Am 1. August 2016 traten die neuen gesetzlichen Regelungen zur Routerfreiheit in Kraft. Seitdem können Verbraucherinnen und Verbraucher nicht mehr von ihren Telekommunikationsanbietern gezwungen werden, einen vorgegebenen Router einzusetzen. Sie sind nun frei, Geräteanbieter zu vergleichen und das Modell zu wählen, das sowohl von den Kosten als auch vom gebotenen Leistungsspektrum den eigenen Wünschen am besten entspricht. So geht Wettbewerb.
Bis dahin war es ein langer Weg, so musste das Telekommunikationsgesetz (TKG) geändert und der Netzabschlusspunkt, also die Stelle, an der das öffentliche Telekommunikationsnetz endet, neu definiert werden. Doch wie hat sich die Routerfreiheit in den letzten fünf Jahren entwickelt? Eine Zwischenbilanz.
(V)DSL-Anschlüsse waren noch nie ein Problem
Die Routerfreiheit bei VDSL war fast bei jedem Anbieter gegeben. Lediglich einige kleinere Anbieter schrieben ihren Kunden entsprechende DSL-Modems vor. In den DSL-Anfangsjahren wurde auch noch die Zwei-Gerätelösung (also DSL-Modem und Router als separate Geräte) praktiziert, allerdings wurde schnell erkannt, dass doch der (WLAN)-Router mit integriertem DSL-Modem eigentlich der praktischere Weg ist.
Daher wurde Verbraucherinnen und Verbrauchern der WLAN-Router mit integriertem DSL-Modem zu einem subventionierten Kaufpreis bei Vertragsschluss angeboten. Bis einige Anbieter die Renaissance eines alten Geschäftsmodells, die Gerätemiete, einläuteten.
Geschäftsmodell Routermiete
Das Geschäftsmodell Routermiete bzw. Gerätemiete gibt es nicht erst, seit es DSL-Anschlüsse gibt. Zu Zeiten des Postmonopols musste man sogar sein Telefon bei der damaligen Bundespost mieten. Diese Verpflichtung wurde zwar Anfang der 1990er-Jahre aufgehoben, aber ohne eine Kündigung liefen die alten Mietverträge weiter. Sie wurden dann später von der Deutschen Telekom übernommen und selbst heute gibt es noch Einzelfälle, bei denen das (inzwischen im Keller verschollene) Wählscheibentelefon noch bei der Telekom angemietet ist.
Mietpreis übersteigt Kaufpreis
Die Anbieter haben in den letzten Jahren das Geschäftsmodell Gerätemiete wieder für sich entdeckt und auf den Router übertragen. Dieses Geschäftsmodell wird mit entsprechenden Argumenten wie dem Austausch von Geräten im Falle eines Defektes, vermarktet. Verschwiegen wird jedoch häufig, dass es auch bei Kaufgeräten die gesetzliche Gewährleistungsfrist von zwei Jahren gibt und Verbraucher innerhalb dieser Zeit ohnehin einen Anspruch auf ein Ersatzgerät oder eine kostenfreie Reparatur haben, sollte der Router defekt sein. Viele Routerhersteller geben sogar noch freiwillige Garantien über die gesetzliche Gewährleistungsfrist hinaus.
Wirtschaftlich betrachtet, schlägt die Routermiete mit ca. fünf Euro pro Monat, also 120 Euro in den ersten zwei Jahren, zu Buche. Einfache (aber für den durchschnittlichen Endverbraucher absolut ausreichende) Router gibt es im Handel auch schon ab 120 Euro und selbst höherwertige Geräte sind schon für deutlich unter 200 Euro zu bekommen. Bedeutet: Der Mietpreis übersteigt nach zwei bis drei Jahren den Kaufpreis. Alles in allem bringt das Mietmodell gegenüber der Kauflösung keine echten Vorteile.
Zu hoher Schadenersatz inzwischen gerichtlich gekippt
Bei Mietroutern kommt noch ein weiteres Problem hinzu. Generell ist es so wie bei jedem Mietvertrag, dass die Mietsache, hier also der Router, nach Vertragsende zurückgegeben werden muss. Erfolgt das am Vertragsende aus welchen Gründen auch immer nicht, verlangen manche Anbieter nochmal einem kräftigen Schadenersatz.
Während einige Anbieter ihre Mietgeräte entsprechend ihrem Wert abschreiben und sich der Schadenersatz im Rahmen einer linearen Abschreibung bewegt, also mit zunehmendem Gerätealter abnimmt, gibt es Anbieter, die den Listenpreis Neuwert als Schadenersatz geltend machen. Insbesondere bei Kabel Deutschland bzw. Vodafone wurde dies bis April 2021 so gehandhabt. Erst nach einer Klage der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen wurde dieses Geschäftsgebaren gestoppt.
Rückversand zur Entsorgung
Hier stellt sich die Frage, was mit den Routern passiert, wenn diese an den Anbieter zurückgeschickt werden. Klar, wenn es sich um halbwegs aktuelle Modelle handelt, werden diese „refurbished“ und entsprechend weiterverwendet. Aber was macht ein Kabelanbieter beispielsweise mit einem Router, der lediglich für DOCSIS 3.0 ausgelegt war oder für den es keine Sicherheitsupdates mehr gibt? Diese Geräte sind eigentlich schrottreif, allerdings werden sie im Falle von Vodafone zuerst noch einmal quer durch Deutschland versendet und dann vom Kabelanbieter dem Recycling zugeführt. Die Rücksendekosten hat übrigens meist der Verbraucher zu tragen.
Wäre es da nicht sinnvoller, wie es einige andere Anbieter in der Praxis leben, indem sie dem Verbraucher die Rücksendung ersparen und ihn bitten, das Gerät entsprechend selbst zu entsorgen? Übrigens kann jeder Verbraucher nach den geltenden Regelungen des Elektroschrott-Gesetzes seinen Router auch bei Elektronikmärkten kostenfrei abgeben. Trauen die Kabelanbieter dies ihren Kunden etwa nicht zu oder wird hier möglicherweise gezielt auf zusätzliche Einnahmen durch fragwürdige Schadensersatzforderungen spekuliert?
Routerfreiheit beim Kabelnetzbetreiber
Beim Internet über die Kabelnetze hatten sich die Anbieter früher folgende interessante Begründung ausgedacht, um weiterhin die eigenen Geräte unter das Volk zu bringen: Auch im Kabelnetz gab es früher eine Trennung zwischen Kabelmodem und Router. Allerdings hat sich dies (wie auf dem VDSL-Markt) geändert. So sind heute auf dem Markt so gut wie keine reinen DOCSIS 3.1-Kabelmodems mehr zu finden. Wer ein reines Kabelmodem möchte, der muss den Kabelrouter in den sogenannten „Bridgemodus“ versetzen.
In Gesprächen mit Kabelnetzbetreibern, warum Modem und Router nicht vereinigt werden können, hieß es vor 2016 immer, dass es eine Routerfreiheit gäbe, denn schließlich könne man hinter dem Kabelmodem jeden beliebigen (WLAN-)Router anschließen. Würde also heute in der Praxis bedeuten: Ein zum Kabelmodem degradierter Kabelrouter und ein nachgeschalteter weiterer Router.
Freie Routerwahl
Zum Glück hat der Gesetzgeber hier vor fünf Jahren Abhilfe geschaffen. Dies geht auf entsprechende EU-Vorgaben zurück, die den Wettbewerb auf dem Markt für Telekommunikationsendeinrichtungen sichern sollen: Deren Markt ist seit 1989 gemeinschaftsweit liberalisiert.
Der EU-Gesetzgeber hat mit der Richtlinie 88/301/EWG und der Richtlinie 2008/63/EG über den Wettbewerb auf dem Markt für Telekommunikationsendeinrichtungen festgelegt, dass die Verbraucherinnen und Verbraucher hinsichtlich der Telekommunikationsendeinrichtungen die freie Wahl haben können, um vollen Nutzen aus dem technischen Fortschritt ziehen zu können (Erwägungsgrund 3 der Richtlinie 2008/63/EG).
Der Netzabschlusspunkt
Dementsprechend wurde die Umsetzung in deutsches Recht ausgestaltet. In § 45d TKG ist festgelegt: „Das öffentliche Telekommunikationsnetz endet am passiven Netzabschlusspunkt“, also im Kabel an der Kabeldose, ähnlich wie bei VDSL an der Telefondose. Die Kabelnetzbetreiber mussten also ihre Auffassung ändern und sich der geänderten Gesetzeslage anpassen. Damit wurde der Weg geebnet, dass Verbraucherinnen und Verbraucher auch eigene Router mit integriertem Kabelmodem nutzen und selbst am Kabelanschluss aktivieren können.
Die großen Netzbetreiber nennen gerne technische Gründe, die angeblich eine Verschiebung des Netzabschlusspunktes hin zum Ausgang eines aktiven Gerätes erforderlich machen. Auf ihren Druck hin wurde sogar eine Öffnungsklausel in das neue Telekommunikationsmodernisierungsgesetz (TKMoG) aufgenommen, die der Bundesnetzagentur das Recht gibt, aus technischen Gründen einen anderen als den passiven Netzabschlusspunkt zuzulassen. Bei der BEREC-Anhörung in Brüssel wurde jedoch deutlich, dass nur die großen Netzanbieter Interesse an einem Gerät als Netzabschluss beim Kunden haben.
Gefahr eher theoretisch
Wo aber sollen nun diese technischen Gründe liegen? Beim DSL-Anschluss über den alten Telefondraht liegen die Dinge klar vor: Es ist eine 1:1-Verbindung zwischen Kunde und MSAN. Ein Kunde kann weder mit seiner Hardware andere Kunden stören noch unberechtigte Zugänge zu kostenpflichtigen Zusatzdienstleistungen erschleichen.
Beim Breitbandkabel (dem alten Kabelfernsehanschluss) und bei vielen neuen Glasfaseranschlüssen nutzt man aber die Point-to-Multipoint-Technik, also ein „shared Medium“ (PMP/GPON). Dabei empfangen alle angeschlossenen Teilnehmer den gleichen Datenstrom, aus dem sich der angeschlossene Router „seine“ Meldungen herausfiltern muss.
Klar, hier besteht die Gefahr, den Datenstrom des Nachbarn mitzuschneiden und ggf. unbezahlte Dienstleistungen abzugreifen. Um das zu verhindern, muss das Netzabschlussgerät aber mehr können als nur den Datenstrom auf der Leitung zu modulieren bzw. zu demodulieren (Modem): Es muss Routerfunktionalität beinhalten. Das gilt auch für den Glasfaser-ONT.
Das Gerede vom reinen Modemgerät als Netzabschluss ist also Unsinn. Das unberechtigte Mitschneiden ist ohnehin eher eine theoretische Gefahr: Verschlüsselungstechnik im Internetdatenstrom ist ja heute ohnehin Standard.
Verlässliche Technik
Beim Rückkanal (Hochladen) muss das Gerät dann „seinen“ Netzzugang mit den anderen angeschlossenen Geräten aushandeln. Das funktioniert über das Verfahren des „Listen Before Talking“ (LBT), d.h. das sendewillige Modem prüft, ob die Sendeleitung „frei“ ist und beginnt erst dann mit dem Senden. Zwischen der Detektion und dem eigenen Sendebeginn muss es dann sehr schnell gehen, es könnte ja auch gerade ein anderes Gerät prüfen und mit dem Senden beginnen. Das lässt sich zwar nie ganz verhindern, aber je kürzer die Zeit, desto geringer die Wahrscheinlichkeit.
Dieses grundsätzliche Problem wird daher mittels Hardware oder sehr hardwarenaher Software gelöst, also im Halbleiterchip. Davon gibt es aber auf der Welt nur ganz wenige Hersteller, egal, welcher Modem- und Router-Hersteller sie einlötet. Zugegeben, das Modem kann kaputtgehen und ständig die Leitung mit Datenmüll füllen – dann wären alle Nachbarn vom Internet abgeschnitten. Aber wo liegt da der Unterschied zu einem von Netzbetreiber gestellten Modem mit wahrscheinlich gleichem Chip?
Künstliche Hürden
Trotz dieser Routerfreiheit schicken Kabelnetzbetreiber immer noch (zusätzlich) eigene Kabelrouter raus, auch wenn ein Verbraucher einen eigenen (und meist höherwertigen Kabelrouter) besitzt. Angeblich sei dies zu Wartungszwecken notwendig. Und auch beim Service wird dies standardmäßig angefragt. Sobald ein Verbraucher eine Störung meldet, wird er meist dazu gezwungen, den Router des Kabelanbieters anzuschließen, selbst wenn auf den ersten Blick erkennbar ist, dass dies technisch eigentlich komplett unnötig ist, weil es sich beispielsweise um ein überlastetes Kabelcluster handelt.
Da der Router des Anbieters also die meiste Zeit ungenutzt im Schrank steht, ist dann zunächst ein Update über Nacht fällig, so dass der Verbraucher meist einige Tage auf seinen eigenen Router und sämtliche individuellen Einstellungen verzichten muss. Das Problem wird also seitens der Anbieter somit noch künstlich in die Länge gezogen.
Premium- und Fremdrouter
Und betrachten wir die Routerwelt im Kabelbereich doch mal genauer: Die Kabelrouter im freien Markt sind meist dieselben, die die Kabelnetzbetreiber als „Premiumrouter“ an ihre Kunden vermieten. Der Begriff „Fremdrouter“ ist hier vollkommen übertrieben und dient hauptsächlich einem Zweck: dem Verbraucher den Betrieb eines eigenen Kabelrouters möglichst zu erschweren.
Aber es gibt noch einen weiteren Punkt: Die Firmware auf den verbrauchereigenen Routern ist meist aktueller als die der Kabelnetzbetreiber. Ein Beispiel gefällig? Als es vor einigen Jahren eine große Sicherheitslücke bei einem der führenden Routerhersteller gab, vergingen zwischen dem Erkennen des Problems und der Ausspielung entsprechender Firmware bei den VDSL-Routern gerade einmal zwei Wochen. Bei den Mietroutern der Kabelnetzbetreiber dauerte es hingegen fast zwei Monate bis zur Ausspielung des Firmwareupdates, da die vom Hersteller ausgelieferte Firmware erst noch vom Kabelnetzbetreiber überprüft und verifiziert werden musste.
Versandkosten für Mietrouter für unzulässig
Einige Anbieter verlangten für das Verschicken von Mietroutern Versandkosten, obwohl der Verbraucher den Router eigentlich nicht benötigt. Mitte 2019 entschied jedoch das Landgericht Koblenz (4 HK O 35/18, v. 24.05.2019), dass dies so nicht zulässig ist, zumal es von vorneherein keine Möglichkeit gab, einen Anschluss ohne Router zu bestellen.
Problemkind: Routerfreiheit bei Glasfaseranschlüssen
Während also bei VDSL-Anschlüssen die Routerfreiheit nie ein Problem war und sich auch zwischenzeitlich halbwegs bei den Kabelnetzbetreibern etabliert hat und auch umgesetzt wurde, bekämpfen Anbieter von echten Glasfaseranschlüssen (FTTH) die Routerfreiheit sehr massiv. Zum einen gibt es kaum Glasfaseranbieter, die überhaupt Glasfaserrouter vermieten oder verkaufen, zum anderen ist die Auswahl auf dem freien Markt noch sehr gering. Die Standardlösung heißt: Getrennte Geräte, also ein vom Anbieter gestelltes Glasfasermodem (ONT– Optical Network Termination) und ein dahinter geschalteter Router.
Wenn man wegen der Gründe dafür nachhakt, sind es teilweise sogar dieselben Argumente wie bei den Kabelanbietern vor über fünf Jahren: Es gäbe ja eine Routerfreiheit, denn schließlich könne man hinter dem Glasfasermodem jeden beliebigen (WLAN-)Router anschließen. Doch die Gesetzeslage ist hier eindeutig: Das Netz endet an einem passiven Netzabschluss. Dies steht nun auch ausdrücklich im Gesetz (vgl. § 73 Abs.1 S.2 TKMoG).
Router mit integriertem Glasfasermodem
Im Glasfaserbereich ist also genau das noch vorhanden, was in den frühen Anfangsjahren der VDSL-Technologie und in den Anfangsjahren der DOCSIS-Technologie vorhanden war: die Trennung zwischen Modem und Router. Teilweise vermieten die Glasfaseranbieter auch (VDSL)-Router, die die Kunden dann im sogenannten „LAN-Betrieb“ am Glasfasermodem betreiben.
Dabei gibt es inzwischen auch in der Glasfaserwelt das, was bei VDSL- und Kabel heute Standard ist: Router mit integriertem (Glasfaser-)Modem. Das Angebot ist allerdings noch klein. Auf dem freien Markt gibt es lediglich die FRITZ!Box 5530 von AVM. Aber auch die Telekom Deutschland bietet mit dem Speedport Smart 4 Plus einen Router mit direktem Glasfaseranschluss an, jedoch derzeit nur als Mietgerät.
Viele Glasfaseranbieter setzen nach wie vor auf ein separates Glasfasermodem und versuchen alles, um dem Verbraucher den Anschluss und den Betrieb eigener Geräte möglichst schwer zu machen. Zum einen gibt es noch keine standardisierten Abläufe bei den Anbietern. Zum anderen warnen Glasfaseranbieter ausdrücklich vor eigenen Routern. Es gibt auch Anbieter, die für den Anschluss des eigenen Routers eine Servicegebühr verlangen.
Lukratives Zusatzgeschäft
Worum geht es also den Anbietern? Im hart umkämpften TK-Markt kann so mit der Routervermietung noch ein lukratives Zusatzgeschäft gemacht werden. Es gibt aber noch einen weiteren Aspekt: Im Zuge der TKG-Novellierung 2020/2021 hörte man unter den Anbietern und Verbänden teilweise Sätze wie: Wir müssen wieder die Kontrolle über die Endgeräte bekommen. Es geht also auch um den Zugriff auf die Hoheit der Endgeräte, wobei nicht ganz einleuchtet, welches berechtigte Interesse hierfür auf Anbieterseite die gewünschte Übergriffigkeit rechtfertigen soll und warum es sich nicht nur um schnödes und lediglich schlecht kaschiertes Kontroll- und Machtstreben handelt.
Im Übrigen werden größtenteils die Argumente hervorgeholt, mit denen seinerzeit schon die Kabelnetzbetreiber versuchten, die Routerfreiheit zu verhindern, wie beispielsweise die Störung des Netzes durch Kundenrouter.
Technische Barriere
Man muss die Frage stellen, warum beim Glasfaserausbau nicht flächendeckend Point-zu-Point-Verbindungen (PTP) gebaut werden, denn eigentlich enthält das verlegte Kabel genug Fasern und für zukünftige Anwendungen oder für den Wettbewerb in der „Last Mile“ gäbe es dann mehr Flexibilität. Einige Anbieter bauen sogar PTP, setzen aber technisch Point-to-Multipoint (PMP) zum Verbraucher ein.
Was auffällt: Für die Glasfaser-Zugangstechnik wird die gleiche DOCSIS-Technik verwendet wie beim Breitbandkabel. Ein billiger Schnellschuss zu Lasten einer problemlosen Infrastruktur mit Wettbewerbsmöglichkeit beim Glasfaseranschluss. Hier rächt sich wieder einmal der alte Fehler bei der Privatisierung der Post, die letzte Meile den Telekommunikationskonzernen überlassen zu haben.
Warum kann man beim Telefon/Internet über Glasfaser oder Breitbandkabel nicht genauso wie bei Gas und Strom den Anbieter für den Internetzugang frei wählen – unabhängig davon, wer das Kabel oder das Gasrohr ins Haus legt? Nur beim alten DSL funktioniert das noch, aber das will ja bald keiner mehr haben. Die neu installierte Technik ist perfekt gewählt für effektive Wettbewerbsverhinderung.
Freier Netzzugang wäre wünschenswert
Der Lösungsweg: internationale und europäische Normen. Es ist absolut unverständlich, warum bestehende Normen nicht als Grundlage für einen frei zugänglichen passiven Netzzugang auch bei der Glasfaser herangezogen werden. Normen sichern die Interoperabilität und machen Wettbewerb möglich. Ein offenbar furchtbarer Gedanke für große Konzerne.
Die offen vorgetragenen Argumente der Netzbetreiber sind wenig stichhaltig. Die wirklichen Gründe muss man bei der bevorzugten anbieterspezifischen Technik suchen, die verbaut wurde. Hätte man von Beginn an die Routerfreiheit wirklich ernstgenommen und die richtige Technik zum Einsatz gebracht, bräuchten wir heute keine Angst um die freie Auswahl des passenden Routers mit integriertem Modem zu haben, egal für welches Netz.
Worum geht es den Verbrauchern?
Das Interesse der Verbraucher zielt stets auf möglichst unkomplizierte, einfach einzurichtende, stabil funktionierende, stromsparende und transparente Geräte-Lösungen. Dementsprechend gilt hier: Zwei Geräte (ONT und Router) bedeuten mehr Stromaufnahme, zwei Steckernetzteile, mehr Platzbedarf und natürlich mehr Fehlerquellen.
Zudem sind in einem Glasfaserrouter auch mehr technische Daten für den Verbraucher einsehbar – im Zweifelsfall kann ein Verbraucher somit auch einen Nachweis erbringen, wenn Anbieter der Meinung sind, dass die Störung auf der Kundenseite läge. Doch auch gerade vielen älteren Verbrauchern ist der Eigentumsaspekt wichtig: Sie wollen kein Gerät im Haus haben, das ihnen nicht gehört.
Der Praxistest
Durch den Umzug einer Mitarbeiterin der Verbraucherzentrale in einen Neubau mit Glasfaseranschluss (FTTH) ergab sich die Gelegenheit, den Anbieter beim Schopfe zu packen und die angebliche Routerfreiheit, die ein Glasfaseranbieter zusicherte, im FTTH-Bereich real zu testen.
Also: Glasfaser-Router ausgepackt und das passende Einsteckmodul (SFP) für den sogenannten passiven Glasfaseranschluss (GPON) in den Router eingesteckt. Anschließend mit einem Glasfaserkabel den Router mit der Glasfaser-Anschlussdose verbunden. Auf der Benutzeroberfläche des Routers wurden die Zugangsdaten des Anbieters eingegeben, doch darunter tauchte eine weitere Zeile auf: Dort wurde nach einer „ONT-Installationskennung“ gefragt, diese war jedoch den Zugangsdaten des Anbieters nicht beigefügt.
Das Spiel mit der ONT-Installationskennung
Beim Anruf an der Hotline des Anbieters durften zuerst mal die Standardfragen beantwortet werden, etwa „Haben Sie den Brief mit den Zugangsdaten vorliegen?“ und „Steht das da nicht drauf?“, sowie die üblichen Fragen, ob man den Router denn schon mal neu gestartet hätte. Mit den Worten „Ich muss mal Rückfrage bei einem Kollegen halten“, wurde man dann einige Minuten in die Warteschleife mit der üblichen Wartemusik des Anbieters geparkt.
„Wir können Ihnen keine ONT-Installationskennung sagen, da muss jemand vom Service rauskommen“, war schließlich die Antwort. Also wurde ein Termin ausgemacht, der ONT des Anbieters wieder angeschlossen und erst einmal eine Woche gewartet. Am vereinbarten Termin rief dann ein Techniker an und meinte: „Ich habe hier einen Auftrag, aber, wenn ich das richtig verstehe, brauchen Sie doch nur die ONT-Installationskennung. Die kann ich Ihnen gerne geben, da muss ich nicht extra vorbeikommen“.
Positiv ist hier zu bewerten, dass der Techniker mitgedacht hat und so unnötige Fahrt- und Arbeitszeit eingespart wurde (insbesondere wurden während der Corona-Pandemie unnötige Kontakte vermieden). Gesagt, getan, ONT-Installationskennung eingegeben und es funktionierte… NICHT.
Es geht, ist aber umständlich
Nochmals beim Techniker angerufen, der aber auch schon die Lösung parat hatte und bereits in der Umsetzung begriffen war. Das OLT musste per Reset neu gestartet werden. Und siehe da: Der eigene Glasfaserrouter am Glasfaseranschluss lief. Der Techniker entschuldigte sich noch für das Versehen mit dem Reset, aber Kunden mit eigenem Glasfaserrouter hätte er sehr selten.
Fazit des Praxistests: Es geht, ist aber sehr umständlich und wie die Kollegin meinte: „Und das soll ein Laie allein hinkriegen?“ Genau dies ist der Punkt: Im Glasfaserbereich gibt es bei den Anbietern keine standardisierten Prozessabläufe zu kundeneigenen Routern geschweige denn entsprechende Installationsanleitungen für Verbraucher, wie es im VDSL-Bereich oder im Kabel der Fall ist.
Schneller mit eigenem Router
Was sich noch übrigens noch herausstellte: Zwar waren die Geschwindigkeiten in Download und Upload vor und nach dem Routertausch fast identisch und entsprachen den gebuchten Werten, allerdings verbesserte sich die Laufzeit der Datenpakete, was den Anschluss mit eigenem Glasfaserrouter deutlich schneller machte.
Anzumerken bleibt auch, dass in vielen Neubauten im Anschlussraum auch meist nur eine Steckdose für den Router vorgesehen ist. Bei der Trennung von Router und ONT ist hier noch eine Mehrfachsteckdose, also auch deutlich mehr Platz notwendig.
Die Lage nach fünf Jahren Routerfreiheit
Wie schon erwähnt, ist die Routerfreiheit im VDSL-Bereich angekommen. Im Kabelbereich gibt es sicherlich noch seitens der Anbieter Optimierungspotenzial, aber auch hier kann man durchaus sagen, dass die Routerfreiheit in der Praxis vorhanden ist.
Im Gegensatz dazu muss im Glasfaserbereich noch einiges geschehen. Zum einen gibt es im Markt nur eine sehr geringe Endgeräteauswahl und zum anderen machen es die Glasfaseranbieter ihren Kunden sehr schwer, mangels fehlender standardisierter Abläufe ein eigenes Endgerät anzuschließen. Im Gegenteil: Es wird alles getan, damit Verbraucher möglichst nicht einen eigenen Glasfaserrouter anschließen. Dies muss sich schnellstmöglich ändern.
Der Glasfasermarkt ist zwar noch relativ klein, wird aber in den nächsten Jahren sehr stark wachsen. Daher müssen hier dringend die Weichen für die Zukunft gestellt werden. Die Frage ist nur, ob ein Einsehen bei den Anbietern kommt oder ob hierzu – wie leider so oft in der Telekommunikationsbranche – erst ein höchstrichterliches Urteil notwendig ist.
Michael Gundall ist bei der Verbraucherzentrale Rheinland-Pfalz e.V. im Fachbereich Digitales und Verbraucherrecht tätig. Er studierte Fernsehtechnik und elektronische Medien an der Fachhochschule Wiesbaden (heute Hochschule Rhein-Main). Seit fast 15 Jahren ist er als Verbrauchervertreter in verschiedenen Gremien tätig (u.a. in Arbeitsgruppen des ATRT der BNetzA, im RGA sowie in Fachbeiräten der Stiftung Warentest).