Am 14. und 15. September 2022 veranstaltet der Fachverband Rundfunk- und BreitbandKommunikation (FRK) seinen Breitbandkongress in Leipzig. Wolfgang Heer ist zum wiederholten Male als Diskussionsteilnehmer mit dabei. MediaLABcom sprach mit dem Geschäftsführer des Bundesverbands Glasfaseranschluss (BUGLAS) über Kooperationen mit der Wohnungswirtschaft und der Deutschen Telekom, über die jüngste Regulierungsverfügung der Bundesnetzagentur (BNetzA), exogene Schocks und einen Förderungs-Overkill.
MediaLABcom: Herr Heer, die neue Gigabitstrategie des Bundes, das ebenfalls noch recht junge Telekommunikationsmodernisierungsgesetz (TKMoG) und jetzt noch die Regulierungsverfügung über den Zugang zum Netz der Deutschen Telekom. An Themen mangelt es dem BUGLAS nicht.
Wolfang Heer: Keineswegs. Das Gegenteil ist der Fall. Die Themen, die Sie erwähnen, sind aus dem politischen und regulatorischen Bereich. Hinzu kommt noch das große Thema Open Access. Hier haben wir zwei Rahmenverträge mit Telefónica Deutschland sowie 1&1 zur Glasfaseranbindung von 5G-Mobilfunkstationen abgeschlossen. Wir verhandeln zudem gerade mit einem großen Vorleistungsanbieter über den Bitstromzugang zu den Netzen unserer Mitglieder. Für die sind diese Kooperationen echte Meilensteine, denn sie führen zu einer schnelleren Netzauslastung und Refinanzierung der getätigten Investitionen.
Schließlich kommen jetzt noch die Themen Resilienz und Sicherheit in den Netzen hinzu. Darüber werden wir unter anderem auf dem BUGLAS-Jahreskongress am 22. September 2022 diskutieren. Seit 2020 jagt ein exogener Schock den anderen: Coronapandemie, Flutkatastrophe im Rheinland, Russlands Angriffskrieg, Material- und Lieferengpässe usw. Da wird die Resilienz von Telekommunikationsnetzen zum zentralen Thema für uns.
MediaLABcom: Vorher nehmen Sie noch an einer Podiumsdiskussion auf dem Breitbandkongress des FRK teil. Was zeichnet diese Veranstaltung aus, weshalb Sie sich zur Teilnahme entschlossen haben?
Wolfang Heer: Ich bin jetzt bereits das vierte Mal auf dem FRK-Breitbandkongress, weil die Veranstaltung einfach gut ist: kurze Wege, ein nettes Zusammenkommen. Hier treffe ich immer wieder interessante Personen und kann gute Gespräche führen. Daher fiel die Entscheidung, den Breitbandkongress in diesem Jahr wieder zu besuchen, nicht schwer. Trotz einer erschwerten Anreise, denn früher konnte ich von Köln-Bonn aus morgens nach Leipzig fliegen und abends wieder zurück. Ich werde jetzt aber mit der Bahn anreisen, was etwas mehr Zeit in Anspruch nimmt, dafür aber klimafreundlicher ist. Ich freue mich jedenfalls auf zwei spannende Tage.
MediaLABcom: Bei der Diskussionsrunde geht es um Kooperationen zwischen der Wohnungswirtschaft und Netzbetreibern. Wo liegen hier die Reibungspunkte?
Wolfang Heer: Zunächst ist die Wohnungswirtschaft für unsere Mitglieder aufgrund der Synergieeffekte eine sehr wichtige Kundengruppe. Ein Gebäude mit mehreren Wohnungen muss halt nur einmal erschlossen werden, um auf einen Schlag mehrere Kunden zu erhalten. Unter den Vermarktungsvideos, die wir für unsere Mitglieder produzieren, befindet sich beispielsweise auch ein spezielles Video zur Ansprache der Wohnungswirtschaft über die unterschiedlichen Vermarktungskanäle.
Natürlich gibt es auch Reibungspunkte. Der Mensch ist von Natur aus veränderungsavers. Daher fragen sich Immobilienbesitzer und -verwalter schon, ob es neuer Anschlüsse für schnelles Internet & Co. jetzt bedarf – vereinfacht gesagt. Um die Beantwortung dieser Frage kommen sie aber über kurz oder lang nicht herum, denn die Ansprüche ihrer Mieter an eine hochperformante Kommunikation steigen.
Etwas komplexer ist die Sachlage bei den Fragen, wer wann für was bezahlt und wem was gehört. Man kann natürlich so tun, als entstünden beim Glasfaserausbau keine Kosten, aber letztendlich kommen FTTH-Netze nicht umsonst ins Haus und einer muss dafür bezahlen. Verursachungsgerechte Nutzungsentgelte finden wir beim BUGLAS grundsätzlich gut. Die sind zwar nun etwas anders geregelt, aber auch das dürfte kein Thema sein, an dem der Inhouse-Glasfaserausbau scheitern sollte.
MediaLABcom: Wird es denn auf der Netzebene 4 eine Koexistenz von Glasfaser und HFC geben oder wird die Glasfaser letztendlich das Koaxkabel im Haus verdrängen?
Wolfang Heer: Da ist unsere Antwort ganz klar: Langfristig wird sich auf der Netzebene 4 aufgrund ihrer höheren Leistungsfähigkeit und Performanz die Glasfaser durchsetzen. Das kann je nach der Qualität des bestehenden Netzes noch ein paar Jahre dauern. So lange wird es eine Ko-Existenz von HFC und FTTH geben. Schließlich ist der Kabel-Footprint sehr groß und das muss man erst einmal nachbauen. Außerdem wird niemand das Koaxkabel aus der Wand reißen, weil es mit Glasfaser überbaut wird. Wettbewerb darf man hier nicht nur fordern, man muss ihn auch zulassen.
MediaLABcom: Sie sprachen anfangs schon das Thema Kooperationen an. Welches Potenzial sehen Sie für BUGLAS-Mitglieder in Kooperationen mit Wohnungsunternehmen?
Wolfang Heer: Kooperation ist immer besser als Konfrontation oder das Durchsetzen von Positionen mit dem Gesetzbuch in der Hand. Angesichts von einigen Millionen wohnungswirtschaftlich genutzten Gebäuden hierzulande und dem Versorgungsanspruch unserer Verbandsmitglieder stellt sich die Frage eigentlich gar nicht, ob wir mit der Wohnungswirtschaft kooperieren wollen. Die Antwort ist ein klares Ja. Schließlich profitieren auch die Immobilienbesitzer, denn sie können Mietern mit dem Glasfaseranschluss höherwertige Wohnungen anbieten.
MediaLABcom: Zu Kooperationen mit der Telekom wird auf dem FRK-Breitbandkongress BUGLAS-Präsident Theo Weirich sprechen und dabei auf die Kooperation seines Unternehmens wilhelm.tel mit der Telekom eingehen. Welche Signalwirkung geht Ihrer Meinung nach von dieser Kooperation aus?
Wolfang Heer: Ich erhoffe mir sehr viel von dieser Kooperation. Der BUGLAS steht seit vielen Jahren für Open Access. Dabei gilt es, verschiedene technische, rechtliche und organisatorische Fragen zu klären, wie wir jetzt auch in den Verhandlungen mit zukünftigen Kooperationspartnern sehen: von verantwortlichen Ansprechpartnern über Prozessautomatisation bis hin zu Service Level Agreements und noch vieles mehr. Theo Weirich lebt das Prinzip „Equivalence of Input“ vor. Davon erhoffe ich mir eine Signalwirkung für andere Netzbetreiber.
Die Telekom betont zwar immer, dass sie kooperieren möchte, aber so richtig sehe ich das noch nicht. Hier wünsche ich mir von der Telekom und auch von anderen großen Netzbetreibern mehr Engagement. Schließlich kann keiner allein unser Land ausbauen. Und wenn ein Signal wichtig ist, dann dieses: Glasfaser-Mikado war gestern. Es darf nicht sein, dass derjenige, der sich als Erster bewegt, verliert, weil ein Großer ankommt, sobald ein Kleiner ausbauen will, und dessen Pläne durch Überbau torpediert. Zumindest nicht dann, wenn ein offener Zugang zum ersten Netz auf dem Verhandlungswege angeboten wird.
Natürlich muss sich jeder darüber im Klaren sein, dass Open Access auch bedeutet, die Wertschöpfung zu teilen. Aber das ist allemal besser, als Investitionen stranden zu lassen. „Sunk invest“ braucht nun wirklich niemand. Daher erhoffe ich mir von der Kooperation zwischen wilhelm.tel und der Telekom auch das Signal, dass es nicht immer der sinnlose, vielleicht sogar strategisch motivierte Überbau sein muss, sondern dass die synergetische Nutzung von bereits getätigten Investitionen dazu führt, die Netzauslastung zu erhöhen und die Refinanzierbarkeit zu beschleunigen, um dann wiederum schneller in den Glasfaserausbau investieren zu können.
MediaLABcom: Nehmen Sie im Fahrwasser der Kooperation zwischen wilhelm.tel und der Telekom unter kleinen und mittelständischen Netzbetreibern ein gesteigertes Interesse an Kooperationen mit dem einstigen Staatsunternehmen wahr?
Wolfang Heer: Unter unseren Mitgliedern bemerken wir ein großes Interesse an Kooperationen mit der Telekom. Wir sprechen ja auch mit dem Konzern über dieses Thema, etwa in der Arbeitsgruppe „Open Access“ im Gigabit-Forum, die der BUGLAS leitet und in der auch die Telekom aktiv ist.
Natürlich hat die Telekom, so wie andere große Netzbetreiber auch, kein Interesse daran, jede Kooperation mit einem kleinen oder mittelständischen Betreiber immer wieder von vorne durchzudeklinieren. Umgekehrt hat ein kleineres Unternehmen die Befürchtung, in Verhandlungen mit einem Konzern nie auf Augenhöhe zu sein. Dieses Dilemma lösen wir über unsere Rahmenverträge, auch um Transaktionskosten zu minimieren. Ich bin mir sicher, dass sich Kooperationen auf Basis unserer Verträge positiv auf den Markt auswirken werden.
MediaLABcom: Durch das TKMoG wurde die Umlagefähigkeit der Netzbetriebskosten reformiert. Damit scheint weder die Wohnungswirtschaft noch die TK-Branche zufrieden zu sein. Wie müsste der Gesetzgeber nachbessern?
Wolfang Heer: Die Motivation des Gesetzgebers, die bisherige Umlagefähigkeit zu verändern, war nachvollziehbar. Es ist schon mal gut, dass sie nicht komplett gestrichen wurde, wie es zeitweise angedacht war. Aber: Die Kosten für die Inhouse-Verkabelung sind zu niedrig angesetzt. Wir wissen aus Umfragen unter unseren Mitgliedern, dass man die Kosten nicht bei 300, sondern eher zwischen 300 und 500 Euro pro Wohneinheit ansetzen muss. Und wir haben natürlich mit netto gerechnet, aber der Gesetzgeber hat brutto ins Gesetz geschrieben, sodass netto nur noch rund 250 Euro übrigbleiben. Und das ist de facto zu wenig. Es handelt sich schließlich um eine Vollkostenrechnung, das heißt, es müssen auch die Kosten für das Anfahren des Gebäudes, das Einrichten des Anschlusses usw. mit einkalkuliert werden.
Punkt 2 sind die ungeklärten Eigentumsrechte. Es ist nicht geklärt, wer das Netz nach dessen Bau besitzt. Wenn die 250 Euro nicht kostendeckend sind, ja wem gehört das Netz denn dann am Ende: dem Netzbetreiber oder dem Wohnungsunternehmen? Um diese zugegeben schwierige Frage hat sich der Gesetzgeber gedrückt.
Darüber hinaus muss bei der Verpflichtung des Netzbetreibers nachgebessert werden, Dritten unentgeltlich Zugang zum neuen Netz zu gewähren, denn dieser Zugang, wie auch immer der aussehen mag, verursacht in jedem Fall Kosten und sei es nur, weil ein Techniker im Gebäude tätig werden muss. Solche Kosten können derzeit nicht umgelegt werden. Bei diesen drei Punkten sehen wir noch Luft nach oben.
MediaLABcom: Ist der Gesetzgeber denn bereit, über diese Themen zu sprechen?
Wolfang Heer: Ja, durchaus. Wir hatten Anfang August 2022 neben weiteren auch ein sehr gutes Treffen an verantwortlicher Stelle im Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur mit der Abteilung „Digitale Konnektivität“. Dabei wurden wir proaktiv gefragt, wie wir die Umlagefähigkeit einschätzen. Das TKMoG ist erst ein paar Monate in Kraft, weshalb wir zunächst die Marktentwicklung beobachten wollen und einen weiteren Austausch vereinbart haben.
MediaLABcom: Ziel des Gesetzgebers bei der neuen Umlagefähigkeit war es, Chancengleichheit zwischen Kabel- und anderen Netzbetreibern herzustellen. Chancengleichheit soll auch durch die Regulierungsverfügung der BNetzA beim Zugang zum Festnetz der Deutschen Telekom gewährleistet werden. Ist das gelungen?
Wolfang Heer: Nun ja, als Rheinländer bin ich mit einer gehörigen Portion Optimismus gesegnet und vielleicht muss man diese Verfügung so sehen, dass sie die Lage zumindest etwas verbessert. Chancengleichheit wird mit ihr aber schlussendlich nicht erreicht – aus verschiedenen Gründen. Das Prinzip „Equivalence of Input“ ist von der BNetzA nur unzureichend berücksichtigt worden. Es gibt beispielsweise ein Planungstool, das die Telekom nutzt, zu dem aber sonst niemand Zugang hat.
Punkt 2: Die Verfügung beachtet eine EU-Vorgabe zur Nachbildbarkeit von Produkten zu wenig. Die Telekom kann Quadruple-Play-Angebote machen. Solche Angebote kann aber niemand nachbilden, weil es keine Diensteanbieterverpflichtung im Mobilfunk für LTE oder besser gibt. Die EU schreibt dem Regulierer vor, sich am Produktportfolio des zu regulierenden Unternehmens zu orientieren. Die BNetzA bezieht die Nachbildbarkeit auf ein einziges Flagship-Produkt, den Internetzugang mit 100 Mbit/s. Ob der angesichts der steigenden Nachfrage der Konsumenten nach höheren Bandbreiten wirklich Flagship-Charakter hat, würde ich spätestens mittelfristig in Frage stellen wollen.
Und drittens: Die in der Verfügung aufgeführten Commitment-Modelle ähneln den früheren Kontingentmodellen – sie eignen sich im Wesentlichen nur für große Netzbetreiber. Kleine und mittelständische Netzbetreiber bleiben bei den Commitment-Modellen außen vor. Lange Rede, kurzer Sinn: Chancengleichheit wird mit der Regulierungsverfügung nicht erreicht.
MediaLABcom: Sie befürchten, dass durch eine gelockerte Regulierung bereits getätigte Investitionen Ihrer Mitglieder gefährdet oder sogar entwertet werden. Wie könnte das geschehen?
Wolfang Heer: Sehr gute Frage, mit der wir zum Grundproblem von Regulierung und Wettbewerb vorstoßen. Auf der einen Seite habe ich ein marktmächtiges Unternehmen, das aufgrund seiner Marktmacht attraktive Angebote mit einer großen Reichweite machen kann. Auf der anderen Seite entsteht über den Glasfaserausbau eine komplett neue Infrastruktur, um die zukünftige Nachfrage abzudecken. Es muss also eine Regulierung gefunden werden, die den Glasfaserausbau incentiviert und gleichzeitig dem marktmächtigen Unternehmen mit seiner bestehenden Infrastruktur auskömmliche Umsätze beschert.
Das ist ein schmaler Grat. Eine zu lockere Regulierung reizt zu einem wettbewerbsschädlichen Verhalten an. Das geht zu Lasten derer, die neue Netze errichten. Von denen Schaden abzuwenden, sollte hingegen das Ziel jeder Regulierung sein. Wenn der Regulierer schon jemanden bevorzugen will, dann doch lieber die, die Netze für die Zukunft bauen und nicht die Besitzstandsbewahrer.
Zu beachten ist weiterhin, dass ein Nachgeben bei der Forderung nach Regulierungserleichterungen dazu führen könnte, dass aus der ex-ante- eine ex-post-Regulierung wird. Bei letzterer kommt es im Wesentlichen darauf an, dass der Regulierer in die Lage versetzt wird, sehr schnell auf Marktversagen reagieren zu können. Wenn der Regulierer den Marktmächtigen ein paar Monate unbehelligt machen lässt, kann der betroffene kleine Netzbetreiber mit seinen Investitionen am Ende sein, bevor die BNetzA einschreitet. Wir brauchen einen Sheriff, der gut zielen und schnell feuern kann.
MediaLABcom: Das Thema Investitionen spielt auf dem Breitbandkongress des FRK ebenfalls eine Rolle, denn inzwischen haben auch Finanzinvestoren wie etwa jüngst die DWS den Breitbandausbau für sich erkannt. Worauf müssen kleine und mittelständische Netzbetreiber achten, wenn sie sich einen Investor ins Boot holen?
Wolfang Heer: Man kann sagen, dass die Finanzierungsstruktur so heterogen ist wie der Markt selbst. Bei vielen kleinen oder regionalen Netzbetreibern, die auch im BUGLAS organisiert sind, spielen die Hausbanken eine wichtige Rolle. Wenn jedoch ein neuer Finanzinvestor an die Tür klopft, sollte man sich anschauen, mit welchen Investitionshorizonten er arbeitet. Handelt es sich um einen Short-Term-, Middle-Term- oder Long-Term-Investor.
Zu bedenken ist auch, dass Investitionen in den Glasfaserausbau ein langfristiges Geschäft sind. Hinsichtlich der Rentabilitätsanforderungen ist dann auch wichtig, wie sich das Zinsniveau insgesamt, auch international entwickelt. Was wir sehen ist, dass Investitionen in die deutsche Kommunikationsinfrastruktur grundsätzlich deutlich an Attraktivität gewonnen haben. Das zeigt auf der einen Seite, dass wir diesbezüglich noch einiges zu tun haben, auf der anderen Seite aber auch ein Vertrauen in gute Rahmenbedingungen.
MediaLABcom: Wenn man die Glasfasernetze als kritische Infrastruktur betrachtet, müsste nicht auch der Staat ein Auge darauf haben, wem die Netze in Zukunft gehören?
Wolfang Heer: Darüber sollte man auf jeden Fall nachdenken. Governance ist übrigens eines der Themen, über die wir auf dem BUGLAS-Jahreskongress am 22. September diskutieren werden und für die wir sensibilisieren wollen.
Letzten Endes ist es gerade im Fall der bereits zitierten exogenen Schocks wichtig, handlungsfähig zu bleiben. Für solche Fälle muss man Vorkehrungen treffen, zum Beispiel durch den Aufbau redundanter Strukturen.
MediaLABcom: Diese Geldgeber werden irgendwann ihre Investition zu klingender Münze machen wollen. Wo steht also der Markt? Werden noch viele weitere Investoren hinzukommen oder stehen wir – eventuell auch wegen der hohen Inflation – vor ersten Verkäufen?
Wolfang Heer: Wir beim BUGLAS gehen davon aus, dass sich der Markt in Richtung einer größeren Arbeitsteiligkeit entwickeln wird, was ein neues Spezialistentum hervorbringen wird. Die Margen sind zumindest unter hohem wettbewerblichen Druck, sodass Größe zumindest nicht schadet. Wir gehen davon aus, dass sich der Markt konsolidieren wird – nicht im nächsten und auch nicht im übernächsten Jahr, aber mittelfristig werden wir eine gewisse Marktkonsolidierung erleben.
Das Spezialistentum wird zumindest in wahrnehmbarer Größenordnung darauf hinauslaufen, dass Netze lokal und regional errichtet werden und die „Network Operation“ an einen entsprechenden Experten vergeben wird. Zum Teil sehen wir das ja heute schon. Ich denke, dieses Modell wird vermehrt angewendet werden. Darüber hinaus wird das Thema „Open Access statt Überbau“ angesichts der Probleme bei Lieferketten und Material mehr Gewicht bekommen.
Ob noch weitere Investoren in den Markt kommen und ob die oft kolportierten 50 Milliarden Euro in Gänze oder nur in Teilen in den Glasfaserausbau fließen, hängt auch von der Zinsentwicklung ab. Bleibt das Zinsniveau so, wie es derzeit ist, kann ich mir vorstellen, dass noch ein paar neue Investoren auftreten werden. Bei steigenden Zinsen könnten aber auch andere Investitionsobjekte für diese Geldgeber interessant werden.
MediaLABcom: Welche Rolle wird denn der geförderte Glasfaserausbau spielen?
Wolfang Heer: Mit der Gigabit-Strategie wird die Regierung meiner Meinung nach nicht den Förderungs-Overkill auslösen. Die unverbindliche Potenzialanalyse ermöglicht es, dass der eigenwirtschaftliche Ausbau Vorrang haben kann. Geförderter Ausbau zahlt jeden Preis, eigenwirtschaftlicher nicht. Das muss man berücksichtigen.
Letztendlich müssen wir aber auch schauen, was die Bundesländer machen. Die Länder sind im Glasfaserausbau unterschiedlich weit und dementsprechend unterschiedlich sind die Prioritäten.
MediaLABcom: Vielen Dank für das Gespräch.