Alte Zöpfe
Sehr geehrte Damen und Herren,
obwohl die Medienwelt schon vor geraumer Zeit vom digitalen Wandel erfasst wurde, ist es doch immer wieder erstaunlich, wie hartnäckig am Althergebrachten festgehalten wird. Aus Sicht des Medienexperten Heiko Hilker reicht es nicht aus, die Medienregulierung einfach nur fortzuschreiben. Vielleicht wirken deshalb die Landesmedienanstalten manchmal wie aus der Zeit gefallen.
Von den Medientagen Mitteldeutschland berichtet unser Gastautor Michael Kayser von einem Gerücht, demzufolge das ZDF Mittel für die SD-Verbreitung seiner TV-Programme bis 2030 erhalten soll. Dabei ist HDTV längst zum Standard geworden, wie der aktuelle Astra Monitor 2022 belegt.
Dass sich die Deutsche Telekom an ihr einstiges Infrastrukturmonopol klammert, kann man ja noch irgendwie verstehen. Allerdings bremst sie damit laut einer Studie des TK-Verbands VATM den Glasfaserausbau aus. Der Verband fordert die Bundesnetzagentur zum Handeln auf. Die reagiert ein bisschen genervt.
Der Glasfaserausbau hinkt im internationalen Vergleich auch deshalb hinterher, weil Deutschland zu lange an den Kupfernetzen festgehalten hat – so lautet jedenfalls die Analyse des FTTH Councils. Und auch sonst wurden hierzulande nahezu alle Fehler gemacht, die man machen konnte.
Zum Glück beschreibt das Council auch einige Wege aus dieser Misere und gibt Handlungsempfehlungen für einer erfolgreiche Verglasung ab. Grundvoraussetzung ist jedoch, dass man alte Zöpfe abschneidet und sich der Zukunft zuwendet.
Neuigkeiten vom Fachverband Rundfunk- und BreitbandKommunikation und Kurzmeldungen runden die Ausgabe ab. Wir wünschen Ihnen eine angenehme Lektüre.
Heinz-Peter Labonte, Herausgeber
Marc Hankmann, Redaktionsleiter
Dr. Jörn Krieger, Redakteur
Ausgabe 117 • Juni 2023
Inhalt
„Es reicht nicht aus, das bisherige System nur angepasst fortzuschreiben“ – Medienexperte Heiko Hilker über die Rolle der Landesmedienanstalten
Marc Hankmann
In der vergangenen Ausgabe berichtete MediaLABcom über die "Entwicklung der Landesmedienanstalten und deren Bedrohung durch die EU-Kommission. Heiko Hilker war lange Zeit für DIE LINKE als Medienpolitiker und Mitglied des sächsischen Landtags tätig. Der Gründer des Dresdner Instituts für Medien, Bildung und Beratung und Mitglied des MDR-Rundfunkrats kritisiert die Vorhaben aus Brüssel ebenfalls, hält aber auch die Landesmedienanstalten selbst für reformbedürftig.
Medientage Mitteldeutschland fest in öffentlich-rechtlicher Hand
Michael Kayser
Am 3. und 4. Mai 2023 fanden die Medientage Mitteldeutschland in Leipzig statt. Die Veranstaltung hat in den vergangenen Jahren eine Neuausrichtung erfahren und sich thematisch stärker von den privaten Medien entfernt. Als Veranstalter treten fast ausschließlich öffentlich-rechtliche Organisationen auf, nur die Funke-Mediengruppe und der Verband Mitteldeutscher Privatradios (VMPR) sind von privater Seite Mitglieder im Trägerverein.
Rückkehr des Marktmächtigen? Studie legt zunehmende Marktdominanz der Deutschen Telekom nahe
Marc Hankmann
Ohne Zweifel besitzt der Glasfaserausbau in Deutschland eine hohe Dynamik, wie auch die aktuellen Zahlen des FTTH Councils zeigen (Lesen Sie hierzu den Beitrag „Checkliste des Versagens“ in dieser Ausgabe. Doch das Geld wird an anderer Stelle verdient: im alten Kupfernetz mit DSL. Grund genug für den Verband der Anbieter von Telekommunikations- und Mehrwertdiensten (VATM) nach dem Regulierer zu rufen, denn laut VATM versucht die Telekom, ihre Marktmacht aus der Kupfer- in die Glasfaserwelt zu übertragen.
Checkliste des Versagens – die Fehler im deutschen Glasfaserausbau
Marc Hankmann
Wenn heutzutage irgendwo Gehwege oder Straßen aufgerissen werden, dann häufig, um Glasfaser zu verlegen. Die Netzbetreiber kündigen Woche für Woche neue Vereinbarungen mit Kommunen an oder feiern offizielle erste Spatenstiche. Läuft also, könnte man meinen. Wenn man jedoch die aktuelle Studie „FTTH adoption – drivers and hurdles in Europe“ des FTTH Council liest, kommt sie einem vor wie eine Checkliste des Versagens. Deutschland scheint demnach fast jeden Fehler zu machen, den man im Glasfaserausbau machen kann.
Veranstaltungshinweis
Dr. Jörn Krieger
HbbTV Symposium and Awards 2023 in Neapel
Das 11. HbbTV Symposium and Awards findet am 28. und 29. November 2023 in Neapel, Italien, statt. Die HbbTV Association veranstaltet das Gipfeltreffen der Connected-TV-Branche gemeinsam mit der italienischen Digital-TV-Agentur Comunicare Digitale.
Kurzmeldungen
Dr. Jörn Krieger
GdW und Telekom einigen sich auf Glasfaserkooperation
Millionen Mieter in Deutschland sollen schneller einen Glasfaseranschluss bis in die Wohnung erhalten: Mit diesem Ziel haben sich der Spitzenverband der Wohnungswirtschaft GdW und die Deutsche Telekom auf gemeinsame Positionen zum Glasfaserausbau verständigt.
Telekom und GdW legen in ihrem Positionspapier Musterregelungen für die Wohnungsunternehmen vor. Dabei bietet die Telekom für Mitgliedsunternehmen in ihren Ausbaugebieten den Vollausbau und den Betrieb von Glasfasernetzen bis in die Wohnung (FTTH) kostenlos an. Zudem werden Wohnungsunternehmen früher und mit mehr individuellem Handlungsspielraum in den Glasfaseranschluss ihrer Grundstücke und Wohnungen eingebunden. Verträge und Planungsunterlagen werden vereinfacht, die Kommunikation besser abgestimmt. Auch die Vielfalt der Wohnungsunternehmen soll besser berücksichtigt werden, wie Telekom und GdW mitteilten.
„Es reicht nicht aus, das bisherige System nur angepasst fortzuschreiben“ – Medienexperte Heiko Hilker über die Rolle der Landesmedienanstalten
Marc Hankmann
In der vergangenen Ausgabe berichtete MediaLABcom über die "Entwicklung der Landesmedienanstalten und deren Bedrohung durch die EU-Kommission. Heiko Hilker war lange Zeit für DIE LINKE als Medienpolitiker und Mitglied des sächsischen Landtags tätig. Der Gründer des Dresdner Instituts für Medien, Bildung und Beratung und Mitglied des MDR-Rundfunkrats kritisiert die Vorhaben aus Brüssel ebenfalls, hält aber auch die Landesmedienanstalten selbst für reformbedürftig.
MediaLABcom: Herr Hilker, die Landesmedienanstalten üben heute weit mehr Aufgaben aus als die Lizenzierung und Kontrolle privater Rundfunkanbieter. Wie beurteilen Sie diese Entwicklung?
Heiko Hilker: Die Landesmedienanstalten wurden geschaffen, um in Zeiten knapper Frequenzen eine Vielfalt privater Radio- bzw. Fernsehangebote zu ermöglichen. Die Zeit knapper Frequenzen ist vorbei. Der Gesetzgeber, insbesondere die Landesregierungen, suchen deshalb nach neuen Aufgaben und Zuständigkeiten für die Landesmedienanstalten. Dabei bauen sie auf das Bestehende auf und finden nicht immer die effektivste Lösung. So haben sie in der Präambel zum Medienstaatsvertrag festgehalten, dass es den Landesmedienanstalten obliegt, „unter dem Gesichtspunkt der Gleichbehandlung privater Veranstalter und Anbieter und der besseren Durchsetzbarkeit von Entscheidungen verstärkt zusammenzuarbeiten.“
Angesichts der neuen Vielzahl der Anbieter, zu denen nicht mehr nur Radio- und Fernsehanbieter gehören, sondern auch Zeitungs- und Zeitschriftenverlage, Suchmaschinen- und Plattformbetreiber sowie Medienintermediäre, wäre es besser gewesen, einen neuen Regulierungsrahmen zu schaffen, anstatt den bestehenden um einige Aspekte zu erweitern.
MediaLABcom: Kommen aus Ihrer Sicht die Medienanstalten der Kontrolle privater Rundfunkanbieter heute noch vollumfänglich nach?
Heiko Hilker: Nein. Ihren Aufgaben sind sie schon in den letzten Jahren nicht gerecht geworden. Nur ein Beispiel: Im Medienstaatsvertrag ist festgelegt, dass Fernsehvollprogramme einen wesentlichen Anteil an Eigenproduktionen sowie Auftrags- und Gemeinschaftsproduktionen aus dem deutschsprachigen und europäischen Raum enthalten sollen. Bei RTL, VOX, Sat.1 und ProSieben war das 2021 nicht der Fall. Bei ProSieben kommen seit Jahren über 80 Prozent aus den USA.
MediaLABcom: Zusätzlich zu den erweiterten Aufgaben entstanden auch neue Gremien wie die Direktorenkonferenz der Landesmedienanstalten (DLM), die Gremienvorsitzendenkonferenz (GVK), die Kommission für Zulassung und Aufsicht (ZAK) oder die Kommission für Jugendschutz (KJM). Braucht es all diese Gremien?
Heiko Hilker: Aus der Sicht der Landesregierungen schon, ansonsten hätten sie diese Gremien nicht im Staatsvertrag festgeschrieben. So war die Medienpolitik mit der Kommission zur Ermittlung der Konzentration im Medienbereich (KEK) und deren sechs weisungsfreien, unabhängigen Sachverständigen unzufrieden.
Die KEK wurde 1996/97 zur Sicherung der Meinungsvielfalt im deutschen Privatfernsehen geschaffen und sollte unter anderem verhindern, dass ein Unternehmen durch „vorherrschende Meinungsmacht“ die Möglichkeit erlangt, die freie Meinungsbildung einzuschränken. Aus diesem Grund verhinderte die KEK 2006 eine Fusion des Axel Springer Verlags mit ProSiebenSat.1. Daraufhin wurden den sechs weisungsfreien, unabhängigen Sachverständigen sechs Direktoren der Landesmedienanstalten zur Seite gestellt.
MediaLABcom: In einer Stellungnahme für den Landtag Schleswig-Holsteins kritisierten Sie, dass beim Thema Jugendschutz einzelne Landesmedienanstalten Bußgelder hätten verfallen lassen. Was sagt das über den Nutzen der KJM aus?
Heiko Hilker: Nun, dies war ja vor mehr als zehn Jahren. Einzelne Sender drohten, im Falle eines Bußgeldes die Lizenzierungsbehörde zu wechseln. So wurde offensichtlich, dass der Regulierungsrahmen dysfunktional war.
MediaLABcom: Tobias Schmid, Direktor der Landesanstalt für Medien (LfM) in Nordrhein-Westfalen, hat sich dem Kampf gegen Onlineportale verschrieben, die gegen deutsche Jugendschutzvorschriften verstoßen, da sie Pornografie ohne Altersverifikation verbreiten. Was sagt das über die Medienregulierung aus, wenn eine Regionalbehörde gegen einen Dienst vorgeht, der weltweit verbreitet wird?
Heiko Hilker: Sicher wäre es besser, wenn gegenüber ausländischen Anbietern eine Bundesbehörde agieren würde. Doch die Bundesländer haben sich für einen anderen Weg entschieden. So sind die Verfahren kompliziert und ineffektiv.
MediaLABcom: Ist es aus Ihrer Sicht an der Zeit, dass die Kompetenzen deutlicher getrennt werden, also dass sich zum Beispiel die EU um EU-weite Mediendienste kümmert und die Landesmedienanstalten um regionale Medienbelange?
Heiko Hilker: Wenn ich es richtig sehe, geht es vor allem um weltweit angebotene Dienste. Einzelne Länder können da für ihr Gebiet Standards durchsetzen. Da ist China nicht das einzige Beispiel.
MediaLABcom: Wie beurteilen Sie den European Media Freedom Act (EMFA) und den Digital Services Act (DSA), die von den Ländern und den Landesmedienanstalten kritisiert werden?
Heiko Hilker: Die Europäische Kommission will damit redaktionelle Unabhängigkeit schützen, unabhängige öffentlich-rechtliche Medien sichern, Medienpluralismus erhalten bzw. fördern, staatliche Werbung transparent machen sowie Medieninhalte im Internet vor Zensur schützen.
Die Medienvielfalt könnte so in Europa gewinnen, sie muss es aber nicht. Das Anliegen ist gut. Schlecht ist, dass dabei die Bundesländer Kompetenzen an die EU abgeben sollen. Aber das eine ist ohne das andere nicht zu haben. Zumal die Bundesländer in den letzten Jahren zwar versuchen, die Medienvielzahl zu erhalten, sich jedoch kaum um die Medienvielfalt kümmern. Denn aus Vielzahl folgt nicht automatisch Vielfalt.
MediaLABcom: In der Vergangenheit haben Sie von „Gebührenverschwendung“ geschrieben, nachdem der Sächsische Rechnungshof die Sächsische Landesanstalt für privaten Rundfunk und neue Medien (SLM) gerügt hatte. Das ist schon einige Jahre her. Wie steht es heute um die Finanzierung der Landesmedienanstalten?
Heiko Hilker: Die SLM ist immer noch gut finanziert. Über Jahre hinweg hat sie dargestellt, dass sie die hohen Rücklagen abbauen will. Doch die sind bis Ende 2021 immer weitergewachsen.
MediaLABcom: In der Süddeutschen Zeitung warfen Sie unlängst die Frage auf, ob es nicht sinnvoller wäre, wenn die Landesmedienanstalten von den privaten Rundfunkunternehmen finanziert würden, anstatt 1,8989 Prozent des Rundfunkbeitragsaufkommens zu erhalten. Was kritisieren Sie an dieser Finanzierung der Landesmedienanstalten?
Heiko Hilker: In dem Beitrag haben wir darauf hingewiesen, dass die Medienpolitik die Chance hat, den Rundfunkbeitrag zu senken – auf ca. 15 Euro. Dazu muss sie gesetzgeberisch tätig werden. Auf die Finanzierung der Landesmedienanstalten hat die Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten (KEF) schon vor über 20 Jahren hingewiesen. Warum soll der Beitragszahler deren Tätigkeit bezahlen, zumal ein Teil der Mittel in andere Bereiche wie die Filmförderung fließen.
MediaLABcom: Halten Sie es für klug, wenn die Regulierten den Regulierer finanzieren?
Heiko Hilker: Was spricht noch dagegen, dass die Regulierten ihre Aufsicht selbst finanzieren, wenn gesichert ist, dass der Regulierer unabhängig arbeitet? Zudem wird so deutlich, ob das Geschäftsmodell gesamtgesellschaftlich gesehen wirtschaftlich tragfähig ist.
MediaLABcom: Ist angesichts einer schwindenden Medienvielfalt das Ansinnen der Medienanstalten, lokale und regionale Medienanbieter zu fördern, nicht zu begrüßen? Wäre diese Förderung nicht ein Argument, um dafür Gelder aus dem Rundfunkbeitrag, den wir alle zahlen, einzusetzen?
Heiko Hilker: Die Landesmedienanstalten haben zusammen ca. 100 Millionen Euro zur Verfügung. Eine Förderung durch die Landesmedienanstalten wird weder die Vielzahl der Anbieter noch die Medienvielfalt angemessen fördern können. Es sei denn, man erhöht deren Etats. Dafür müsste dann der Rundfunkbeitrag steigen.
Wenn der zum Beispiel um 1 Euro erhöht wird, hätte man ca. 450 Millionen Euro im Jahr zur Verfügung. Das wird nicht reichen, um bundesweit flächendeckend lokale und regionale Anbieter ausreichend zu fördern. Allein für die Zustellförderung der Zeitungen sind über 200 Millionen Euro im Gespräch.
MediaLABcom: Wie sollte eine Landesmedienanstalt in einer globalisierten Medienwelt aufgestellt sein, welche Aufgaben sollte sie übernehmen und wie sollen diese Ausgaben ihrer Meinung nach idealerweise finanziert werden?
Heiko Hilker: Die Medien haben eine der Demokratie dienende Funktion. Sie sollen der öffentlichen und individuellen Meinungs- und Willensbildung dienen. Neben den Zeitungen und Zeitschriften sowie den öffentlich-rechtlichen und privaten Radio- und Fernsehsendern hat sich das meinungsbildende Angebot weiter ausdifferenziert. Es gibt nicht nur Blogs, sondern auch internationale Medienplattformen, soziale Netzwerke und Intermediäre.
Die Landesmedienanstalten kommen aus dem analogen Zeitalter, einer Zeit des Mangels, also knapper Frequenzen. Heute stehen wir nicht vor der Frage, wie die Vielfalt mit wenigen Anbietern gesichert werden kann, sondern wie die hiesige Vielfalt in Zukunft noch zugänglich und relevant bleibt. Wir müssen also erst einmal uns darauf einigen, was das Mediensystem leisten soll, wie es aufgestellt und welche Vielfalt es bieten soll. Davon ausgehend können wir dann die Regulierung und deren Institutionen ableiten.
Es reicht nicht aus, das bisherige System nur angepasst fortzuschreiben. Wenn es stimmt, dass das digitale Zeitalter mit dem analogen nicht zu vergleichen ist, dann müssen wir eine dementsprechende Regulierung schaffen.
MediaLABcom: Medienpolitik ist Sache der Bundesländer. Für wie wahrscheinlich halten Sie eine Zentralisierung der Medienregulierung in Deutschland?
Heiko Hilker: Dazu wird es in den nächsten Jahren nicht kommen. Die Länder werden diesen Bereich nicht freiwillig abgeben.
MediaLABcom: Derzeit gibt es einige Bemühungen, den öffentlich-rechtlichen Rundfunk zu reformieren. Glauben Sie, dass über die Frage der Finanzierung durch den Rundfunkbeitrag auch bei den Landesmedienanstalten eine Reform angestoßen wird?
Heiko Hilker: Eine Reform der Landesmedienanstalten böte auch die Chance, den Rundfunkbeitrag zu senken. Doch die Reform der Landesmedienanstalten steht derzeit nicht auf der Agenda der Medienpolitik.
MediaLABcom: Vielen Dank für das Gespräch.
Medientage Mitteldeutschland fest in öffentlich-rechtlicher Hand
Michael Kayser
Am 3. und 4. Mai 2023 fanden die Medientage Mitteldeutschland in Leipzig statt. Die Veranstaltung hat in den vergangenen Jahren eine Neuausrichtung erfahren und sich thematisch stärker von den privaten Medien entfernt. Als Veranstalter treten fast ausschließlich öffentlich-rechtliche Organisationen auf, nur die Funke-Mediengruppe und der Verband Mitteldeutscher Privatradios (VMPR) sind von privater Seite Mitglieder im Trägerverein.
Unter den Teilnehmern der Panels war lediglich RTL als Vertreter des privaten Rundfunks vertreten. Ausführlich zu Wort kamen die Medienanstalten, die die privaten Programmveranstalter zulassen und kontrollieren. Für Kabelnetzbetreiber sind die Medientage Mitteldeutschland aufgrund ihres Fokus auf den Inhalten öffentlich-rechtlicher Programmanbieter und deren Zukunft mittlerweile hingegen eher uninteressant geworden.
„Kultur vor Acht“ statt „Börse vor Acht“
Wie rechtfertigen die öffentlich-rechtlichen Programmanbieter den Rundfunkbeitrag gegenüber jungen Menschen, die deren Angebot kaum noch nutzen? Das war eines der auf den Panels diskutierten Themen. „Kultur als Luxusgut“ war ein anderes: Dabei wurde „Kultur vor Acht“ statt „Börse vor Acht“ gefordert. Das Vertrauen des Publikums in Medieninhalte wurde im Eröffnungspanel „Im Krisenmodus: Mediennutzung und Glaubwürdigkeit“ beleuchtet.
„Das Internet der Monopole“ hieß ein Vortrag, in dem belegt wurde, dass vier Gruppen aus den USA die Meinungsbildung im Internet beherrschen. Google, Meta und Co. sind faktisch unkontrolliert, während wir in Deutschland Rundfunkräte und Medienanstalten für Radio und Fernsehen beschäftigen und jeder Satz überwacht wird! Da sich die Jugend aber immer mehr von den klassischen Medien abwendet, haben wir ein wachsendes Problem, das wir anscheinend nicht lösen können.
Es bleibt alles, wie es ist
„Medienvielfalt vs. Plattformökonomie? Auf die Regulierung kommt es an“ hieß ein Impuls-Statement von Dr. Wolfgang Kreißig, Vorsitzender der Direktorenkonferenz der Landesmedienanstalten (DLM), der trotz des neuen Staatsvertrags eigentlich keine Lösung wusste. Im „Flurfunk“ konnte man Gerüchte vernehmen, wonach das ZDF bei der Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten (KEF) Mittel für die SD-Verbreitung seiner Programme bis 2030 beantragt hat. Es bleibt also alles, wie es ist.
Rückkehr des Marktmächtigen? Studie legt zunehmende Marktdominanz der Deutschen Telekom nahe
Marc Hankmann
Ohne Zweifel besitzt der Glasfaserausbau in Deutschland eine hohe Dynamik, wie auch die aktuellen Zahlen des FTTH Councils zeigen (Lesen Sie hierzu den Beitrag „Checkliste des Versagens“ in dieser Ausgabe. Doch das Geld wird an anderer Stelle verdient: im alten Kupfernetz mit DSL. Grund genug für den Verband der Anbieter von Telekommunikations- und Mehrwertdiensten (VATM) nach dem Regulierer zu rufen, denn laut VATM versucht die Telekom, ihre Marktmacht aus der Kupfer- in die Glasfaserwelt zu übertragen.
Marktanteile zwischen Telekom und Wettbewerbern
Dazu hat der Verband Anfang Mai 2023 die Ergebnisse einer von Dialog Consult durchgeführten Analyse der Wettbewerbssituation im deutschen Festnetzmarkt vorgestellt. Von 39,5 Millionen Breitbandanschlüssen entfallen 2,2 Millionen (5,6 Prozent) auf FTTB/H-Anschlüsse der Telekom-Wettbewerber. Lediglich 0,8 Millionen FTTB/H-Anschlüsse (2 Prozent) schreibt die Studie der Telekom zu.
Ganz anders sieht es bei den kupferbasierten Breitbandanschlüssen aus. Mit 13,9 Millionen dieser Anschlüsse liegt der Marktanteil der Telekom bei 35,2 Prozent. Weitere 8 Millionen (20,3 Prozent) sind Anschlüsse der Wettbewerber über Bitstream bzw. Resale und 3,1 Millionen (7,9 Prozent) über die Teilnehmeranschlussleitung (TAL).
Anteil der Kupferanschlüsse nimmt nur langsam ab
Insgesamt heißt das: Bei über 70 Prozent aller Breitbandanschlüsse findet heute die Wertschöpfung auf dem DSL-Netz der Telekom statt, die nicht nur mit den eigenen, sondern auch an Anschlüssen der Wettbewerber mitverdient, die dieses Netz nutzen. Ein nennenswertes Gegengewicht bilden lediglich die Kabelnetzbetreiber mit 8,8 Millionen Breitbandanschlüssen (22,3 Prozent).
Natürlich nimmt der Anteil kupferbasierter Breitbandanschlüsse seit Jahren kontinuierlich ab. FTTB/H nimmt zu, Kabelinternet stagniert seit einigen Jahren. „Es wird aber mindestens noch fünf bis zehn Jahre dauern, bis die neuen Anschlüsse die Oberhand gewinnen, wenn nicht sogar länger“, prognostiziert Professor Dr. Peter Winzer, Gesellschafter von Dialog Consult und Professor für Telekommunikations- und Medienwirtschaft sowie Controlling an der Hochschule RheinMain.
Telekom durchweg im Plus
Was den VATM aber besonders umtreibt: Seit 2020 mach die Telekom laut Studie im DSL-Markt wieder Boden gut. Lag ihr Anteil vor drei Jahren noch bei 53,4 Prozent und der der Wettbewerber bei 45,7 Prozent, steigerte sich die Telekom bis 2022 auf 55,8 Prozent. Der Marktanteil der Wettbewerber ging auf 44,2 Prozent zurück. Zwar sind die Anteilsgewinne des Ex-Monopolisten rückläufig, aber die Wettbewerber befinden sich bereits seit drei Jahren im Minus.
Das wird besonders an den Beispielen 1&1 und Vodafone deutlich. Über alle Zugangstechnologien hinweg zählten die Düsseldorfer vor allem durch das Kabelinternet bis 2017 zu den Gewinnern. Seitdem nimmt die Zahl der vermarkteten Breitbandanschlüsse kontinuierlich ab. Laut der Studie hat Vodafone 2022 247.000 Breitbandanschlüsse verloren. 1&1 geriet bereits 2020 ins Minus und zählte im vergangenen Jahr 140.000 Breitbandanschlüsse weniger. Die Telekom hingegen ist über die Jahre durchweg im Plus.
FTTB/H: Telekom wird Wettbewerb überholen
Winzer sieht in dieser Entwicklung ein beginnendes Wettbewerbsproblem. „Hier muss man genau hinschauen, damit sich das nicht verstärkt“, sagt der TK-Professor. Waren die ersten Jahre noch von der laut Winzer typischen Situation geprägt, dass der Ex-Monopolist langsam Marktanteile verliert, stellt der TK-Experte seit 2020 fest, dass die Telekom ihre Anteile im gesamten Breitbandmarkt stabilisiert oder sogar ausbaut. „Hier ist zu befürchten, dass die massiven Glasfaserausbaupläne der Telekom vor allem durch den DSL-Markt gespeist werden“, sagt Winzer.
Dank dieser Ausbaupläne hole die Telekom im Glasfasermarkt langsam auf. Entfielen 2020 noch 63 Prozent der errichteten FTTB/H-Anschlüsse auf die Wettbewerber, sind es nach Schätzungen aus der Studie 2022 nur noch 57 Prozent. Gleichzeitig erhöht die Telekom ihren Anteil von 37 auf 43 Prozent. Aufgrund der Ankündigungen der Bonner ist es für Winzer nur noch eine Frage von drei oder vier Jahren, bis die Telekom den Wettbewerb überholt haben wird.
Ein wichtiger Treiber dieser Entwicklung ist die Preispolitik der Telekom. Dafür hat Dialog Consult zu verschiedenen Zeitpunkten die Angebote für Internettarife auf den Vergleichsportalen Verivox und Check24 analysiert. Das Fazit: Die Preise der Telekom lagen im Durchschnitt 20 bis 30 Prozent unter denen der Wettbewerber. Lediglich Vodafone kann mit Angeboten für Kabelinternet mithalten.
„Das rächt sich jetzt“
Der VATM sieht sich durch die Studienergebnisse in seinen Forderungen bestätigt. „Regulierung light ist noch nicht angezeigt“, sagte Verbandsgeschäftsführer Frederic Ufer. Regulierung light meint, dass die Bundesnetzagentur (BNetzA) zunächst die Marktentwicklung im VDSL- und FTTB/H-Bereich abwartet. Inzwischen habe sich aber laut Ufer der Fokus von der Kupfer-TAL auf den VDSL-Bitstream Access (BSA) verschoben.
„Die BNetzA selbst hat festgestellt, dass der VDSL-Bitstrom das Ankerprodukt der Branche ist“, erklärte Ufer, „und eben der ist nicht reguliert. Das rächt sich jetzt.“ Der unregulierte VDSL-BSA erlaube der Telekom eine strategische Preissetzung. „Die Bundesnetzagentur hat nicht mehr die Instrumente in der Hand, um dieses Produkt ausreichend zu untersuchen“, kritisierte der VATM-Geschäftsführer. „Hier muss die Bundesnetzagentur nachjustieren.“
Überrenditen
Ufer geht davon aus, dass die Telekom aufgrund ihrer hohen Marktanteile im DSL-Bereich auf ihrer Kupferinfrastruktur verharren und erst spät den Schalter auf FTTB/H umlegen werde. „Man muss sich vor Augen halten, dass die Telekom an jedem Kupferanschluss verdient, auch an denen, die sie an die Wettbewerber weitervermietet“, sagt der VATM-Geschäftsführer. „Die Überrenditen kann sie ganz komfortabel einsetzen, um später den eigenen Glasfaserausbau zu finanzieren.“
Zum einen sei zu befürchten, dass die Telekom auch im Glasfasermarkt ein Infrastrukturmonopol anstrebe, was wiederum Open Access und Wholebuy auf den Netzen der Wettbewerber erschwere. „Daher kommen die Aussagen aus dem Telekom-Konzern, dass man 2030 noch 70 Prozent der Infrastruktur halten möchte“, ergänzte Ufer. „Man hat also gar nicht vor, in ein Wholebuy-Geschäftsmodell zu wechseln.
Zum anderen werde die Telekom nach Ufers Ansicht nur dann Glasfaser ausbauen, wenn die Wettbewerber Druck aufbauen. „Das passiert gerade und führt dort zu einem punktuellen Überbau der Telekom, wo sie sich dieser Angriffe erwehren muss“, sagte Ufer bei der Präsentation der Studie. Das könne sie aber aus einer „Position der Stärke“ heraus, die sich aus der stabilen DSL-Kundenbasis speist, „um alternative Investitions- und Geschäftsmodelle zu stören und zu verhindern.“
BNetzA soll Markttests anpassen
Was muss also aus Sicht des VATM geschehen? Für den Verband stehen der Preis-Kosten-Scheren-Test, aber vor allem der Replizierbarkeitstest (Economic Replicability Test, ERT) der BNetzA in der Kritik und sollten nach Ansicht des VATM angepasst werden. „Das passiert auch in anderen Ländern, wie etwa in Spanien, wo der Test deutlich schärfer ausgelegt ist bei vergleichbaren Vorleistungssituationen“, sagte Ufer.
Er wundert sich, dass die BNetzA ihr Testprozedere nicht anfassen will. „Vorschläge und Gutachten liegen auf dem Tisch, die EU-Kommission, die Monopolkommission, alle äußern sich zu diesem Thema“, sagte Ufer. Höchste Relevanz hat für ihn die Regulierung des VDSL-Bitstrom-Produkts, um einen überprüfbaren Preisanker im Markt zu haben. „Aus unserer Sicht völlig unverständlich, dass man ein Produkt mit herausragender Bedeutung für das gesamte Preisgefüge identifiziert und dann die Zügel komplett lockerlässt.“
BNetzA: Isolierte Betrachtung problematisch
Die Gründe dafür seien laut Ufer kompliziert, warum sich die BNetzA nicht „aus der Deckung wagt“. Auf Anfrage von MediaLABcom erwidert die Behörde, dass eine isolierte Betrachtung dieses Marktsegments für die Bewertung der Wettbewerbsentwicklung problematisch sei. „Bleiben alternative und zukunftsorientierte Infrastrukturen außer Betracht, werden gerade diejenigen Anschlussarten mit besonders hohen Wettbewerberanteilen und besonderer Bedeutung für nachhaltige Wettbewerbsentwicklungen nicht berücksichtigt“, schreibt ein BNetzA-Sprecher.
Was er meint: Breitbandanschlüsse über Kabel- und Glasfasernetze liegen in den Händen der Telekom-Wettbewerber. „Entgegen der Entwicklung bei den DSL-Anschlüssen liegt der Wettbewerberanteil in Bezug auf die Breitbandanschlüsse von Endkunden insgesamt seit 2019 konstant bei etwa 61 Prozent“, so der Sprecher. Der konstante Wert sei ein Hinweis auf eine über alle Marktsegmente hinweg stabile Wettbewerbsentwicklung.
Genervte Behörde?
Der Kritik an den genannten Tests kann die BNetzA nichts abgewinnen. „Beide Tests werden seitens der zuständigen Beschlusskammer stets auf etwaigen Anpassungsbedarf hin überprüft, der sich insbesondere aus sich verändernden Marktgegebenheiten ergeben kann“, heißt es in der Antwort der Behörde.
Fast schon genervt klingt es, wenn die BNetzA darauf hinweist, dass der VATM „immer wieder“ bemängelt, mit Endkundenprodukten auf Telekom-Vorleistungsbasis keine ausreichenden Gewinne erwirtschaften zu können. Den Beschwerden sei die BNetzA in der Vergangenheit mehrfach nachgegangen und habe in mehreren Verfahren zugunsten der Telekom-Wettbewerber entschieden.
„Die Bundesnetzagentur wird Marktentwicklungen auch in Zukunft weiterhin im Blick behalten und ggf. anlassbezogen tätig werden“, schreibt die Behörde. Die Telekom hat trotz mehrmaligen Nachfragens bis zum Redaktionsschluss kein Statement auf die MediaLABcom-Anfrage abgegeben.
Checkliste des Versagens – die Fehler im deutschen Glasfaserausbau
Marc Hankmann
Wenn heutzutage irgendwo Gehwege oder Straßen aufgerissen werden, dann häufig, um Glasfaser zu verlegen. Die Netzbetreiber kündigen Woche für Woche neue Vereinbarungen mit Kommunen an oder feiern offizielle erste Spatenstiche. Läuft also, könnte man meinen. Wenn man jedoch die aktuelle Studie „FTTH adoption – drivers and hurdles in Europe“ des FTTH Council liest, kommt sie einem vor wie eine Checkliste des Versagens. Deutschland scheint demnach fast jeden Fehler zu machen, den man im Glasfaserausbau machen kann.
Nur Belgien ist schlechter
Laut den aktuellen Zahlen aus dem „FTTB/H Market Panorama“ des Council liegt die FTTB/H-Abdeckung in der EU und Großbritannien bei 55,3 Prozent. Die Take-up-Rate liegt im Schnitt bei 52,8 Prozent, allerdings mit erheblichen Unterschieden zwischen den Staaten. Das wird allein mit Blick auf Deutschland bereits ersichtlich. Das FTTH Council ermittelt im Market-Panorama, dass 23,6 Prozent der deutschen Haushalte einen FTTB/H-Anschluss besitzen (Homes passed). Das ist im Ranking des FTTH Council der vorletzten Platz vor Belgien.
Von diesen Homes passed nutzen den Glasfaseranschluss nur drei Millionen Haushalte (Homes activated) oder umgerechnet 7 Prozent aller deutschen Haushalte. Das ist der viertletzte Rang vor Österreich, Belgien und Griechenland. Mit einer Take-up-Rate von 29 Prozent ist kein Blumentopf zu gewinnen. Die einzige Liste, die Deutschland anführt, ist die mit den noch anzuschließenden Haushalten: knapp 33 Millionen. Das Vereinte Königreich als Zweiter muss noch etwas mehr als 17 Millionen Haushalte mit Glasfaser versorgen.
Dynamik im Ausbau ja, zahlende Kunden nein
Nun muss man festhalten, dass der Glasfaserausbau durchaus an Dynamik zugelegt hat. Laut FTTH Council gehört Deutschland zu den fünf am schnellsten wachsenden Märkten, zumindest was die Anzahl der Homes passed angeht. Von September 2021 bis September 2022 sind 1,8 Millionen Glasfaseranschlüsse hinzugekommen. Es gelingt aber nicht, diesen Erfolg in zahlende Kunden umzuwandeln, wie die schlechte Take-up-Rate zeigt.
In der Studie „FTTH adoption – drivers and hurdles in Europe“ hat das FTTH Council acht Länder miteinander verglichen: Dänemark, Großbritannien, Frankreich, Schweden, Italien, Spanien, Polen und Deutschland. Dabei wurden fünf grundlegende Faktoren identifiziert, die eine schnellere Marktdurchdringung für FTTB/H-Anschlüsse hemmen. Und wie sollte es anders sein: Wir kennen sie alle.
Festhalten an Kupfer und Infrastrukturwettbewerb
Als erstes Hemmnis nennt die Studie eine zu starke Fokussierung auf FTTC und die Aufrüstung der Kabelnetze mit DOCSIS 3.1. Wer mit 100 Mbit/s zufrieden ist, bleibt bei DSL oder Kabel und wählt nicht den Glasfaseranschluss, auch wenn der mehr Signalstabilität verspricht. Eine höhere Take-up-Rate wird laut FTTH Council aber auch dadurch torpediert, dass Kabelanschlüsse mit „Glasfaser“ beworben werden. In Ländern wie Dänemark, in denen nur FTTB/H-Anschlüsse mit dem Wort „Glasfaser“ beworben werden dürfen, können sich Glasfasernetzbetreibern stärker differenzieren – mit positiven Einfluss auf die Take-up-Rate.
Das FTTH Council sieht auch den von der Deutschen Telekom propagierten Infrastrukturwettbewerb als Treiber für Glasfaser an, verweist dabei auf Frankreich und Spanien sowie Dänemark und Schweden, zumal hier auch Wholesale funktioniert. Das gilt vor allem dann, wenn national bekannte Marken Wholesale nutzen. Hier steht Deutschland allerdings noch am Anfang.
Open Access und Überbau
Vor allem der Telekom wird vorgeworfen, lieber zu überbauen als zu kooperieren (lesen Sie dazu auch den Beitrag „Überbau von Glasfasernetzen: einfach nur Wettbewerb oder einfach nur gemein?“ aus der April-Ausgabe. Die Bonner halten den Wettbewerbern entgegen, dass es eine wirtschaftliche Entscheidung sei, wenn sie die Glasfasernetze der Konkurrenz überbaue. Hinzu kommt, dass Open Access keineswegs technisch standardisiert ist, wie etwa in Frankreich. Dementsprechend fehlt es an kommerziellen Wholesale-Einigungen, wie es sie in Spanien gibt.
Zusätzlich stellt das FTTH Council fest, dass vor allen in Ländern mit wenig Mehrfamilienhäusern, die Immobilienbesitzer wenig geneigt sind, die notwendigen Bauarbeiten für einen Glasfaseranschluss zu erdulden. Entsprechende Mitverlegungsvorgaben könnten das Dilemma lösen, würden sich aber erst in mehreren Jahren auf den Glasfaserausbau auswirken. Zu guter Letzt hemmen auch geringe Einkommen und eine niedrige Lese-Schreibkompetenz die Vermarktung von FTTB/H-Anschlüssen.
Laissez-faire-Philosophie der Regierung
Wie kann nun die Take-up-Rate erhöht werden? Das FTTH Council schlägt zunächst die Einführung von Vouchern vor. Das Thema ist in Deutschland jedoch politisch tot. Ohnehin wirft das Council der deutschen Regierung in Sachen FTTB/H-Ausbau Tatenlosigkeit vor. „Es scheine eine Laissez-faire-Philosophie zu herrschen, nach der der Markt es schon selbst schaffen wird, wenn er es für notwendig hält“, heißt es in der Studie. Klingt ein bisschen nach FDP.
Ein weiterer Vorschlag des Councils: Behörden und Verwaltungen sollten als gutes Beispiel vorangehen und ihre Liegenschaften mit Glasfaser erschließen lassen. In einigen Orten, in denen Netzbetreiber eine Vorvermarktung durchführen, wird dies auch gemacht, schließlich benötigen zum Beispiel Schulen einen Glasfaseranschluss, um digitales Lernen zu ermöglichen.
Eine klare Werberegulierung zur Verwendung des Worts „Glasfaser“ oder „Fiber“ hält das Council zwar für angebracht, inzwischen aber für relativ nutzlos, da diese Begriffe bereits zu lange in falschen Kontexten verwendet wurden. Stattdessen sollte man laut Council die Vermarktung von Bandbreiten transparenter gestalten. Kurzum: Anstelle des „bis zu“ sollte die tatsächliche Bandbreite beworben werden.
Wholesale-Verpflichtung und Migration
Zum Thema Wholesale schlägt das FTTH Council vor, Anreize oder gesetzliche Vorgaben zur Nutzung von Wholesale-Modellen durch national bekannte Anbieter zu schaffen, wenn es keine kommerziellen Einigungen gibt. Das wird der Telekom ebenso wenig gefallen, wie der Vorschlag einer graduellen Abschaltung kupferdrahtbasierter Netze. Das ist selbst für das FTTH-Council eher ein Zukunftsprojekt, wenngleich ökonomische und ökologische Gründe dafürsprechen.
In Deutschland wird über die Abschaltung kupferbasierter Netze und die Migration zu FTTB/H bereits diskutiert (lesen Sie hierzu den Beitrag „Wie der Übergang von Kupfer zu Glasfaser gestaltet werden kann“ aus der Februar-Ausgabe. Aber die hohen Gewinne, die die Telekom über DSL einfährt, lassen eher vermuten, dass sich der Ex-Monopolist so lang wie möglich gegen eine Abschaltung sträuben wird.
Prognose: Deutschland an der Spitze, aber dennoch mit einem Problem
Immerhin traut das FTTH Council Deutschland in Zukunft große Sprünge zu. „Im FTTH Forecast for Europe 2023-2028“ prognostiziert das Council 14,85 Millionen Homes activated im Jahr 2028. Das wäre der dritte Platz im Ranking hinter Frankreich und Spanien. Bei den Homes passed wäre Deutschland mit 33,454 Millionen Haushalten sogar Spitzenreiter – eine völlig ungewohnte Position im Glasfaserausbau.
Aber: Die Take-up-Rate bleibt auch 2028 mit 34 Prozent sehr gering (vorletzter Rang vor Österreich). Zum Vergleich: Für die EU inklusive Großbritannien prognostiziert das Council eine Rate von 58 Prozent. Es wird also viel gebaut, aber wenig genutzt. Glasfasernetze, die nur zu einem Drittel ausgelastet sind, rentieren sich nicht. Die Netzbetreiber bekämen ein Problem.
Veranstaltungshinweis
Dr. Jörn Krieger
HbbTV Symposium and Awards 2023 in Neapel
Das 11. HbbTV Symposium and Awards findet am 28. und 29. November 2023 in Neapel, Italien, statt. Die HbbTV Association veranstaltet das Gipfeltreffen der Connected-TV-Branche gemeinsam mit der italienischen Digital-TV-Agentur Comunicare Digitale.
Zum ersten Mal wird die Konferenz des jährlichen HbbTV Symposiums aufgeteilt in ein traditionelles Format mit Keynotes, Vorträgen und Gesprächsrunden am ersten Tag, während am zweiten Tag eine Unkonferenz stattfindet, bei der die Teilnehmer über die Tagesordnung, Themen und Diskussionen entscheiden und die Sessions und Ergebnisse selbst gestalten und vortragen.
Das HbbTV Symposium findet in der Stazione Marittima di Napoli statt, einem modernen Messe- und Kongresszentrum, das im Hafengebiet von Neapel am Mittelmeer liegt. Im Rahmen der Veranstaltung werden zum sechsten Mal die HbbTV Awards verliehen, die in verschiedenen Kategorien herausragende Leistungen von HbbTV-Anwendern auszeichnen.
Infos: https://www.hbbtv.org/event/11th-hbbtv-symposium-and-awards/
Kurzmeldungen
Dr. Jörn Krieger
GdW und Telekom einigen sich auf Glasfaserkooperation
Millionen Mieter in Deutschland sollen schneller einen Glasfaseranschluss bis in die Wohnung erhalten: Mit diesem Ziel haben sich der Spitzenverband der Wohnungswirtschaft GdW und die Deutsche Telekom auf gemeinsame Positionen zum Glasfaserausbau verständigt.
Telekom und GdW legen in ihrem Positionspapier Musterregelungen für die Wohnungsunternehmen vor. Dabei bietet die Telekom für Mitgliedsunternehmen in ihren Ausbaugebieten den Vollausbau und den Betrieb von Glasfasernetzen bis in die Wohnung (FTTH) kostenlos an. Zudem werden Wohnungsunternehmen früher und mit mehr individuellem Handlungsspielraum in den Glasfaseranschluss ihrer Grundstücke und Wohnungen eingebunden. Verträge und Planungsunterlagen werden vereinfacht, die Kommunikation besser abgestimmt. Auch die Vielfalt der Wohnungsunternehmen soll besser berücksichtigt werden, wie Telekom und GdW mitteilten.
M7 stärkt Glasfaseranbindung für Netzbetreiber
M7 erweitert die glasfaserbasierte TV-Signalzuführung zu seinen Partnern um lokale Zugangspunkte. Neben dem zentralen M7-Headend am Glasfaserknotenpunkt Equinix in Frankfurt am Main können Netzbetreiber damit Anknüpfungsstellen (PoPs) in der Nähe ihrer Kopfstationen nutzen, was die Anbindung einfacher und kostengünstiger macht.
Die lokalen PoPs werden von den M7-Kooperationspartnern Tele AG, IP Broadcast, envia TEL, Linspace Telecom und DNS:NET bereitgestellt und befinden sich an den Standorten Berlin, Düsseldorf, Frankfurt am Main, Hamburg, Leipzig und München. Die Netzbetreiber erhalten mit dem Produkt „M7 Livestream“ über die Glasfaserverbindung ein Signal im Kabel-TV-Standard DVB-C, das sie direkt in ihre Netze einspeisen können.
„Wir rücken näher an unsere Kunden heran und geben die Vorteile direkt an sie weiter. Die Zusammenarbeit mit lokalen PoP-Anbietern ist ein weiterer wichtiger Schritt im Zuge der laufenden Umstellung der TV-Signalzuführung zu unseren Kunden vom Satelliten auf leistungsstarke, flexible und zukunftssichere Glasfaserverbindungen“, sagte Marco Hellberg, Geschäftsführer der Eviso Germany GmbH, dem M7 Business Partner in Deutschland.
M7 stellt seit Frühjahr 2023 die TV-Signalzuführung zu den Netzbetreibern auf Glasfaser um: Die voll redundanten Anbindungen sind vor Ausfällen geschützt, ermöglichen laut M7 eine qualitativ hochwertige TV-Versorgung der Endkunden via Kabel und IPTV und lassen sich flexibel für mehr Programmvielfalt erweitern.
M7 bietet Netzbetreibern rund 130 Free-TV- und Pay-TV-Sender, Spartenkanäle und internationale Programme – der Großteil in HD-Bildqualität – inklusive interaktiver Zusatzfunktionen, darunter der Restart laufender Programme, TV-Aufzeichnungen via Network-PVR und Multiscreen-Nutzung per Smartphone- und Tablet-App. Zu den über 160 Kunden zählen Kabelgesellschaften, Stadtwerke, Glasfaseranbieter und regionale Telekommunikationsunternehmen.
willy.tel und wilhelm.tel wählen IPTV-Plattform von Ocilion
Die beiden norddeutschen Netzbetreiber willy.tel und wilhelm.tel haben sich dazu entschieden, ihr TV-Angebot mit einem eigenen IPTV-Produkt zu erweitern. Zum Einsatz kommt dabei die White-Label-Cloud-Lösung des IPTV-Dienstleisters Ocilion, die individuell an die Bedürfnisse der Unternehmen angepasst wird.
Mit der P510-4K-Set-Top-Box, First- und Second-Screen-Apps und einem maßgeschneiderten Funktions- und Content-Umfang würden willy.tel und wilhelm.tel ein umfassendes TV-Angebot für Privathaushalte und die Wohnungswirtschaft schnüren, wie Ocilion mitteilte. Beide Netzbetreiber wollen im Laufe des Jahres mit ihrem IPTV-Produkt starten.
„Mit willy.tel und wilhelm.tel konnten wir zwei große und namhafte Netzbetreiber für unsere IPTV-Plattform begeistern. Dank der Flexibilität des Dienstes können sie damit sowohl ihre Endkundenhaushalte als auch die Wohnungswirtschaft – mit einer Upselling-Möglichkeit – bedienen“, sagte Ocilion-Geschäftsführer Hans Kühberger. Für jedes Anwendungsszenario gebe es damit ein maßgeschneidertes Produkt – komplett unter eigener Marke.
CarMa investiert in Glasfaser Direkt / Insolvenz beendet
Mit CarMa networks konnte ein neuer Investor für Glasfaser Direkt gefunden und das Insolvenzverfahren abgeschlossen werden. „Diese erfreuliche Entwicklung ist das Ergebnis einer kooperativen wie konstruktiven Zusammenarbeit aller Beteiligten. Gerade das Thema des Breitbandausbaus spielt derzeit eine große Rolle in Deutschland. Wir freuen uns, für das Unternehmen eine Lösung gefunden zu haben, die es ihm ermöglicht, den Geschäftsbetrieb weiterzuführen“, sagte Sanierungsexperte Dr. Mark Boddenberg der Insolvenzrechtskanzlei Eckert, der das Verfahren als Generalhandlungsbevollmächtigter begleitet hat.
„Als Teil der CarMa-Gruppe hat das Unternehmen künftig die Möglichkeit, die bestehenden Projekte fortzuführen, neue Glasfaserausbauprojekte in Angriff zu nehmen und damit den Breitbandausbau bundesweit voranzutreiben“, ergänzt André Laner der Beratungsgesellschaft Ebner Stolz, die das Verfahren und die Unternehmenstransaktion begleitet hat.
Carrier Management Holding (CarMa) ist ein strategischer Investor mit dem Schwerpunkt Telekommunikationsbranche. Das Unternehmen mit Sitz in Bremerhaven will nun zeitnah Kontakt zu den betroffenen Städten und Gemeinden aufnehmen, um gemeinsam die nächsten Schritte abzustimmen.
Glasfaser Direkt hatte am 9. Februar 2023 einen Antrag auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens beim Amtsgericht Köln gestellt. Hintergründe waren neben der veränderten Marktlage und der damit einhergehenden Herausforderungen wie Inflation, Lieferkettenschwierigkeiten und gestiegene Bau- und Materialkosten auch der Rückzug des britischen Investors John Laing aus dem Glasfaserausbau in Deutschland.
Satellit bleibt meistgenutzter TV-Empfangsweg
Der Satellit ist weiterhin der meistgenutzte TV-Empfangsweg in Deutschland. Insgesamt ging die Zahl der TV-Haushalte 2022 auf 36,3 Millionen zurück (2021: 37,22 Millionen). Das Satellitenfernsehen erreicht mit 16,34 Millionen TV-Haushalten einen Marktanteil von 45 Prozent (2020: 17 Millionen bzw. 45,7 Prozent). Das Kabelfernsehen versorgt 15,21 Millionen TV-Haushalte und erzielt einen Marktanteil von 41,9 Prozent (2021: 15,58 Millionen bzw. 41,9 Prozent). IPTV legt auf 3,61 Millionen TV-Haushalte zu, das entspricht einem Marktanteil von 9,9 Prozent (2021: 3,31 Millionen bzw. 8,9 Prozent). Die Zahl der DVB-T2-Haushalte liegt bei 1,14 Millionen oder umgerechnet 3,1 Prozent (2021: 1,33 Millionen bzw. 3,6 Prozent).
Das sind die Kernergebnisse des aktuellen Astra TV-Monitors 2022, den das Marktforschungsinstitut Kantar jährlich im Auftrag des Satellitenbetreibers Astra erhebt. Sie basieren auf 36,3 Millionen TV-Haushalten in Deutschland. Die Befragung der deutschlandweit insgesamt 6.000 Haushalte fand Ende 2022 statt. Bei der Auswertung wurde jeweils der Erstempfangsweg, also das Hauptempfangsgerät der Haushalte, berücksichtigt.
Die Zahl der HD-Haushalte in Deutschland lag laut Monitor 2022 bei 33,43 Millionen (2021: 33,76 Millionen). Damit empfingen 92 Prozent aller TV-Haushalte in Deutschland ihr Programm in HD-Qualität. Das Satellitenfernsehen ist mit 15,24 Millionen erreichten Haushalten der führende Verbreitungsweg für HD-Programme, gefolgt von Kabel mit 13,45 Millionen, IPTV (3,6 Millionen) und DVB-T2 (1,14 Millionen). Die HD-Lücke ist immer noch beträchtlich: 2,87 Millionen TV-Haushalte empfangen ihr TV-Programm ausschließlich in SD-Qualität, darunter 1,1 Millionen Satellitenhaushalte.
Media Broadcast und Ateme modernisieren Lokal-TV-Zuführungsnetz der bmt
Der Technikdienstleister Media Broadcast und Ateme, ein Anbieter von Video-Komprimierungslösungen, haben für die Bayerische Medien Technik (bmt) in den vergangenen Monaten deren Zuführungsnetz für Lokal-TV-Stationen in Bayern modernisiert. Mit der neuen, IP-basierten Aufbereitung und Zuführung der Programme zum Playout-Center der bmt in München haben die TV-Anbieter nach Angaben der Partner die Möglichkeit, sowohl ihre Bildqualität zu steigern als auch zukünftig zusätzliche Features wie zum Beispiel flexible Logo und Ad Insertion zu nutzen.
Die Encodierung und Übertragung der Programme erfolgt über die skalierbare, rein softwarebasierte TITAN-Videoverarbeitungslösung von Ateme. Im TV-Playout der bmt werden die 19 Lokalprogramme aufbereitet und an die Verbreitungswege Kabel, OTT (Over the top) und Satellit verteilt.
Durch die Integration der Software in das Netzmanagement von Media Broadcast ist es möglich, die technischen Parameter der einzelnen Programme wie Latenz und Bandbreite bestmöglich und individuell an die Anforderungen der Programmanbieter anzupassen. Gleichzeitig schafft die Softwarelösung die Voraussetzungen, um den Anbietern zukünftig durch flexible Ad Insertion neue Möglichkeiten zur Monetarisierung ihres Angebotes zu bieten. Weitere neue Features sind die Erzeugung von Untertiteln im Encoder und die Logo-Insertion in die einzelnen Programme durch den Plattformbetreiber mit Hilfe von Triggersignalen aus dem Studio.
„Wir freuen uns, dass wir die bmt und ihre Kunden mit unserem Netzkonzept auf Basis der Ateme-Videolösungen überzeugen konnten. Damit können alle Beteiligten die vorhandenen Ressourcen optimal nutzen“, sagte Daniel Wolbers, Leiter Bid- und Solutionmanagement bei Media Broadcast. „Ein wichtiges zukünftiges Feature dabei ist die Ad Insertion. Dadurch könnten die Programmanbieter ihre Zielgruppen noch genauer adressieren und personalisierte Werbeblöcke einspielen.“
SWR übernimmt hr-Sendeabwicklung, BR folgt
Der Südwestrundfunk (SWR) und der Hessische Rundfunk (hr) rücken näher zusammen und kooperieren bei der Sendeabwicklung: Das hr Fernsehen wird künftig nicht mehr vom hr in Frankfurt am Main, sondern vom SWR aus dem Funkhaus Baden-Baden technisch abgewickelt. Von dort aus läuft die Sendeabwicklung bereits zentral für das SWR Fernsehen, für das SR Fernsehen des Saarländischen Rundfunks sowie für den ARD-Bildungskanal ARD alpha. Das hr Fernsehen kommt nun hinzu.
„Wir bündeln unsere Kräfte, machen damit Ressourcen frei, um in der ARD auch zukünftig technisch auf höchstem Niveau zu arbeiten“, sagte Kai Gniffke, SWR-Intendant und ARD-Vorsitzender. Nach einer Testphase geht die neue Sendeabwicklung für das hr Fernsehen nun in den Regelbetrieb. Im Herbst 2023 folgt nach aktuellem Zeitplan das BR Fernsehen, das dann ebenfalls technisch aus Baden-Baden abgewickelt wird.
„Die Kooperation in der Sendeabwicklung ist ein hervorragendes Beispiel, wie das Miteinander in der ARD ganz praktisch funktioniert - auch als Blaupause für die Zukunft“, sagte Gniffke: „Nicht jeder macht künftig alles, sondern die Landesrundfunkanstalten kooperieren dort, wo es Qualität und Effizienz hebt.“
Die gemeinsame Sendeabwicklung beschränkt sich auf den technischen Part der Ausstrahlung, der die einzelnen Programmelemente zu den fertigen linearen Sendesignalen für alle Verbreitungswege zusammensetzt. Für den Inhalt der Programme sind weiterhin die einzelnen Landesrundfunkanstalten zuständig, die Gestaltung läuft in deren Verantwortung.
Die Neuaufstellung der Sendeabwicklung unter Federführung des SWR ist Teil der ARD-Strukturreform, die Arbeitsteilung und Bündelung von Kompetenzen vorsieht, auch um Betriebskosten im Bereich der technischen Infrastruktur zu senken. In der Sendeabwicklung entsteht so die gemeinsame „Südschiene“, die alle ARD-Sender in Süddeutschland bündelt.
Die rein softwarebasierten Sendestraßen für die einzelnen Fernsehprogramme werden in Baden-Baden im Playout-Center ausgespielt, das in einem 24-Stunden-Betrieb sieben Tage die Woche arbeitet. Hierdurch können auch im Personaleinsatz Synergieeffekte erreicht werden. Die Technik ist hierfür in einer halbjährigen Umsetzungsphase aufgerüstet worden.
Vodafone holt RTL+ als App zu GigaTV
Vodafone integriert den Streamingdienst RTL+ als vorinstallierte App auf seiner TV-Plattform GigaTV. Die RTL+-App ist ab sofort auf dem Kabelreceiver GigaTV Cable Box 2 verfügbar, in Kürze soll die GigaTV Cable Box 1 folgen. Zudem kann die RTL+-App auf den Vodafone-OTT-Boxen GigaTV Net Box und Apple TV 4K in den jeweiligen App Stores heruntergeladen werden.
„Mit RTL+ integrieren wir den führenden deutschen Streamingdienst in GigaTV. Die App ist eine großartige Ergänzung zu unserem schon heute sehr umfangreichen TV- und Entertainment-Angebot. Durch die Partnerschaft mit RTL+ profitieren unsere GigaTV-Kunden von noch mehr Auswahlmöglichkeiten und erhalten Zugang zu einer breiten Auswahl an Filmen, Serien, Shows, Nachrichten und Dokumentationen“, sagte Marc Albers, Bereichsleiter Breitband bei Vodafone.
Entstanden ist die RTL+-App in Zusammenarbeit mit der TeraVolt GmbH aus Hamburg, die sich auf die Entwicklung von Apps spezialisiert hat.
waipu.tv erreicht über eine Million Abo-Kunden
Der TV-Streaming-Anbieter waipu.tv hat die Marke von einer Million zahlender Kunden überschritten. Hinzu kommen über drei Millionen Nutzer des kostenfreien Angebots, wie der Betreiber Exaring in München mitteilte. Neben Endkunden versorgt das Unternehmen auch Mobilfunkgesellschaften und Netzbetreiber mit einem TV-Produkt als B2B-Angebot zur Vermarktung an ihre Kunden, darunter das Mutterunternehmen Freenet sowie o2, die Deutsche Glasfaser und regionale Internetanbieter.
Neuer „Call to Europe“, um UHF-Frequenzen für Rundfunk zu erhalten
Mit dem dritten „Call to Europe“ fordern mehr als 100 Medien- und Kulturorganisationen sowie Künstler in 22 Ländern, das UHF-Frequenzband (470 bis 694 MHz) langfristig für die terrestrische TV-Verbreitung und drahtlose Produktionsmittel wie Funkmikrofone zu sichern. Adressaten der Forderung sind politische Entscheidungsträger und Regulierungsbehörden in ganz Europa.
Der Aufruf hat einen aktuellen Anlass: Die EU-Kommission will im Mai 2023 ihre Entscheidung für die Weltfunkkonferenz WRC-23 bekannt geben. Das von Medien und Kultureinrichtungen genutzte Frequenzband könnte dabei im Rahmen der so genannten co-primären Zuteilung an mobile Breitbanddienste übertragen werden. Zudem wird diskutiert, Organisationen mit Sicherheitsaufgaben einen Teil des Frequenzbandes zuzuweisen. Die Frequenzen ständen dann nicht mehr für TV und Produktion zur Verfügung.
Die Allianz für Rundfunk- und Kulturfrequenzen appelliert anlässlich des „Call to Europe“, auf vorschnelle und irreversible Entscheidungen für die Zukunft der gemeinwohlorientierten Rundfunk- und Kulturlandschaft zu verzichten. Der Wortlaut des „Call to Europe“ ist hier zu finden, die Übersicht der Unterzeichner ist hier abrufbar.
Österreich: ProSiebenSat.1 ersetzt Zappn durch Joyn
ProSiebenSat.1 hat seinen österreichischen Streamingdienst Zappn in Joyn umgewandelt, das damit die zentrale, einheitliche Streaming-Marke des Medienkonzerns wird.
Wie in Deutschland, umfasst das kostenlose, werbefinanzierte Angebot Livestreams der öffentlich-rechtlichen und privaten Fernsehprogramme, vom ORF über die ProSiebenSat.1-Sender bis zu Spartenkanälen wie Sport1 und Euronews – insgesamt über 50 Kanäle. Die RTL-Sender sind wie in Deutschland nicht dabei. Daneben gibt es zahlreiche Abrufinhalte, programmbegleitende Angebot und alle großen nationalen Radiostationen.
Joyn ist als App auf Smart-TVs, Smartphones und Tablets sowie direkt im Web unter www.joyn.at erreichbar.
Partner:
Fachverband Rundfunk- und BreitbandKommunikation
Herausgeber: Heinz-Peter Labonte (V.i.S.d.P.)
Redaktion: Marc Hankmann (Leitung),
Dr. Jörn Krieger
MediaLABcom ist ein Angebot der LABcom GmbH
Hier können Sie sich von unserem Verteiler abmelden.
Ihre E-Mail-Adresse wird umgehend aus unserer Datenbank ausgetragen und Sie erhalten keine weiteren E-Mails.
© 2022 LABcom GmbH