Sätze. Gehen wir jetzt von dicken Büchern und langen gewundenen Sätzen über die heutige Staccato-Kommunikation zurück zur Bildkommunikation, so wie sie bereits die Menschen in den Höhlen von Lascaux vor 20.000 Jahren ausübten?
Ein Indiz: Nach einer kürzlichen Studie ist auf dem Smartphone inzwischen die Haupttätigkeit „Bilder ansehen und kommunizieren“. Das Ganze wird dann auch nett kaschiert vom Begriff der „Social Media“, deren polarisierende Entwicklung viele Experten zurzeit eher kritisch sehen oder sogar als „Katastrophe“ bezeichnen.
Die großen Plattformen hinter uns lassen
Ausgang offen – einerseits wird weiterhin vehement auf die Anonymität der Sozialen Medien gesetzt, andererseits schrieb kürzlich die renommierte MIT Technology Review: „Wenn wir wollen, dass der Online-Diskurs zivilisierter wird, müssen wir die großen Plattformen hinter uns lassen.“
P.S.: Könnte es also sein, dass die Frage nach den Auswirkungen reduzierter Kommunikation auf unsere Abstraktionsfähigkeiten, auf kommunikative Missverständnisse und sonstige kommunikative Disruption nicht länger nur Satire ist?
Die Mediengesellschaft der Zukunft sieht anders aus als gedacht und…
Wie auch immer, die Mediengesellschaft der Zukunft sieht wohl anders aus als es die zeitungs- und buchlesenden Generationen der Vergangenheit vor Augen gehabt haben. Vielleicht lässt sich „New New Media“ einkreisen mit Fragen wie:
…riecht eher nach medialer Disruption als Evolution
Was wird also aus den „Neuen Medien“? Die hochfrequente Online-Informations-, -Entertainment-, -Transaktions- und -Kommunikationsgesellschaft mit ihrer Staccato-Überflutung der Medienkanäle zwingt zur Reduzierung medialer Komplexität. Das ist eigentlich ein Klassiker, weil die dominierende Reaktion auf mehr Komplexität seit langer Zeit „Komplexität reduzieren“ heißt – man müsse nur Tools finden wie zum Beispiel Künstliche Intelligenz, die dieses für den Nutzer tun.
Typischerweise wurde von Komplexitätsexperten in einem unserer Roundtables vor einiger Zeit darauf hingewiesen, dass ein Smartphone doch gar nicht komplexer wäre als ein Drehscheibentelefon – es gäbe doch das iPhone oder andere vergleichbare Mobilgeräte. Und dass beim TV-Gerät statt eines simplen Knopfdrucks zum Kanalwechsel eine Suchmaschine zur Sendersuche eingesetzt werde, sei doch eher hilfreich. Ein bekannter TV-Moderator fand es gar toll, das junge Menschen sich inzwischen jeden Tag hunderte von Headlines „reinziehen“.
Mehrwert der digitalen Transformation
Die „digitale Transformation“ in den Neue-Medien-Bereichen ist offensichtlich im vollen Gang, aber die Frage der Mehrwertigkeit ist noch längst nicht überall beantwortet. Ein Grund sind die technologischen Charakteristika der Neuen Medien, die völlig anders sind als bei klassischen Medien, von 1:1-Transformation kann keine Rede sein.
Eher klar wird im Moment – Beispiel Kommunikation und insbesondere Social Media –, dass diese Mechanik die Medienwelt, Märkte, Business Cases und sogar mentale Fähigkeiten der Medienrezipienten verändern könnte. Und das war dann dem einen oder anderen Futuristen bisher wohl doch nicht ganz so klar.
Tacheles statt Tratsch
Es bleibt dennoch die Herausforderung, ob und wie bei der stark zunehmenden Zahl komplexer Themen rund um das Internet – wie Augmented und Virtual Reality, Automatisierung, autonomes Fahren, Big Data, Blockchain, Bots, Breitband, Cloud, Digital Identity, Digital Twins, Edge, E-Health, Industrie 4.0, KI, Metaverse, 5G/6G, Robotics, Security, Smart Energy, Smart Home, UCC oder WiFi, um nur einen Bruchteil diesbezüglicher Buzzwords zu nennen – eine einigermaßen sachgerechte und dazu ausgewogene Berichterstattung und Wissensvermittlung überhaupt noch möglich ist.
Angesagt wäre ein Hinter-die-Kulissen schauen statt hochglanzpolierter „sales speeches“, ein Austausch von Pro und Contra statt personalisierter Tunnelblicke und Diskussion statt Ex-Cathedra-Monologe – letztlich Tacheles statt Tratsch.
Ekkehart Gerlach hat – nach jeweils rund zehn Jahren in Führungspositionen in der IT-, der Medien- und der Telekommunikationsindustrie – die deutsche ict + medienakademie entwickelt, zunächst als Projekt der Bertelsmann Stiftung und des Landes NRW. Zielsetzung war es, Führungskräfte mit besserer, sprich: ausgewogenerer und hintergründigerer Information zu komplexen Tech-Themen rund um das Internet als gemeinhin üblich zu unterstützen. Das Projekt, in den letzten sechs Jahren unter den Fittichen des eco-Verbands, des größten europäischen Internet-Verbands, soll 2024 in Kooperation mit einem großen Tech-Player in neuer Form weitergeführt werden.
Die EU-Kommission will die nationalen Frequenzpolitiken unter ihre Kontrolle bringen – das ist keine gute Idee
Dr. Jochen Zenthöfer
Was für ein Paukenschlag! Wenige Wochen vor der Europawahl hat die Europäische Kommission ein neues White Paper unter dem Titel „How to master Europe’s digital infrastructure needs?” veröffentlicht. Darin ist unter anderem geplant, die bisher vor allem national stattfindenden Frequenzpolitiken vollständig unter die Kuratel der EU zu stellen.
Bislang ist die CEPT wichtig
Bislang sind Frequenzpolitik, Frequenzvergaben und Frequenzplanungen originäre Zuständigkeit der Mitgliedstaaten. Davon gibt es eine Ausnahme: Geht es um grenzübergreifende Themen, sind in Europa die CEPT (Conférence Européenne des Administrations des Postes et des Télécommunications) sowie international die ITU (International Telecommunication Union) zuständig.
Alle vier Jahre veranstaltet die ITU sogenannte Weltfunkkonferenzen, zuletzt im November und Dezember 2023 in Dubai. Hier verhandeln knapp 200 Staaten über die Zuweisung von Frequenzen, die nicht an Ländergrenzen Halt machen. Dies soll störungsfreie nationale Nutzungsregeln ermöglichen. Das klappt hervorragend, selbst in Kriegszeiten.
Auf diesen Weltfunkkonferenzen sind alle Staaten individuell vertreten. Die EU beobachtet nur. Zwar hatten sich die EU-Länder im Vorfeld auf gemeinsame Linien geeinigt, doch bleibt Staaten die Möglichkeit, eigene Deals zu vereinbaren. Zuletzt gelang dies etwa Spanien und Italien, die ihr TV-UHF-Band vor jeglichen Belastungen durch den kommerziellen Mobilfunk beschützen wollten.
So etwas stört die EU. Deshalb schlägt Brüssel nun zurück. Sollten die Pläne des Weißbuchs zur Realität werden, hätten die nationale Parlamente bei Frequenzfragen nicht mehr viel mitzureden. Auch Behörden wie die Bundesnetzagentur würden an Bedeutung verlieren.
EU argumentiert mit Binnenmarkt
Im Weißbuch der EU-Kommission heißt es auf Seite 13: „Die Frequenzpolitik ist ein Bereich, für den die EU und die Mitgliedstaaten gemeinsam zuständig sind. Die EU erlässt Vorschriften, insbesondere für die EU-weite Zuweisung von Frequenzbändern unter harmonisierten technischen Bedingungen.
Die Maßnahmen der Mitgliedstaaten konzentrieren sich auf die Umsetzung der Frequenzgenehmigung, -verwaltung und -nutzung. Die Art und Weise, wie die Frequenzen in einem Mitgliedstaat verwaltet und genutzt werden, wirkt sich jedoch auf den gesamten Binnenmarkt aus, z. B. durch unterschiedliche Startzeiten bei der Entwicklung neuer Drahtlostechnologien oder neuer Dienste oder durch schädliche grenzüberschreitende Interferenzen, was sich wiederum auf die Wettbewerbsfähigkeit, die Widerstandsfähigkeit und die technologische Führung der EU auswirken kann.
Daher müssen die Frequenzen unbedingt in allen Mitgliedstaaten koordinierter verwaltet werden, um ihren sozialen und wirtschaftlichen Wert zu maximieren und die terrestrische und satellitengestützte Konnektivität in der gesamten EU zu verbessern.“
Bedürfnisse der Mobilfunkindustrie
In vielen Bereichen, etwa Normungen oder Verbraucherrechte, sind einheitliche europäische Regeln zu begrüßen. Niemand sollte die wertvollen Errungenschaften des Binnenmarktes aufgeben wollen – wir sehen anhand von Großbritannien, wohin so etwas führt. Gleichzeitig vermag das Weißbuch der EU-Kommission nicht zu überzeugen. Es erscheint nicht abwägend und fair. Es ist getränkt von den Bedürfnissen der Mobilfunkindustrie.
Das sieht man etwa daran, dass von einer „geringen Rentabilität“ die Rede ist, während der Begriff „culture“ kein einziges Mal vorkommt. Das Weißbuch zitiert sogar Betreiber des Mobilfunks. Es macht sich deren Argumente zu eigen; etwa, wenn es auf Seite 14 heißt, „dass es keine anderen Hindernisse für die grenzüberschreitende Bereitstellung von Netzen und Diensten gibt als die negativen Nettoeffizienzen und Synergien, die auf die fragmentierten rechtlichen Bedingungen zurückzuführen sind.“
Sodann heißt es: „Solange jedoch die Vorteile der grenzüberschreitenden Konsolidierung durch das Fortbestehen nationaler Regulierungsrahmen und das Fehlen eines echten Binnenmarktes begrenzt sind, kann sie als solche die oben genannten Nachteile nicht überwinden.“
Interessen der Mikrofonnutzer
Damit wird der Binnenmarkt im Weißbuch vor allem auf die Bedürfnisse des kommerziellen Mobilfunks definiert. Dass es auch einen Binnenmarkt für „Programme making and special events“ (PMSE), also Funkmikrofone, In-Ear-Systeme usw. geben muss, bleibt ausgeblendet. Dabei ist Frequenzpolitik immer ein Abwägen zwischen verschiedenen Stakeholdern, ihren Interessen und Herausforderungen. Eine solche Abwägung wird im Papier nicht ernsthaft angedeutet und daher besteht die Sorge, dass sich die EU diese Kompetenzen nur deshalb einverleiben will, damit der Mobilfunk gestärkt wird.
Nichtsdestoweniger wären die Pläne der EU keine kleine Änderung; sie würden einen Systemwechsel bedeuten und die CEPT dauerhaft schwächen. Das würde der EU wohl gut ins Konzept passen. In der CEPT befinden sich, neben den 27 EU-Staaten, auch weitere Länder, die man wohl benachteiligen (Russland) oder für den Brexit bestrafen (UK) will. Wenn künftig alles auf EU-Ebene entschieden werden sollte, könnten Nicht-EU-Länder keine sinnvollen Mehrheitsallianzen mehr schließen. Faktisch würde Brüssel bestimmen, wo es langgeht, von Dublin bis Moskau.
Einheitlichkeit statt Flexibilität
Nun mag man einwenden: In den USA gibt es genau dies. Dort entscheidet die unabhängige Federal Communications Commission (FCC), was gilt. In Europa gibt es dafür unzählige Behörden. Hersteller und grenzüberschreitende Nutzer von PMSE würden eine einheitliche europäische Regelung wohl begrüßen.
Doch zugleich könnten diese Gruppen der große Verlierer werden. Denn das Weißbuch scheint von Lobbyisten der Telekommunikationsindustrie geschrieben, die all ihre hausgemachten Probleme auf das Vorhandensein nationaler Regulierungsvorhaben schieben.
Wenn nun nach mehr Binnenmarkt gerufen wird, ist zugleich an die letzte Weltfunkkonferenz zu erinnern, als die Telekommunikationsunternehmen noch das Mantra der „Flexibilität“ hochhielten, um in einzelnen Staaten wie Finnland in das TV-UHF-Band zwischen 470 und 694 (oder 698) MHz zu gelangen. Dieser Weg war ihnen nämlich grundsätzlich verschlossen, weil sich Europa auf die Seite des Gemeinwohls (Medien und Kultur) und gegen den Kommerz stellte. Nun wird deutlich, dass jene, die noch im Dezember das Hohelied der „Flexibilität“ sangen, parallel auf die EU-Kommission eingewirkt haben, um dort gegen Flexibilität und für Einheitlichkeit zu werben. Quelle honte!
Vorbild USA?
Und was die FCC angeht: Dort wird die Bedeutung von PMSE treffend anerkannt. FCC-Chairwoman Jessica Rosenworcel sagte im Februar 2024: „Wenn Sie nicht gerade in der Video- und Audioproduktion tätig sind, haben Sie wahrscheinlich noch nicht viel über drahtlose Mikrofone nachgedacht. Aber sie sind überall. Beginnen wir mit dem Superbowl am vergangenen Wochenende.
Für die Kommentare auf und neben dem Spielfeld wurden drahtlose Mikrofone benötigt, ebenso wie für die Halbzeitshow. Man findet sie in großen Broadway-Produktionen und in kleinen Theatern. Sie sind überall auf Filmsets zu finden.
Und sie werden häufig in Gotteshäusern, Stadien und Schulen eingesetzt. Diese allgegenwärtigen Geräte arbeiten in einer Mischung aus lizenzierten und nicht lizenzierten Frequenzbändern wie dem 600-MHz- und 900-MHz-Band sowie dem 1,4-GHz- und 7-GHz-Band. Diese Frequenzen werden mit einer Reihe anderer drahtloser Dienste geteilt, darunter Rundfunk, Luftfahrt, WiFi und andere nicht lizenzierte Technologien. Es ist eine große Aufgabe, dafür zu sorgen, dass alle diese Dienste gleichzeitig und ohne Interferenzen funktionieren können.“
Ein solches Statement hat man von der EU-Kommissionsvorsitzenden bislang nicht gehört, eine solche Klarheit fehlt auch im Weißbuch.
Kalte Enteignung von Länderkompetenzen
Bei aller Sympathie für die EU und auch gewisse Harmonisierungen – etwa bei Satelliten – muss die Grenze dort gezogen werden, wo nationale Mediengesetzgebungen bedroht sind. Immerhin wird die Rundfunkausnahme weiter im Prozess des Binnenmarktes bestehen. In Deutschland haben auch die 16 Länder ein Wörtchen mitzureden. Die Pläne der EU würden auf eine kalte Enteignung von Länderkompetenzen hinauslaufen.
Noch schwieriger würde die Abstimmung zwischen den Ebenen und das Finden von Kompromissen. Das Subsidiaritätsprinzip würde mit Füßen getreten. Die Probleme des Mobilfunks löst man nicht mit neuer Gesetzgebung, sondern mit nachhaltigen und besseren Geschäftsmodellen.
Eine EU-weite Frequenzregelung, die auch die konkreten Nutzungen bestimmt, würde für Künstler und Veranstaltungsproduktionen bedeuten, dass man sich an eine Superbehörde in Brüssel (oder wo auch immer) wenden müsste. Bisher sind die nationalen Behörden erste Ansprechpartner. Unverkennbar sind die Vorteile: Ein Pole kann seine polnische Behörde in polnischer Sprache kontaktieren; ein Portugiese kann dies in Portugiesisch tun.
Zudem wissen die Behörden genauestens Bescheid über die Situation in ihren Regionen – im großen Deutschland hat die Bundesnetzagentur dafür sogar Außenstellen in der Fläche. Soll dieser bürgernahe Service beendet werden? Droht das Ende von sinnvollen nationalen Regelungen?
PMSE-Nutzer brauchen mehr Lobbymacht
So schnell wird sich indes nichts ändern. Erst einmal wählt Europa Anfang Juni 2024 ein neues Parlament. Daraus entsteht eine neue Kommission. Ob und wie diese Kommission die jüngsten Vorschläge weiter verfolgt, ist offen. Wahrscheinlich aber ist es, denn einer – vermeintlichen – Stärkung des Binnenmarkts verschließt sich kein Europapolitiker. Würden im Weißbuch die Bedürfnisse und Belange von Medien und Kultur deutlich anerkannt, könnte man auch weniger nervös sein. Doch leider geht es eher um die finanzielle Konsolidierung der Mobilfunkindustrie.
Sollte eines Tages in Brüssel über Frequenznutzungen entschieden werden, ist klar, welche Lobbymacht dort auf der Matte steht, um das Beste für sich herauszuholen. Klar ist auch, dass die vielen Millionen PMSE-Anwender keine Chance haben, ausreichend Gehör zu finden. Kompetenzentscheidungen sind daher auch politische Entscheidungen. Die EU muss sehr aufpassen, dass sie die Künstler, Musiker, aber auch die Fernsehzuschauer und alle Konzertgänger oder Festivalbesucher nicht als Anhänger verliert. Politik muss nah an den Menschen bleiben und nicht für internationale Konzerne gemacht werden.
Dr. Jochen Zenthöfer ist Sprecher der europäischen Initiative „SOS – Save Our Spectrum“ mit Sitz in Luxemburg. Die Gruppe setzt sich für ausreichend störungsfreie Frequenzen für Nutzer und Hersteller von PMSE sein. In Deutschland war Zenthöfer vor der Weltfunkkonferenz im vergangenen Jahr Mitglied der Nationalen Vorbereitungsgruppe sowie des Arbeitskreises 6 zum TV-UHF-Band.
Phänomen FAST Channels – eine medienpolitische und -rechtliche Betrachtung (3. Teil)
RA Michael Schmittmann
FAST Channels (Free-Ad-Supported Streaming Television) sind – wie wir in Teil 1 und 2 beschreiben konnten – komplexe neue TV-Programme, die mit der Kategorisierung „linear“ und „Free-TV“ nicht ausreichend charakterisiert sind. Sie kommen in verschiedensten Varianten daher, haben enormen Erfolg in den USA und langsam auch hier in Europa (Teil 1) und bedürfen medienrechtlich ab einer bestimmten inhaltlichen Ausrichtung und Zuschauerzahl einer Veranstalterzulassung (Teil 2). In dieser Ausgabe wenden wir uns dem dritten und schwierigsten Kapitel dieses TV-Genres zu, dem Urheberrecht.
Das Urheberrecht der Programmverbreitung
Das Urheberrecht, eine inzwischen weitgehend europäisch geprägte Rechtsmaterie, trennt bei der linearen Sendung von Free-TV-Programmen zwischen dem Senderecht (§ 20 UrhG) und dem Unterfall der Weitersendung (§ 20b UrhG). Das Senderecht wiederum ist ein Unterfall des Rechts der öffentlichen Wiedergabe. Darunter versteht man das ausschließliche Recht des Urhebers, sein Werk in unkörperlicher Form öffentlich wiederzugeben (§ 15 Abs. 2 UrhG).
Ein exklusives Recht bedeutet zugleich, eine Werknutzung auch verbieten zu dürfen. Wer also einen FAST-Channel betreibt und den Zuschauern anbietet, der muss vom Urheber des Content dazu berechtigt werden; dies geschieht meist in Produktions- oder Programmzulieferungsverträgen, Arbeits- und Dienstleistungs- oder Werkverträgen. Wir sprechen auch vom „Primärrecht“, relevant für eine Erstausstrahlung terrestrischer oder satellitärer Art, per Kabel oder Streaming. Dieser Fall verhältnismäßig einfacher Rechtebeschaffung ist gegeben, wenn der FAST-Channel-Anbieter also eigenes Programm produziert oder produzieren lässt und dieses Programm von ihm erstmalig verbreitet wird.
Das „Sekundärrecht“ ist demgegenüber gefragt, wenn jemand ein schon zugleich primär ausgestrahltes TV-Signal – und damit ein „gesendetes Werk“ im Rahmen eines zeitgleich, unverändert und vollständig übertragenen Programms – weitersendet; klassischerweise ist damit ein Kabelnetzbetreiber gemeint, der ein auch satellitär „free“ verbreitetes Programm in sein Netz einspeist und an die Endkonsumenten weiterleitet.
Abweichung vom Primärrecht
Seit der letzten Urheberrechtsreform ist § 20b UrhG technologieneutral ausgestaltet. Damit sind auch IPTV- und OTT-Plattformen Normadressaten wie die Kabelnetzbetreiber. Auch der FAST-Channel-Anbieter fällt darunter, wenn er ein Programm in sein Portfolio aufnimmt, das auch zeitgleich, unverändert und vollständig schon anderweitig primär ausgestrahlt wird.
§ 20b UrhG weicht vom Primärrecht bei der Erstausstrahlung in zweierlei Hinsicht ab: Der Urheber darf nicht „nein“ sagen, sein exklusives Verbotsrecht, welches er sich bei der Primärausstrahlung vom Sendeunternehmen abhandeln, sozusagen „abkaufen“ lässt, darf er bei der Weitersendung nicht verweigern. Sein Recht verwandelt sich vielmehr in einen reinen Zahlungsanspruch und das nicht gegenüber dem Nutzer, sondern gegenüber einer Verwertungsgesellschaft (sogenannte Zwangslizenz).
Münchner Gruppe als Ansprechpartner für das Weitersenderecht
Und damit sind wir schon bei der zweiten Besonderheit, damit das ganze System in der Praxis klappt: Des Urhebers Rechte unterliegen dem Verwertungsgesellschaftszwang, d. h., diese nehmen die Urheberrechte für den Urheber wahr und sind exklusiver Verhandlungspartner der Nutzer, also der Kabelnetz-, IPTV- und OTT-Branche.
Wenn also ein FAST-Channel-Betreiber auch Weitersendung betreibt und das entsprechende Recht dafür benötigt, so wendet er sich in Deutschland an die GEMA, die zugleich die sogenannte „Münchner Gruppe“ vertritt, welche aus allen relevanten Verwertungsgesellschaften besteht und deren Rechte in einem Vertrag oder nach Tarif quasi in einem Komplettpaket erworben werden können.
Leistungsschutzrecht für die Sendeunternehmen
Die Sendeunternehmen selbst haben zwar da und dort eigene Urheberrechte im Spiel, aber ihr ausschließliches Recht, ihre Funksendungen weiterzusenden und öffentlich zugänglich zu machen, ist vom Gesetzgeber nur als sogenanntes Leistungsschutzrecht („kleine Münze“) in § 87 UrhG gesondert geregelt. Abs. 5 besagt, dass sie gegenüber Nutzern einen Kontrahierungszwang zu angemessenen Bedingungen haben, wenn es sich bei den Nutzern um Betreiber eines Kabelsystems handelt. Bei IPTV und OTT gilt kein Kontrahierungszwang, sondern nur die Pflicht, Verhandlungen nach Treu und Glauben zu führen.
Die ganz überwiegende Anzahl der Sendeunternehmen hat ihre Rechte in der Verwertungsgesellschaft VFF in München, Teil der Münchner Gruppe, gebündelt, sodass kaum ein praktischer Unterschied zum Urheberrecht besteht. Die Sender lassen in aller Regel auch die Verhandlungen mit IPTV- und OTT-Plattformbetreibern durch die Münchner Gruppe führen.
Andere Sender werden von der Corint Media Verwertungsgesellschaft in Berlin vertreten, die nicht in der Münchner Gruppe dabei ist; Corint verwaltet nur das Kabel-Weitersenderecht, bei IPTV und OTT muss sich der Nutzer an die Sender selbst wenden. Denn diese trifft nach § 87 UrhG kein zwingender Wahrnehmungszwang durch Verwertungsgesellschaften.
FAST-Channels Fall 1: Erstsendung
Nach dieser Aufteilung gilt: Der FAST-Channel-Anbieter kann ein neues, eigenes Programm linear ausstrahlen, das er selbst kreiert hat oder von einem Dritten hat kreieren lassen. Wenn er dieses erstmals öffentlich ausstrahlt und das Signal bei sich auch erstmals aussendet, dann muss er von den am Werk beteiligten Urhebern vertraglich das Senderecht erwerben. Andere Sendeunternehmen braucht er nicht zu fragen, er ist ja insofern selbst ein Sendeunternehmen.
FAST-Channels Fall 2: Weitersendung
Anders sieht es aus, wenn der FAST-Channel-Anbieter ein Programm, welches schon via Satellit, Kabel, Terrestrik oder Streaming anderweitig primär ausgestrahlt wird, in sein Programmpaket aufnimmt und den Konsumenten zur Verfügung stellt. Hier muss er über die Münchner Gruppe die Urheberrechte einholen und würde dort bezüglich der Streaming-Situation nach § 87 Abs. 5 UhrG (Leistungsschutzrecht der Sendeunternehmen) mit bedient, weil ein Großteil der von der VFF vertretenen Programmanbieter auch diese Rechte über diese Verwertungsgesellschaft wahrnehmen lässt.
Würde er hingegen das Signal von einem Sender weitersenden, welcher seine Rechte nicht an eine Verwertungsgesellschaft übertragen hat (so zum Beispiel die RTL-Gruppe) und wollte er ein solches Sendesignal in sein FAST-Portfolio aufnehmen und der Öffentlichkeit anbieten, so müsste er bezüglich der Urheberrechte mit der Münchner Gruppe verhandeln (1) und bezüglich der Leistungsschutzrechte der RTL-Gruppe mit dieser selbst verhandeln (2).
FAST-Channels Fall 3: Direkteinspeisung
Relevant für FAST Channels ist aber auch eine andere Neuerung des Urheberrechts im Zuge der Umsetzung der sogenannten Online-SatCab-Richtlinie in §20d UrhG: Danach gilt § 20b UrhG (das Reglement für das Weitersenderecht) auch im Fall der sogenannten Direkteinspeisung. Was ist denn das schon wieder?
Überträgt ein Sendeunternehmen das Programm an einen vom Gesetz so genannten „Signalverteiler“, ohne dass das Programm gleichzeitig öffentlich wiedergegeben wird (Programmzulieferer) und gibt der Signalverteiler (in unserem Beispiel der FAST-Channel-Anbieter) dieses Sendesignal öffentlich wieder, so gelten beide als Beteiligte einer einzigen öffentlichen Wiedergabe (Abs. 1).
Im Klartext heißt das: Der FAST-Channel-Anbieter, der sich von einem professionellen Sendeunternehmen ein Programm maßschneidern lässt, das nur ihm zur linearen Free-TV-Wiedergabe zugeführt wird, der haftet urheberrechtlich wie bei der Weitersendung. D. h., dass entweder der Programmanbieter oder der FAST-Channel-Anbieter oder beide die Rechte nach § 20b und 87 Abs. 5 UrhG klären müssen.
Darauf muss sich die Praxis jetzt einstellen und es dürfte als sicher gelten, dass sich die Verwertungsgesellschaften darauf angemessen vorbereiten und Angebote an die FAST-Channel-Betreiber machen werden. Das wird Rückwirkungen auf das vertragliche Verhältnis zwischen Programmersteller und FAST-Channel-Anbieter haben. Im Innenverhältnis muss die Haftung des Letzteren klar geregelt sein.
FAST Channels aus dem Ausland
Wenn FAST-Channels aus dem Ausland kommen, dort produziert, in TV-Signale umgewandelt und vom Anbieter der deutschen Öffentlichkeit im Wege des Streaming zugänglich gemacht werden, so ändert dies an dem hier gewonnenen Ergebnis für das Inland nichts. Das deutsche Urheberrecht ist am „Tatort“ Deutschland anwendbar, selbst wenn das Signal aus dem Ausland kommt oder wenn der Streaming-Anbieter seinen Sitz im Ausland hat. Eine Privilegierung wie beim Satelliten, bei welchem alle Urheberrechte nur am Sitz des Erstsendeunternehmens bzw. beim Uplink der Satellitenausstrahlung zu erwerben sind (§ 20a UrhG), gibt es bei der Weitersendung nicht.
FAST Channels sind nicht „copyright free“
Der – zugegebenermaßen anstrengende – Überblick zeigt: FAST Channels sind keineswegs „copyright free“, sondern die Anbieter haben drei Varianten zu beachten:
Politischer Handlungsbedarf?
Wir sehen, dass das geltende deutsche und europäische Recht FAST Channels in der jetzt bekannten Form sowohl medienrechtlich als auch urheberrechtlich angemessen erfassen kann. So langsam macht sich bemerkbar, dass FAST Channels verstanden und juristisch korrekt behandelt werden. Ein unmittelbarer Handlungszwang, der zu Gesetzesänderungen führen müsste, zeigt sich nach unserer Überzeugung damit nicht.
Michael Schmittmann ist Rechtsanwalt und Partner bei Heuking in Düsseldorf. Er ist in den Bereichen Medienrecht einschließlich Sport und Entertainment, Telekommunikation, IT-Vertragsrecht und IT-Litigation einschließlich der Betreuung komplexer Cybercrime-Verfahren, europäisches und deutsches Kartellrecht sowie Glücksspielrecht tätig. Schmittmann hat an den Universitäten Köln und Genf, dem British Institute of International and Comparative Law in London sowie dem International Law Institute der Georgetown University in Washington D.C. studiert. 1989 begann seine anwaltliche Tätigkeit bei Heuking mit Schwerpunkt im Telekommunikations-, Medien-, IT- und Kartellrecht.
Medien im Visier – der Podcast von MediaLABcom
Danilo Höpfner
EU-Gesetz: Medienfreiheit und KI
Die schwierigen Entwicklungen in Polen und Ungarn waren der Auslöser: Die EU will Journalisten und Medien mit dem kürzlich verabschiedeten, neuen Medienfreiheitsgesetz besser vor politischer Einflussnahme schützen. Zudem sorgt ein neues, „historisches“ KI-Gesetz der EU für Aufsehen. Es geht dabei um nicht weniger als die Achtung der Grundrechte bei der Nutzung von künstlicher Intelligenz (KI). Wie beides gelingen kann und was es für Medien und Nutzer bedeutet, besprechen wir mit der Sprecherin der Vertretung der EU-Kommission in Deutschland, Birgit Schmeitzner.
Hören Sie sich die neue Podcast-Folge von „Medien im Visier“ auf allen gängigen Plattformen an.
Neues vom FRK
FRK warnt wegen Sammelinkassoverbotes vor Preiserhöhungen für Verbraucher
Der Fachverband Rundfunk- und BreitbandKommunikation (FRK) warnt vor den negativen Folgen durch den Wegfall des Sammelinkassos ab dem 1. Juli 2024. „Wenn die mittelständischen Kabel- und Telekommunikationsnetzbetreiber als Verbraucherpreiskorrektiv verschwunden sind, können die verbliebenen Oligopolisten die Preise so erhöhen, dass die Private-Equity-Investoren ihre 20-prozentige jährliche Rendite erzielen“, sagt FRK-Vorsitzender Heinz-Peter Labonte. Durch das Ende des Sammelinkassos können den mittelständischen Unternehmen erhebliche Wettbewerbsnachteile entstehen. Gleichzeitig bewahrheitet sich nämlich inzwischen die Befürchtung, dass den Verbrauchern in der Flut an Werbeversprechen für eine vermeintlich moderne TV-Versorgung eine Verschlechterung der Empfangsqualität sowie höhere Kosten drohen.
Der Fachverband Rundfunk- und BreitbandKommunikation (FRK) warnt vor den negativen Folgen durch den Wegfall des Sammelinkassos ab dem 1. Juli 2024. „Wenn die mittelständischen Kabel- und Telekommunikationsnetzbetreiber als Verbraucherpreiskorrektiv verschwunden sind, können die verbliebenen Oligopolisten die Preise so erhöhen, dass die Private-Equity-Investoren ihre 20-prozentige jährliche Rendite erzielen“, sagt FRK-Vorsitzender Heinz-Peter Labonte. Durch das Ende des Sammelinkassos können den mittelständischen Unternehmen erhebliche Wettbewerbsnachteile entstehen. Gleichzeitig bewahrheitet sich nämlich inzwischen die Befürchtung, dass den Verbrauchern in der Flut an Werbeversprechen für eine vermeintlich moderne TV-Versorgung eine Verschlechterung der Empfangsqualität sowie höhere Kosten drohen.
„Die Beendigung des Sammelinkassos stellt diese Geschäftsmodelle absehbar in Frage und zwingt die mittelständischen Unternehmen in einen teilweise verzerrten Wettbewerb“, kritisiert Labonte. „Sie haben – auch wegen der restriktiven Refinanzierungsbereitschaft ihrer lokalen und regionalen Banken – weder die finanziellen Ressourcen noch das Personal, um mit den Werbeetats , Rabatten und Sonderaktionen der großen TK-Konzerne und ihren global agierenden Finanzinvestoren mitzuhalten. Das Ende des Sammelinkassos kann also zu massiven Wettbewerbseinbußen für die Verbraucher und Kundenverlust nebst einem Umsatzeinbruch für die mittelständischen Unternehmen führen, was potenziell ihre Existenz und damit auch Arbeitsplätze gefährdet.“
Die Abschaffung des Sammelinkassos wurde mit der Novelle des Telekommunikationsgesetzes (TKG) beschlossen, das den Wettbewerb auf dem TK-Markt fördern und die Verbraucherrechte stärken sollte. „Tatsächlich setzt die mittelstandsfeindliche Ampel-Regierung die unter der Merkel-Scholz-Koalition mit der SPD begonnene Verwirrung der Verbraucher fort“, sagt Labonte.
Die Verbraucher müssen sich nun selbst um die zukünftige TV-Versorgung kümmern, d. h., sie müssen unzählige Angebote, Tarife und Konditionen vergleichen. „Diese Preise und Leistungen können jedoch an bestimmte Bedingungen geknüpft sein, die die Kunden kaum noch überblicken oder verstehen können“, warnt der FRK-Vorsitzende. Es bestehe zum Beispiel die Gefahr, dass Leistungen gebucht werden, die gar nicht benötigt werden und zudem noch teuer sind.
Für die Mitglieder des Verbands im Speziellen und dem Mittelstand im Allgemeinen fordert Labonte von der Regierung endlich eine verlässliche, kalkulierbare Ordnungspolitik und damit eine stärkere Berücksichtigung mittelständischer Unternehmen als Garant für die gesellschaftliche Stabilität. „Sie sind erfahrungsgemäß auch diejenigen, die Innovationen vorantreiben, Arbeitsplätze schaffen und die Versorgungssicherheit gewährleisten. Die selbst ernannte ‚Fortschrittskoalition‘ sollte – anders als die Merkel-Scholz-Koalition zuvor – daher die mittelständischen Unternehmen nicht als Hindernis, sondern als verlässlicher Partner für die Modernisierung der Telekommunikationsregulierung ansehen. Dazu gehört, diese Unternehmen entsprechend zu behandeln, bevor eventuell demnächst das Bundesverfassungsgericht angesichts vorliegender Beschwerden der Mittelständler diese Regierung erneut zum Handeln zwingen könnte“, fordert Labonte.
Hintergrund: Das Sammelinkasso ist das hinlänglich bekannte Verfahren, bei dem die vorwiegend mittelständischen Kabelnetzbetreiber, die das Fernsehsignal in die Haushalte liefern, einen Sammelvertrag mit Wohnungseigentümern oder -verwaltungen abschließen. Dieser Vertrag regelt die Konditionen für die Nutzung des Kabelanschlusses, die Gebühren und die Serviceleistungen. Die TV-Gebühren werden als Sammelinkasso von den Wohnungseigentümern oder -verwaltungen mit der Miete als Nebenkosten abgerechnet.
Diese Regelung hat den Vorteil, dass die Kabelnetzbetreiber eine hohe Anzahl von Kunden erreichen können, ohne dass ein individueller Verwaltungsaufwand betrieben werden muss. Die Verbraucher haben ebenfalls keinen Verwaltungsaufwand, da der Sammelvertrag von den Vermietern geschlossen wird. Die Wohnungseigentümer oder -verwaltungen profitieren von einem geringeren Verwaltungsaufwand und einer besseren Verhandlungsposition gegenüber mittleren Kabelnetzbetreibern und großen Telekommunikationsunternehmen.
Veranstaltungshinweise
Dr. Jörn Krieger
Immobilienwirtschaft trifft Glasfaser 2024
DSC Dietmar Schickel Consulting lädt zusammen mit BUGLAS, GdW und VATM zu einer Neuauflage des Kongresses „Immobilienwirtschaft trifft Glasfaser“ ein. Referenten aus den Bereichen Immobilienwirtschaft, Verbände und Netzbetreiber treffen sich unter dem Motto „Glasfaserausbau in der Netzebene 4 (NE4): Praxisberichte und Migrationsszenarien“ am 25. April 2024 in den Räumen der Wirtschaftskanzlei Greenberg Traurig Germany in Berlin, um ihr Expertenwissen zu teilen.
Erfahrungsberichte aus Sicht der Immobilienwirtschaft zum Ausbau der NE4 und die Umsetzung verschiedener Geschäftsmodelle werden dabei ebenso thematisiert wie die Anliegen der Mieter zur zukünftigen Medienversorgung und neue Fragen zur Mitnutzung. Podiumsdiskussionen mit Verbänden und Netzbetreibern zur Entwicklung der Netze gehören ebenso zum Kongressprogramm wie Vorträge zu rechtlichen Hintergründen des Glasfaserausbaus. Für Teilnehmer, die nicht vor Ort dabei sein können, wird die Veranstaltung als 4K-Livestream übertragen.
Infos & Anmeldung: www.immobilienwirtschaft-trifft-glasfaser.de.
Workshop Digital Broadcasting and Media 2024
Der 18. Workshop Digital Broadcasting wird zum Workshop Digital Broadcasting and Media und startet im Herbst 2024 in die nächste Runde. Mit neuem Namen und gewohnter Themenvielfalt lädt das Fraunhofer-Institut für Digitale Medientechnologie IDMT Experten aus den Bereichen Rundfunk, Medienindustrie und Forschung dazu ein, sich über aktuelle Projekte und Themen auszutauschen. Die Schwerpunkte reichen von Fragestellungen rund um Rundfunksysteme und Netze, Dienste und Plattformen bis zu KI-Anwendungen für den Medienbereich. Die Veranstaltung findet am 5. und 6. November 2024 in Erfurt statt. Weitere Informationen sowie der Call for Presentations folgen in Kürze.
Infos: www.idmt.fraunhofer.de/de/events_and_exhibitions/wsdb-2024.html.
HbbTV Symposium and Awards 2024 in London
Das 12. HbbTV Symposium and Awards findet am 14. und 15. November 2024 in London statt. Das jährliche Gipfeltreffen der Connected-TV-Branche veranstaltet die HbbTV Association gemeinsam mit Everyone TV, dem Free-TV-Gemeinschaftsunternehmen von BBC, ITV, Channel 4 und Channel 5.
Führungskräfte und Experten geben auf dem HbbTV Symposium Einblicke in die neuesten Entwicklungen der Branche und diskutieren über neue Dienste, Erfahrungen und Herausforderungen. Schwerpunkte sind Spezifikationen, Interoperabilität, Standardisierung und Regulierung.
Nach der erfolgreichen Einführung des neuen Konzepts im vergangenen Jahr bietet das HbbTV Symposium 2024 wieder eine traditionelle Konferenz mit Keynotes, Panels und Diskussionsrunden am ersten Tag, gefolgt von einer Abendveranstaltung mit der Verleihung der HbbTV Awards. Am zweiten Tag findet eine Unkonferenz statt, bei der die Teilnehmer selbst über die Tagesordnung, Themen und Diskussionen entscheiden.
Infos: www.hbbtv.org/news-events/hbbtv-symposium-and-awards-2024-on-14-15-november-in-london-uk/.
Kurzmeldungen
Dr. Jörn Krieger
M7 und wilhelm.tel verlängern Partnerschaft
M7 Deutschland und der Glasfasernetzbetreiber wilhelm.tel haben ihre langjährige Partnerschaft erweitert und verlängert. Mit dem neuen, mehrjährigen Abkommen sichert sich wilhelm.tel die Lizenzrechte für die Verbreitung eines umfangreichen Angebots an Premium-TV-Programmen für seine Kabelkunden.
Die Partnerschaft umfasst erstmals auch IPTV-Content-Rechte einschließlich interaktiver Funktionen für eine flexible TV-Nutzung: Die Zuschauer können das laufende TV-Programm neu starten, anhalten, zeitversetzt sehen und bis zu sieben Tage rückwirkend abrufen. Mit der Multiscreen-Option lassen die Sender auch auf dem Smartphone oder Tablet nutzen. Auch TV-Aufzeichnungen sind über eine Cloud-Lösung mit Network-PVR möglich.
„Wir sind stolz auf unsere langjährige, erfolgreiche Partnerschaft mit wilhelm.tel, einem der Pioniere des Glasfaserausbaus in Norddeutschland. Mit einem leistungsstarken, innovativen Angebot zeigt wilhelm.tel, wie sich ein regionaler Netzbetreiber im Markt durchsetzen kann. Wir freuen uns, dass wir auch in Zukunft zum Ausbau und Wachstum beitragen können“, sagte Marco Hellberg, Geschäftsführer von Eviso Germany, dem M7 Business Partner in Deutschland.
wilhelm.tel-Geschäftsführer Arne Mietzner erklärte: „Mit der Fortführung unserer langjährigen Partnerschaft mit M7 bestätigen wir nicht nur die Sicherung unseres attraktiven Kabel-TV-Angebots in einer Phase sich ändernder Marktbedingungen, sondern ergänzen es gleichzeitig mit Vermarktungsrechten für IPTV-Programme zur Gewinnung weiterer Zielgruppen. Wir sind überzeugt, unseren bisherigen Erfolg in der Metropolregion Hamburg in der Zusammenarbeit mit M7 nicht nur zu festigen, sondern ausweiten zu können.“
QVC stellt Ultra-HD-Sender QVC2 UHD ein
Der Teleshopping-Anbieter QVC Deutschland hat die Verbreitung seines Programms QVC2 in Ultra-HD-Bildauflösung (UHD) eingestellt. „Diesen USP halten wir zukünftig (erstmal) unserem Hauptkanal vor, um diesen weiter zu stützen“, sagte eine QVC-Sprecherin dem Branchendienst „Broadband TV News“.
„Unsere Distributionsstrategie ist daraufhin ausgerichtet, dass wir unseren Zuschauern unsere drei QVC-Programme langfristig und auf allen Plattformen zur Verfügung stellen und die Qualitäten so wählen, dass sie sowohl den unterschiedlichen Programmstrategien als auch den Sehgewohnheiten unserer Zuschauer gerecht werden“, sagte die Sprecherin.
„Vor diesem Hintergrund wird unser Hauptkanal QVC, für welchen wir täglich 17 Stunden live Inhalte produzieren, weiterhin in SD, HD und UHD empfangbar sein. QVC2 steht unseren Zuschauern in SD und HD und QVC Style in HD zur Verfügung.“
QVC2 UHD war am 1. Oktober 2019 gestartet und über das Astra-Satellitensystem (19,2° Ost) zu empfangen. Mit der Einstellung ist nur noch das Hauptprogramm QVC in UHD-Bildauflösung auf Astra zu empfangen. Die UHD-Version von QVC wird auch in Kabelnetze eingespeist, unter anderem bei wilhelm.tel und willy.tel.
Zattoo baut TV-Angebot aus
Zattoo nimmt 18 weitere FAST Channels in sein Portfolio auf. Der TV-Streaming-Anbieter verbreitet damit insgesamt über 40 werbefinanzierte, kostenfreie Streaming-Kanäle, die verschiedene Zielgruppen ansprechen.
Die Neuzugänge sind DEFA TV mit Filmen, Serien und Dokus aus dem Archiv des DDR-Filmstudios, die Produktionsgesellschaft Banijay steuert die Kanäle Spannung & Emotionen, Comedy & Shows sowie Stars in Gefahr bei und von der Mediengruppe High View stammen Crime Time, Serien+, FarmLandTV, OneTerra, just.fishing, Xplore, HipTrips, Red Adventure, Just Cooking, Deluxe Rap, Deluxe Dance by Kontor, Deluxe Rock, Deluxe Flashback und Deluxe Lounge.
Alle Sender stehen in HD-Qualität zur Verfügung, die Programme lassen sich pausieren und jederzeit von vorne starten. Zattoo-Nutzer in Deutschland, Österreich und der Schweiz finden die Neuzugänge ab sofort in der Senderliste.
Ebenfalls neu bei Zattoo sind die Spartenkanäle DokuSat HD, Volksmusik.TV HD und Lilo.TV SD. Der Schwestersender Deutsches Musik Fernsehen ist bereits seit vielen Jahren bei Zattoo zu empfangen.
Deutschlandradio beendet Kabelverbreitung
Das Deutschlandradio will die Verbreitung seiner Programme in Kabelnetzen zum Jahresende 2024 beenden. Das geht aus dem 24. Bericht der Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten (KEF) hervor.
„Die Verbreitung der Programme von Deutschlandradio über Kabelnetze (DVB-C) wird eingestellt. Somit werden für die kommende Beitragsperiode 2025 bis 2028 keine Kosten mehr für die Kabelverbreitung angemeldet“, heißt es in dem Bericht (Seite 65).
Ein Deutschlandradio-Sprecher bestätigte gegenüber dem Branchenmagazin „Cable!vision Europe“ den Rückzug aus den Kabelnetzen. „Nach unserer Einschätzung macht der Kabelempfang für Radioprogramme nur einen sehr geringen Anteil an der Gesamtnutzung aus. Mit dem Wegfall des sogenannten Nebenkosten-Privilegs wird ein weiterer Rückgang der Kabelnutzung erwartet. Aus diesem Grund ist die Kabelverbreitung für ein auf Audio spezialisiertes Medienhaus nicht mehr wirtschaftlich“, sagte der Sprecher.
„Mit IP-Streaming und DAB+ bietet Deutschlandradio seinem Publikum gute Alternativen zum Kabelempfang. Die bisher zur Bereitstellung des Kabelempfangs aufgewandten Mittel sollen zudem zur Stärkung unserer nicht-linearen Angebote wie zum Beispiel der Dlf-Audiothek-App eingesetzt werden“, erklärte der Sprecher.
Mit der Beendigung der Kabeleinspeisung spart der Sender zwar Kosten – im 22. KEF-Bericht sind diese mit insgesamt 1,6 Millionen Euro im Zeitraum von 2021 bis 2024 angegeben –, riskiert aber Hörerverluste, weil die Deutschlandradio-Programme ab Januar 2025 die einzigen öffentlich-rechtlichen Radioprogramme wären, die nicht mehr in den Kabelnetzen verbreitet werden.
Vor einigen Jahren hatte die Kabelverbreitung für das Deutschlandradio noch einen anderen Stellenwert. Der Sender stritt sich mit Unitymedia um die Einspeiseentgelte – was dazu führte, dass der Kabelnetzbetreiber die Programme im Januar 2019 aus seinem Angebot warf. Im Dezember 2019 legten Unitymedia, das inzwischen von Vodafone übernommen worden war, und Deutschlandradio ihren Rechtsstreit bei. Die Programme wurden ab Anfang 2020 wieder ins Kabelnetz eingespeist.
Marcel de Groot neuer CEO von Vodafone Deutschland
Kurz vor dem Wegfall der Umlagefähigkeit zieht sich Philippe Rogge zurück: Der CEO von Vodafone Deutschland hat sich entschieden, von seiner Funktion zurückzutreten und Vodafone zum 31. März 2024 zu verlassen. Sein Nachfolger wird Marcel de Groot, der bisher das Privatkundengeschäft leitete.
„Wir werden weiter unsere Hausaufgaben machen“, sagte de Groot. „Gleichzeitig werden wir auf Angriff schalten. Und mit unserer Vodafone-DNA neu erschaffen, was schon immer in uns steckt: ein starker, schneller, mutiger und erfolgreicher Telko-Spieler. Mit Innovationen für unsere Kunden. Und einer starken Marke, die begeistert. Ich freue mich darauf, gemeinsam mit dieser Mannschaft Vodafone erfolgreich zu machen.“
Marcel de Groot verfügt über 15 Jahre Management- und Marketingerfahrung im Telekommunikationsmarkt. In seinen vorigen Positionen war er unter anderem Chief Commercial Officer bei Vodafone Ziggo in den Niederlanden sowie Director of Consumer bei Vodafone Irland. Seit 2022 leitet de Groot das Privatkundengeschäft von Vodafone Deutschland.
Tele Columbus holt Manuel Cubero in Aufsichtsrat
Manuel Cubero del Castillo-Olivares ist in den Aufsichtsrat von Tele Columbus berufen worden. Mit der Entscheidung, die auf der jüngsten Hauptversammlung getroffen wurde, ist das sechsköpfige Gremium wieder vollständig besetzt.
Cubero hat langjährige Erfahrung im deutschen Medien- und Telekommunikationsmarkt. Er war unter anderem Chief Commercial Officer von Vodafone und Vorstandsvorsitzender von Kabel Deutschland. Neben seinem Mandat bei Tele Columbus ist er auch Aufsichtsratsmitglied von United Internet in Montabaur und Vorsitzender des Gesellschafterrats des Nürnberg Instituts für Marktentscheidungen.
Der 1963 geborene spanische Staatsangehörige ist promovierter Physiker (Technische Universität Darmstadt) und M.B.A. der Insead Business School, Fontainebleau.
Addressable-TV-Initiative gewinnt TP Vision und Vestel
Die Addressable-TV-Initiative (ATVI), das Joint Venture von RTL Deutschland und ProSiebenSat.1 für die Einführung von Addressable TV in Europa auf Grundlage offener Standards wie HbbTV, hat Partnerschaftsvereinbarungen mit mehreren globalen TV-Herstellern geschlossen. Zu den Unternehmen gehören TP Vision (Philips) und Vestel, die nach ATVI-Angaben etwa 30 Prozent des Absatzes von Fernsehgeräten in Europa repräsentieren. Die Kooperationsvereinbarungen umfassen die Zertifizierung von TV-Plattformen nach der HbbTV-TA-Spezifikation für adressierbare Werbung.
HbbTV-TA ermöglicht einen präzisen Austausch von Werbung in linearen TV-Programmen. Mit Hilfe einer Zertifizierung durch ATVI können Sender künftig geeignete TV-Geräte für die Ausspielung zielgerichteter Werbung identifizieren.
Gleichzeitig gab ATVI den Abschluss einer technischen Kooperationsvereinbarung mit Seraphic, einem Anbieter von Middleware für Smart-TVs, bekannt. Außerdem hat ATVI eine technische Zusammenarbeit mit taiwanesischen Anbietern von mikroelektronischen Kernkomponenten für TV-Geräte („Chipsets“), eingeleitet, um die vorgelagerte Konformität von TV-Modellen in der Lieferkette zu erleichtern. ATVI will sein Netzwerk von Technologiepartnerschaften im Jahr 2024 erweitern, um die große Mehrheit der in Europa verkauften Fernsehgeräte als HbbTV-TA-kompatibel zu zertifizieren.
ARD und Deutschlandradio: KEF drängt auf UKW-Abschaltung 2033
Die Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten (KEF) erkennt bei diesen die UKW-Verbreitungskosten nur noch bis Ende 2032 an. Ab 2033 können die öffentlich-rechtlichen Radioprogramme nur noch die Verbreitungskosten via DAB+ geltend machen, wie aus dem kürzlich veröffentlichten 24. KEF-Bericht hervorgeht. Wenn sie dennoch über UKW weitersenden wollen, müssen die entsprechenden Kosten durch Umschichtungen von Budgets aus anderen Bereichen getragen werden.
„Die gleichzeitige parallele Verbreitung von Hörfunk- und Fernsehprogrammen auf verschiedenen Verbreitungswegen oder in verschiedenen Qualitätsstufen (Simulcast) sieht die Kommission unter dem Gesichtspunkt der Wirtschaftlichkeit seit langem kritisch. Vor diesem Hintergrund werden auch die Kosten für die terrestrische Verbreitung von Hörfunkprogrammen über UKW und DAB+ von der Kommission bereits seit ihrem 20. Bericht gemeinsam betrachtet und schrittweise reduziert“, erklärte KEF-Geschäftsführer Tim Schönborn gegenüber dem Branchenportal Radioszene.de.
„Dieses Abschmelzmodell wurde ursprünglich unter der Annahme entwickelt, dass im Jahr 2029 UKW weitgehend durch DAB+ abgelöst sein würde. Dieses Ziel erscheint aufgrund immer noch nicht getroffener medienpolitischer Entscheidungen bezüglich eines koordinierten Ausstiegs aus UKW aus heutiger Sicht jedoch nicht mehr erreichbar. Somit können auf absehbare Zeit die erheblichen Kosteneinsparpotenziale, die durch die Beendigung des teuren Simulcast-Betriebs UKW/DAB+ möglich waren, nicht umgesetzt werden“, sagte Schönborn.
„Die Kommission trägt der Situation in ihrem am 23. Februar 2024 veröffentlichten 24. Bericht Rechnung und passt das Abschmelzmodell an. Die mit dem 20. Bericht für ARD und Deutschlandradio festgelegten Zielwerte für die Kosten der Programmverbreitung über DAB+ bleiben unverändert bestehen, müssen aber erst eine Beitragsperiode später, also in der Periode 2033 bis 2036, erreicht werden“, erklärte der KEF-Geschäftsführer.
„Damit verteilt sich die Umsetzung der angestrebten Kostenreduzierungen lediglich auf eine zusätzliche Beitragsperiode. Das Ziel der weiteren Reduzierung der Kosten für die terrestrische Hörfunkverbreitung wird unverändert beibehalten, allein dass nunmehr erst ab 2033 statt vormals ab 2029 nur noch die Verbreitungskosten für DAB+ verbleiben“, stellte Schönborn klar.
Der Wegfall der Anerkennung der Verbreitungskosten bedeute allerdings nicht das Aus für UKW im Jahr 2033, betonte Schönborn. Die KEF entscheide „mangels Zuständigkeit nicht über eine Fortführung der UKW-Verbreitung als solche. Es wäre eine unternehmerische Entscheidung der Rundfunkanstalten, UKW durch Umschichtung aus anderen Bereichen ihres Gesamtbudgets zu finanzieren, obwohl die hierfür erforderlichen Mittel von der KEF nicht mehr bewilligt werden“.
In anderen Worten: Wenn die ARD-Landesrundfunkanstalten und das Deutschlandradio ihre Hörfunkprogramme nach 2033 weiter über UKW verbreiten wollen, können sie das tun. Die Gelder müssten aber aus anderen Bereichen abgezogen werden, wo sie dann fehlen. Für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk wird in den nächsten Jahren die Frage an Bedeutung gewinnen, ob er seine finanziellen Mittel verstärkt in Technik oder Inhalte investieren will.
waipu.tv holt fünf neue Sender
Der Internet-TV-Anbieter waipu.tv erweitert sein Angebot um fünf neue Sender. TV-Satiriker Oliver Kalkofe ist rund um die Uhr bei KalkTV zu sehen, während beliebte TV-Serien und Filme bei TV-Klassiker laufen, etwa „Familie Heinz Becker“, „Gegen den Wind", „Büro Büro“, „Der Fander“ und „Dittsche“. Real Crime zeigt Krimis, Romance TV Catch-up romatische Filme und Serien, StoryZoo & Friends richtet sich an Kinder.
Romance TV Catch-Up ist im „Perfect Plus“-Paket enthalten. Die anderen Neuzugänge stehen allen waipu.tv-Kunden zur Verfügung. Außerdem befinden sich alle Inhalte im Abrufdienst waiputhek.
„Das Besondere an waipu.tv ist, dass wir schnell und ohne großen technischen Aufwand neue Kanäle ins Portfolio nehmen können,“ sagte Markus Härtenstein, Vorstand bei Exaring, Betreiberin von waipu.tv. „Daher bieten wir die größte deutschsprachige Programmauswahl. So stellen wir sicher, dass unsere Kunden ihr Lieblingsprogramm bekommen.“
Fix&Foxi TV bleibt bei Salzburg AG im Kabel
Die österreichische Telekommunikationsgesellschaft Salzburg AG wird den Kinder- und Familienkanal Fix&Foxi TV weiterhin in ihrem Kabelnetz verbreiten. Der Einspeisungsvertrag mit der Betreibergesellschaft Your Family Entertainment (YFE) wurde bis 31. Dezember 2028 verlängert.
„Wir sind sehr glücklich, unsere langjährige Partnerschaft mit der Salzburg AG fortzusetzen. Diese Verlängerung ist ein Zeichen des Vertrauens in die Qualität und Attraktivität unseres Programms Fix&Foxi TV. Es bestärkt uns in unserem Bestreben, Familien und insbesondere Kinder mit positiven, inspirierenden Inhalten zu erreichen“, sagte Bernd Wendeln, Vorstand & COO von YFE, in München.
Der Pay-TV-Sender ist in Österreich auch auf zahlreichen weiteren Plattformen zu empfangen, darunter A1 Telekom Austria, HD Austria, Kabelplus, Kabel-TV Lampert, Liwest, M7, Magenta TV, Ocilion und simpliTV.
Partner:
Fachverband Rundfunk- und BreitbandKommunikation
Herausgeber: Heinz-Peter Labonte (V.i.S.d.P.)
Redaktion: Marc Hankmann (Leitung),
Dr. Jörn Krieger
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