Gesundheit und Geld
Sehr geehrte Damen und Herren,
die Corona-Pandemie hat das gesellschaftliche Leben fest im Griff. In den Medien gibt es kaum noch ein anderes Thema, als seien die Flüchtlinge vor den Toren der EU einfach verschwunden. Auch die einst allgegenwärtige Frage nach dem Klimaschutz hat gegen den Virus keine Chance. Jetzt geht es zunächst einmal um den Gesundheitsschutz.
In dieser Ausgabe kümmern wir uns um das, was vielen nach der Gesundheit das Wichtigste ist: Geld (auch wenn das Verhalten mancher den Anschein erweckt, es sei umgekehrt). Es geht um die guten alten Einspeiseentgelte, die nach der Einigung zwischen ARD und ZDF auf der einen und Vodafone auf der anderen Seite so etwas wie eine Renaissance erleben, denn sie werden weiterhin gezahlt – nur diesmal nicht ausschließlich an die Branchengrößen.
Während der Streit um die Einspeiseentgelte einem Ende zuzugehen scheint, spitzt sich ein anderer Kampf zu: der Angriff auf das Sammelinkasso der Kabelnetzbetreiber und Wohnungswirtschaft. Rechtsanwalt Michael Schmittmann ruft in seinem Beitrag dazu auf, die Deutsche Telekom zu stoppen. Er sieht die mittelständischen Unternehmen in dieser Branche gefährdet.
Im Interview mit dem Management der ropa-Unternehmensgruppe geht es um das Geld vom Staat in Form der Breitbandförderung, mehr noch aber darum, warum trotz Open Access und Kooperationen immer noch Netze überbaut werden und neue Monopole entstehen könnten. Zudem soll die Förderung auf die sogenannten „grauen Flecken“ ausgedehnt werden. Experten mahnen zur Vorsicht. Dazu zählt auch Jürgen Grützner. Der Geschäftsführer des Verbands der Anbieter für Telekommunikations- und Mehrwertdienste (VATM) stellt die Vorschläge des VATM vor, wie eine Förderung aussehen sollte, damit private Investitionen in den Breitbandausbau nicht bedroht werden. Und auch die Monopolkommission hat sich Gedanken gemacht, wie das staatliche Geld sinnvoll(er) eingesetzt werden sollte.
Neuigkeiten vom Bundesverband Lokalfernsehen (BLTV), Veranstaltungshinweise und Kurzmeldungen runden die Ausgabe ab. Wir wünschen Ihnen eine angenehme Lektüre.
Heinz-Peter Labonte, Herausgeber
Marc Hankmann, Redaktionsleiter
Dr. Jörn Krieger, Redakteur
Ausgabe 79 • April 2020
Inhalt
Wie die Marktmacht der Großen aufgebrochen werden kann – Interview mit der Führungsriege der ropa Gruppe
Marc Hankmann
Die ropa-Unternehmensgruppe hat ihre Ursprünge, ganz im Stile eines Startups, in einer Garage. Schon damals, als Liefer- und Reparaturfirma für Desktop-Computer war die ropa nah am Kunden. Das hat sich bis heute nicht geändert. Das Team um Marco Zapf, geschäftsführender Gesellschafter der ropa Gruppe, Geschäftsführer Michael Neska und Daniel Röcker, verantwortlich für Vertrieb und Marketing, kennt die Bedürfnisse, Anforderungen und Probleme kleiner und mittelständischer Netzbetreiber. Im Interview mit MediaLABcom sprechen sie über Stadtwerke und Kabelnetzbetreiber, hilfreiche und weniger hilfreiche Kooperationen sowie über die Schwächen von IPTV.
Im Schatten von Corona stirbt der Mittelstand … oder warum sollen die Konglomerate auf die Chance verzichten?
Heinz-Peter Labonte
Alle Welt redet bei Corona übers Homeoffice. Selbst Kanzlerin und Kanzlerkandidat arbeiten von Zuhause. Und jeder/jede BürgerIn freut sich über breitbandige Internetanschlüsse, insbesondere wenn die Kinder gleichzeitig Streaming-Portale nutzen.
Der Dammbruch: ARD und ZDF werden die Kabeleinspeiseentgelte nicht los
Marc Hankmann
Vor acht Jahren waren die öffentlich-rechtlichen TV-Sender der Meinung, dass es eine gute Idee sei, die Einspeiseverträge mit den Kabelnetzbetreibern zu kündigen, um die damit verbundenen Zahlungen für die Verbreitung in den Netzen zu beenden. Sechs Jahre später nach unzähligen Verhandlungstagen vor diversen Gerichten stand fest: ARD und ZDF müssen weiterhin zahlen (MediaLABcom berichtete). Doch nun nicht mehr nur an die ganz großen Kabelnetzbetreiber.
BGH: ARTE muss Einspeiseentgelte zahlen
RA Ramón Glaßl
Mit Urteilen vom 18. Februar 2020 (Az.: KZR 7/17 und KZR 6/17), deren Urteilsgründe nun veröffentlicht wurden, verurteilte der Bundesgerichtshof den Fernsehsender ARTE zur Zahlung von Einspeiseentgelten gegenüber den Kabelnetzbetreibern Unitymedia und Vodafone.
Attacke aufs Sammelinkasso - Bundesregierung greift mittelständische Strukturen an
RA Michael Schmittmann
Nach Corona wird alles anders, so hören wir es landauf und landab. Freiheiten werden eingeschränkt bleiben, die Globalisierung reduziert – es ist die Stunde staatlicher Gewalt und des Ordnungsrechts. Manches, was früher im rasenden Zug des über zehnjährigen Wirtschaftshypes nach der Finanzkrise 2008 für die Zukunft vorgesehen war, dürfte nicht mehr im Bahnhof ankommen. Das ist in einigen Fällen nicht zu bedauern. Es ist Deutschland vielmehr zu wünschen, dass wir erfolgreiche Strukturen wie den Mittelstand und ganz besonders die gewachsene Kooperation zwischen Breitband- und Kabelnetzbetreibern auf der einen und der Wohnungswirtschaft auf der anderen Seite nicht vernichten, sondern erhalten. § 2 Nr. 15 b Betriebskostenverordnung (BetrKV) muss bleiben und nach Corona gilt das mehr als je zuvor; die Bundesregierung muss ihren Plan, das Sammelinkasso zu kassieren, aufgeben!
Der Staat als Geldgeber: Vorschläge der Monopolkommission für einen beschleunigten Breitbandausbau
Marc Hankmann
Bei der Förderung des Breitbandausbaus macht der Bund keine gute Figur. Was will man von einer Regierung erwarten, für die 2013 das Internet noch Neuland war, die 2015 ein Breitbandziel von 50 Mbit/s ausruft, es aber krachend verfehlt und die so ungeschickt mit ihren Smartphones umgeht, dass wichtige Daten gelöscht werden (von der Leyen, Scheuer)? Die Frage ist keineswegs rhetorisch, denn die Antworten finden sich im jüngsten Sektorgutachten der Monopolkommission zum Wettbewerb im Telekommunikationsmarkt. Überschrift: staatliches Augenmaß beim Netzausbau.
Klare Priorisierung von Projekten zur Erschließung auch weißer Flecken
Jürgen Grützner
Es wird immer wieder intensiv diskutiert, wie die richtige Förderung beim Glasfaserausbau aussehen muss. Dabei steht für den VATM fest: Der eigenwirtschaftliche Ausbau muss dabei, wo immer möglich, Vorrang haben. Der Entwurf für eine neue NGA-Rahmenregelung des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI), die Förderkriterien festlegt, stößt bei Verbänden und der EU-Kommission aus unterschiedlichen Gründen auf Kritik – etwa aufgrund einer nicht ausreichenden Strukturierung der Ausbaugebiete und der sich daraus ergebenden Verdrängung privater Glasfaserinvestitionen, eines unzureichenden Schutzes von bereits getätigten Investitionen sowie wegen des Wegfalls der Aufgreifschwelle.
Neues vom BLTV
Coronavirus trifft Lokal-TV mit voller Härte
Die Ausbreitung des Coronavirus‘ schlägt auf das lokale Fernsehen in Deutschland durch. Die Sender vermelden neben einer teils umfassenden Reduzierung von Medialeistungen auch die zunehmende Stornierung von überlebensnotwendigen Auftragsproduktionen. „Die Auswirkungen der Corona-Pandemie spüren wir schon seit Anfang März 2020, da wir ein Messe-Studio auf der ITB geplant hatten. In der vergangenen Woche haben die Absagen von Veranstaltungen in unserem Sendegebiet natürlich zugenommen, unter anderem von Gesundheits-, Bau- und Weinmessen. Dadurch verlieren wir sowohl Programminhalte als auch gebuchte Medialeistungen“, sagt Sascha Devigne, Chefredakteur von STUDIO 47 in Duisburg. Devigne beziffert den Schaden in seinem Hause allein in den letzten Tagen auf über 10.000 Euro.
Veranstaltungshinweise
Dr. Jörn Krieger
FRK-Breitbandkongress 2020 im September in Leipzig
FRK-Breitbandkongress 2020 im September in Leipzig Der FRK-Breitbandkongress setzt seinen Wachstumskurs fort und vergrößert in diesem Jahr die Ausstellungsfläche um 20 Prozent. Der 23. Branchentreff der mittelständischen Kabel- und Glasfasernetzbetreiber und Dienstleister, der am 28. und 29. September 2020 in Leipzig stattfindet, kann dadurch zahlreiche neue Unternehmen begrüßen, die 2019 nicht zum Zuge kamen, und etablierten Ausstellern die Möglichkeit bieten, ihre Standfläche zu vergrößern. Schnelligkeit ist gefragt: Fast 80 Prozent der Standfläche für 2020 ist bereits reserviert. Zwei Drittel entfallen auf Aussteller, die 2019 dabei waren; ein Drittel sind neue Aussteller, die zum Teil 2019 nicht berücksichtigt werden konnten.
Kurzmeldungen
Dr. Jörn Krieger
FRK-Breitbandkongress 2020 im September in Leipzig
Der FRK-Breitbandkongress setzt seinen Wachstumskurs fort und vergrößert in diesem Jahr die Ausstellungsfläche um 20 Prozent. Der 23. Branchentreff der mittelständischen Kabel- und Glasfasernetzbetreiber und Dienstleister, der am 28. und 29. September 2020 in Leipzig stattfindet, kann dadurch zahlreiche neue Unternehmen begrüßen, die 2019 nicht zum Zuge kamen, und etablierten Ausstellern die Möglichkeit bieten, ihre Standfläche zu vergrößern. Schnelligkeit ist gefragt: Fast 80 Prozent der Standfläche für 2020 ist bereits reserviert. Zwei Drittel entfallen auf Aussteller, die 2019 dabei waren; ein Drittel sind neue Aussteller, die zum Teil 2019 nicht berücksichtigt werden konnten.
Wie die Marktmacht der Großen aufgebrochen werden kann – Interview mit der Führungsriege der ropa Gruppe
Marc Hankmann
Die ropa-Unternehmensgruppe hat ihre Ursprünge, ganz im Stile eines Startups, in einer Garage. Schon damals, als Liefer- und Reparaturfirma für Desktop-Computer war die ropa nah am Kunden. Das hat sich bis heute nicht geändert. Das Team um Marco Zapf, geschäftsführender Gesellschafter der ropa Gruppe, Geschäftsführer Michael Neska und Daniel Röcker, verantwortlich für Vertrieb und Marketing, kennt die Bedürfnisse, Anforderungen und Probleme kleiner und mittelständischer Netzbetreiber. Im Interview mit MediaLABcom sprechen sie über Stadtwerke und Kabelnetzbetreiber, hilfreiche und weniger hilfreiche Kooperationen sowie über die Schwächen von IPTV.
MediaLABcom: Seit einigen Jahren ist Deutschland bemüht, Breitbandnetze auszubauen. Wie kommt diese Entwicklung bei der ropa an?
Daniel Röcker: Wir haben bereits in den letzten Jahren gemerkt, dass dieses Thema vermehrt in die Köpfe unserer Kunden gerät, gerade von Stadtwerken und Breitbandnetzinhabern. Noch vor fünf Jahren stand man dem Glasfaserausbau eher verhalten gegenüber. Der Fokus lag vermehrt auf einer FTTC-Lösung, also auf einer Mischung zwischen Glas und veraltetem Kupfer. Allerdings spüren wir in letzter Zeit deutlich, dass diese Alternative nicht mehr in Frage kommt und direkt der Glasfaserausbau forciert wird. Besonders bei den sogenannten „alternativen Netzbetreibern“ ist diese Entwicklung zu verzeichnen.
Michael Neska: Grundsätzlich merkt man auch, dass sich vor allem immer mehr Kommunen mit dem Thema Breitband und Glasfaser beschäftigen. Besonders auf Messen und Verbandsveranstaltungen sind diese vertreten und informieren sich ausführlich. In diesem Rahmen werden Netze errichtet – teils eigenwirtschaftlich, teils im Rahmen von Ausschreibungen – und Betreiber für diese gesucht. Für die Kommunen ist das Thema ganz klar im Fokus.
Marco Zapf: Man merkt natürlich auch, dass die Arbeit der Verbände in den letzten Jahren Früchte trägt und das Thema Glasfaser mittlerweile in aller Munde ist. Wir gehen hier endlich in die richtige Richtung, was den Breitbandausbau angeht.
MediaLABcom: Abgesehen von der Beratung, welche Dienstleistung bietet die Unternehmensgruppe noch an?
Daniel Röcker: Unsere Kerngeschäftsfelder sind schon seit jeher der Netzbetrieb und die Lieferung von White-Label-Diensten, die Anbindung der lokalen Netze von unseren Kunden an den überregionalen Backbone, sowie die Abführung von Traffic über unsere Interconnection-Punkte mit den großen Anbietern.
Zur Abrundung des Portfolios bieten wir des Weiteren Endkundenmarken-Dienstleistungen an. Zum einen gehen wir – wenn das der Kunde wünscht – mit unserer eigenen Endkundenmarke als Ergänzung mit auf das bestehende Glasfasernetz. Zum anderen kann der Kunde, wenn dieser ganz neu anfängt, unsere Marke als White-Label-Marke verwenden. Er nutzt sein eigenes Logo, ändert die Farbe ab und erhält so, mit einem geringen Kostenaufwand, eine komplette Markenentwicklung und ist innerhalb kürzester Zeit am Markt präsent.
Zusätzlich bieten wir noch eine Software im Bereich Carrier-Management an, unseren „ropa Manager“. Dieser unterstützt den Internet Service Provider prozessgetrieben bei der Abarbeitung aller Themen, die ein Provider abarbeiten muss, um am Ende des Tages einen qualitativ hochwertigen Dienst anzubieten.
Dabei begleitet er den Kunden von der Anlage des Vertrags, über Buchungen der einzelnen Dienste und über Konfiguration und Provisionierung der Hardware bis hin zur Rechnungsstellung. Selbstverständlich beraten und unterstützen wir unsere Partner auch über unsere Dienstleistungen hinaus. Jedoch sind wir kein Beratungs- oder Consultinghaus, sondern möchten unsere Kunden, die oftmals erst mit diesem
Thema anfangen, mit Know-how versorgen, um sie so schnell erfolgreich im Markt Fuß fassen zu lassen.
MediaLABcom: Warum entdecken ausgerechnet die Stadtwerke das Thema Breitband für sich? Welches Potenzial hat der Breitbandausbau für sie?
Michael Neska: Die Stadtwerke sind typischerweise Netzeigentümer, in diesem Zuge auch Netzbesitzgesellschaften, die – Stand heute – Stromnetze und teilweise auch Gasnetzwerke besitzen. Für Stadtwerke ist es daher naheliegend, in Glasfaser zu investieren und entstehende Synergien zu nutzen, wie beispielsweise die Mitverlegung bei Sanierung von Strom- oder Gastrassen. Dementsprechend befassen sich die Stadtwerke mit dem Thema (Glasfaser-)Telekommunikation und steigen so vermehrt über diese Schiene in die Branche ein.
Marco Zapf: Stadtwerke sind Grundversorger. Gas, Wasser und Strom sind seit jeher in ihrer Verantwortung. Das Internet hat sich in den letzten Jahren zu solch einem relevanten Medium in unserem Leben entwickelt, dass dieses schon so gut wie zur Grundversorgung zählt. Damit liegt es für die Stadtwerke nahe, dieses selbst in ihr Portfolio aufzunehmen. Hinzu kommt der sinkende Ertrag im Energiebereich für die Stadtwerke, sodass neue Geschäftsfelder benötigt werden, um diese zu kompensieren. Die Telekommunikation bietet sich hier gut an.
MediaLABcom: Mit welchen Fragen kommen die Stadtwerke auf Sie zu und wie können Sie helfen?
Daniel Röcker: Das ist ganz unterschiedlich. Unsere Kunden sind an verschiedenen Punkten in der Wertschöpfungskette tätig und unterschiedlich weit in Ihren entsprechenden Projekten. Wir haben Kunden, die ganz am Anfang stehen, das Geschäftsfeld also neu erschließen möchten. Diese kommen mit allgemeinen Themen auf uns zu, beispielsweise was alles getan werden muss, um am TK-Markt bestehen zu können. Wir haben aber auch Kunden, die bereits mehrere Jahre am Markt sind, schon viele Kunden am Netz haben, jedoch feststellen, dass die bisherige Konstellation von Ihren Dienstleistern nicht die Optimale ist und diese mit uns die Anzahl der Dienstleister reduzieren möchten - wenn möglich sogar nur auf einen.
MediaLABcom: Wenn wir ein typisches Stadtwerk nehmen, welche Ausbaustrategie mit welchen Technologien schlagen Sie vor?
Daniel Röcker: Natürlich kommt es auch immer auf die genaue Situation an. Wie hoch ist das Budget? Wurde bereits mit dem Glasfaserausbau begonnen? Gibt es in der Nähe auch andere Anbieter, die hier schon tätig wurden? Haben die Stadtwerke in der Vergangenheit schon Leerrohre verlegt? Ganz grundsätzlich empfehlen wir unseren Kunden jedoch, dass die Zukunft in der Glasfaser liegt. Ohne vor Ort die Gegebenheiten zu kennen, ergibt es Sinn, jetzt in diesen Markt einzusteigen und dort, wo es möglich ist, Glasfaser als Zieltechnologie zu verwenden.
Marco Zapf: Je nach Projekt empfehlen wir Kunden auch als Zwischenschritt – aber wirklich nur als Zwischenschritt – VDSL, also FTTC, auszubauen. Dies kann unter Umständen ein gutes Startszenario sein, um die ersten Kunden zu erhalten und das Geschäftsfeld aufzubauen. Langfristig gedacht muss es jedoch auf jeden Fall die Glasfaser sein.
Michael Neska: Aus technischer Sicht sollte der passive Netzausbau grundsätzlich in jedem Fall auf „Point to Point“ ausgelegt sein. Es empfiehlt sich zunächst einmal mit der aktiven Technik – je nach Netzgröße natürlich – mit GPON zu starten. So können die Hardware- sowie Kosten im Glasfaserbau im Rahmen gehalten werden. Außerdem ist diese Technik auf jeden Fall ausreichend, um die Kunden mit den aktuellen Bandbreitenanforderungen zu versorgen.
Gleichzeitig ist man für die Zukunft gewappnet, wenn doch einmal hochbitratige „Point to Point“-Anschlüsse benötigt werden. Hierzu muss dann lediglich die aktive Hardware getauscht sowie die benötigten Glasfaserarbeiten durchgeführt werden, ohne dass weitere, kostentreibende Tiefbauarbeiten notwendig werden.
Zusammengefasst kann man also sagen, dass es ein typisches Stadtwerk als solches nicht gibt und immer eine individuelle Lösung angestrebt wird.
MediaLABcom: Was tut sich bei den kleinen und mittelständischen Kabelnetzbetreibern? Ersetzen sie das Koaxialkabel durch Glasfaser oder führen sie Docsis 3.1 ein?
Michael Neska: Das kommt darauf an. Es macht in manchen Netzen durchaus Sinn, auf Docsis 3.1 aufzurüsten, falls diese Docsis-3.1-fähig sind. Wenn sie es nicht sind und/oder es Synergien gibt, um ein Glasfasernetz aufzubauen, dann kann dieser Schritt wiederum sinnhaft sein. Dies ist beispielsweise der Fall, wenn man mit dem Netz bereits recht nah beim Kunden ist oder eine Leerrohrinfrastruktur beseht. Es sind also beide Varianten denkbar und es ist abhängig vom Business-Case und den örtlichen Gegebenheiten, welche die für den Kunden optimale ist.
Daniel Röcker: Grundvoraussetzung dafür ist jedoch immer, mit einer Backbone-Leitung bis zum gewünschten Ort zu kommen, um Internet liefern zu können. Hier haben gerade kleinere Kabelnetzbetreiber mit geringeren Potenzialen Probleme, ein positives und lohnendes Geschäftsmodell auf die Beine zu stellen.
MediaLABcom: Welche Entscheidungen müssen diese Kabelnetzbetreiber heute treffen, damit sie morgen noch am Markt existieren können?
Marco Zapf: Grundsätzlich müssen Entscheidungen über Investments getroffen werden. Soll auf den direkten Glasfaserausbau gesetzt werden? Sollen die Netze rückkanalfähig gemacht werden oder sollen die Netze bei der reinen TV-Grundversorgung belassen werden? Wobei Letzteres bedeuten würde, dass man nicht das Geschäftsfeld rund um Internet und Telefonie erschließt.
Oftmals wird hier die Entscheidung getroffen, die Glasfasernetze näher zum Kunden zu bauen, um so die Clustergröße zu verkleinern und so beispielsweise die Möglichkeit zu haben, auf Docsis 3.0 oder 3.1 aufzurüsten. Diese Entwicklung ist besonders bei größeren Netzbetreibern zu beobachten.
MediaLABcom: Beim Netzausbau ist die Breitbandförderung durch Bund und Länder ein viel diskutiertes Thema. Wie beurteilen Sie die Förderstrategie der Politik?
Daniel Röcker: Grundsätzlich muss man sagen, dass sich die Förderpolitik in den letzten Jahren verbessert hat. Die Ausschreibungen wurden besser formuliert, es ging weg von der Förderung von FTTC hin zur reinen Glasfaserförderung. Das ist sehr zu begrüßen und stimuliert den Markt positiv, was den einen oder anderen dazu bewegt, doch in den Glasfaser- und Breitbandausbau zu investieren. Eine positive Entwicklung für Deutschland als gesamten Markt und als Wettbewerber zu anderen Ländern kann hier erkannt werden.
Michael Neska: Was jedoch auch genannt werden muss, ist die Dauer, die ein solches Ausschreibungsverfahren in Anspruch nimmt. Bis die ersten Gelder fließen, kann es sich typisch „deutsch-bürokratisch“ schon einmal länger hinziehen. Die teilweise hohe Komplexität der Ausschreibungen tragen ihr Übriges bei. Hier sollte man den Prozess flexibler und einfacher gestalten, denn an Projekten in Deutschland mangelt es nicht.
MediaLABcom: Langsam scheint sich die Einsicht durchzusetzen, dass man mit Kooperationen im Breitbandausbau schneller vorankommt. Die Deutsche Telekom macht mit EWE und inzwischen auch mit der Deutschen Glasfaser gemeinsame Sache. Wie sehen Sie derartige Kooperationen?
Michael Neska: Für kleine und alternative Netzbetreiber und Netzinhaber sind so große Kooperationen recht schwierig. Betrachtet man beispielsweise die Marktmacht einer Deutschen Telekom oder einer EWE, ist es sehr schwer, sich dagegen zu behaupten und kleine bis mittlere Netze zu bauen und zu fördern.
Des Weiteren steigt auch der Druck auf lokale Stadtwerke oder regionale Player, um in den Gebieten, die von einem oder mehreren großen Wettbewerbern bedroht sind, weiterhin Business zu machen und auch den Mut zu haben, weiter zu investieren. Daher kann es in einigen Regionen dazu kommen, dass Ausbauten gebremst werden. Grund hierfür ist die Angst, dass jene Wettbewerber den Business-Case - der beim Glasfaserausbau auf einen sehr langfristigen Zeitraum gerechnet ist - deutlich verschlechtern.
Marco Zapf: Wir haben mit dem Glasfaserausbau die Chance, dass aktuell ein neues Netz entsteht, das nicht mehr nur in einer Hand ist (das Kupfernetz bei der Telekom, das Koaxialnetz bei den großen Kabelnetzbetreibern).
Nun haben wir viele alternative Netzbetreiber mit vielen kleinen bis mittelgroßen Netzen. Dies kann dazu führen, dass die Marktmacht und Monopolstellung der Großen aufgelöst wird und wir in fünf bis zehn Jahren einen Markt haben, der eben nicht mehr von wenigen Großen beherrscht wird, denen sich alle unterordnen müssen.
Durch die größeren Zusammenschlüsse von großen Marktbegleitern wird genau das aktuell jedoch wieder unterbunden, da ein kleines Stadtwerk gegen diese Marktmacht nichts entgegenzusetzen hat und schon gar nicht das Risiko eingeht, ein neues Geschäftsfeld zu erschließen, wenn „einer der Großen vor der Haustür“ ebenfalls ausbaut.
Damit laufen wir Gefahr, dass wir aktuell zwar neue Netze schaffen, aber in einigen Jahren wieder vor der gleichen Situation stehen. Und zwar, dass das neue, große Glasfasernetz unter wenigen Großunternehmen aufgeteilt wird.
MediaLABcom: Sind das Leuchtturmprojekte der Telekom oder kann man generell sagen, dass sie bereit ist, die Netze Dritter zu nutzen?
Michael Neska: Eine grundsätzliche Bereitschaft der Telekom, die Netze Dritter zu verwenden - besonders über aktiven Bitstream Access (BSA) - sehe ich nicht. Ich glaube, dass es Einzelfälle in den großen Zusammenschlüssen geben wird, bei denen sich die Telekom eine Netzwerkstruktur teilt, aber im Gesamten glaube ich noch nicht, dass sie dazu bereit ist.
Natürlich spürt die Telekom die aktuellen Bewegungen der regionalen Player am Markt, sowie die Kunden, die sie dadurch verliert. Sie muss handeln, steht dabei jedoch selbst vor mehreren Problemen. So müsste die Deutsche Telekom über ihren Schatten springen und selbst BSA bei den regionalen Playern einkaufen. Außerdem müsste die Telekom ihre eigene Preispolitik in BSA überdenken, da es schwierig ist, sehr hohe Preise zu verlangen, aber zu günstigen Preisen einkaufen zu wollen.
Außerdem ist die Einhaltung der Qualität ein Problem. Durch die vielen regionalen Player muss die Telekom noch verstärkter darauf achten, ihre Qualität zu halten.
MediaLABcom: In diesen Kooperationen werden Open-Access-Modelle umgesetzt. Dadurch soll der Endkunde vom Wettbewerb unter den TK-Dienstleistungsanbietern profitieren. Geht die Rechnung auf?
Daniel Röcker: Ein Open-Access-Modell, bei dem jeder zu fairen Konditionen einkaufen kann, ist es nicht wirklich. Am Ende des Tages gibt es ein Joint Venture zwischen zwei großen Unternehmen. Diese beiden großen Unternehmen teilen sich den Markt auf. Eine Deutsche Telekom und eine EWE werden sich hier nicht in einen Vertriebskampf begeben, ein Joint Venture soll ja erfolgreich werden. Viel eher gibt es hier Absprachen an denen kleine, lokale oder alternative Anbieter nicht teilnehmen können. Ich sehe daher keine Förderung von Open Access, da die kleinen Anbieter nicht zu den gleichen Konditionen aufs Netz kommen. Eigentlich haben wir hier wieder eine Monopolstellung, nur eben nicht mit einem, sondern mit zwei großen Anbietern – ein Duopol sozusagen.
Michael Neska: Einen richtigen Wettbewerb wird es aufgrund der bereits genannten Kosten- und Preisstruktur nicht geben. Die EWE und die Telekom haben nicht die gleichen Erbringungskosten wie ein Zugang über Bitstream Access kosten wird. Hinzu kommt das Risiko, als Konkurrent der Deutschen Telekom aufzutreten. Diese hat marketingtechnisch andere Möglichkeiten als ein regionaler Player oder kleinere Internet Service Provider.
MediaLABcom: Kooperationen und Open Access verhindern, dass Netze überbaut werden. Funktioniert das in der Praxis?
Marco Zapf: Nein, definitiv nicht. Wir haben selbst einige Projekte, bei denen wir beispielsweise gemeinsam mit dem lokalen Energieversorger ein neues Stadtquartier erschließen. Dort liegen vier parallele Glasfasernetze – von Vodafone, Telekom, einem lokalen Anbieter und von uns in Kooperation mit dem lokalen Netzbetreiber. Leider sind unsere Gesprächsversuche mit den anderen Anbietern gescheitert. Besonders die großen Marktbegleiter vertreten die Meinung, sich nicht auf fremden Netzen einzumieten - besonders nicht unter einer gewissen Größe.
Dies ist ein häufig angewendetes Mittel, um Druck auf kleinere und alternative Anbieter auszuüben. Wenn jemand ausbaut, werden gezielt Überbauungsaktionen von größeren Wettbewerbern gestartet. Diese zielen zunächst darauf ab, dass der lokale Anbieter abgeschreckt wird und doch nicht mehr ausbaut oder eine Kooperation eingeht. Damit wird alles dafür getan, dass es eben nicht dazu kommt, dass nur ein Netz gemeinsam genutzt wird, sondern jeder seine eigene Infrastruktur errichtet.
Aus gesamtdeutscher Sicht sind dieses Vorgehen und Verhalten fatal, da auf diese Art und Weise Gelder verschwendet werden und der deutschlandweite Ausbau verzögert wird.
MediaLABcom: Im November 2019 berichtete MediaLABcom über die Schwierigkeiten bei der Take-up-Rate in Glasfasernetzen. Zieht IPTV als datenintensive Anwendung, die dem Nutzer neue Möglichkeiten des Fernsehens bringt, nicht?
Michael Neska: Die IPTV-Plattformen im deutschen Umfeld im Allgemeinen können – rein technisch – sicher gewisse Mehrwerte bieten. Beispielsweise Catch-up TV oder Network PVR, bei denen man den Vorteil hat, die Lieblingssendung nicht mehr aufnehmen zu müssen, da diese sieben Tage im Rechenzentrum gespeichert wird und zu jeder Zeit abrufbar ist. Bei unserem Nachbarn der Schweiz ist das schon gang und gäbe. Dort ist IPTV mittlerweile „State of the Art“ und hat Kabel und Satellitenschüssel abgelöst.
Wie sieht es in Deutschland aus? Die Rechtegeber unterbinden das. Man kann – bis auf die öffentlich-rechtlichen Sender, dort aber auch nicht jede Sendung – nichts im Network PVR aufnehmen. Dies wird untersagt, sodass IPTV keinen wirklichen Mehrwert für den Endkunden bietet, sondern eher noch Nachteile. Die Standard-TV-Geräte besitzen noch keinen DVB-IP-Tuner, das bedeutet – Sie kennen es vom Kabel –, dass nicht einfach das Datenkabel in den Fernseher gesteckt werden kann und dann alles funktioniert. Sie benötigen also einen Receiver, was im Umkehrschluss Mehrkosten für den Kunden bedeutet, ohne einen gegenüberstehenden Dienst mit echten Mehrwerten.
Daher haben wir die Erfahrung gemacht, dass zwar ein geringer Prozentsatz unserer Kunden IPTV sehr gerne verwendet, vorrangig jedoch als Second-Screen-Lösung, beispielsweise bei den Kindern im Kinderzimmer oder im Schlafzimmer. Als Hauptlösung wird es eher in den seltensten Fällen angesehen, da es monatliche Kosten verursacht und einmalige Anschaffungskosten anfallen.
Es gibt jedoch einige Anbieter, die versuchen, Mehrwerte zu schaffen, wie beispielsweise lineares TV via App auf FireTV, Smart-TV usw. Hier haben wir die Erfahrung gemacht, dass das gut angenommen wird, besonders für die Second-Screen-Nutzung. Mit unserem Partner sind wir in diesem Bereich gut aufgestellt.
MediaLABcom: Wie könnte man Ihrer Meinung nach die Take-up-Raten erhöhen?
Daniel Röcker: Indem man wirkliche Mehrwerte bietet, siehe am Beispiel Schweiz.
MediaLABcom: Wir haben bislang viel über die Probleme und Schwierigkeiten im Breitbandausbau gesprochen. Sicherlich können Sie aber auch Best-Practice-Beispiele nennen. Wo funktioniert der Breitbandausbau Ihrer Meinung nach sehr gut?
Daniel Röcker: Ganz klar in weißen Flecken. Das heißt dort, wo Geschwindigkeiten unter 6 Mbit/s üblich sind. Dort, wo die Menschen kein Homeoffice machen können, nicht streamen können. Also dort, wo ein sehr großer Bedarf ist. In diesen Gebieten haben wir die Erfahrung gemacht, dass wir in der Vorvermarktungsphase Vermarktungsquoten von knapp 80 Prozent erhalten und auch im Nachgang, wenn das Netz aktiv ist, fast 90 Prozent erreichen. Gerade dort muss man für die lokale Politik eine große Lanze brechen, denn nur wenn diese ebenfalls hinter dem Projekt steht, erhält man den Zugang zu den Bürgerinnen und Bürgern. Und wenn diese dann auch das Vertrauen fassen und sich bereiterklären einen Vertrag zu unterschreiben, dann kann man sehr erfolgreiche Projekte abschließen.
Michael Neska:Gerade bei weißen Flecken und gerade dann, wenn den Kunden bewusst ist, dass Sie die Glasfaser benötigen, sind selbst der Tiefbau und die Glasfaserarbeiten angenehmer, da die Kunden Sperrungen von Straßen und Fahrradwegen mit wesentlich mehr Toleranz gegenüberstehen. In grauen Flecken ist es oftmals der Fall, dass sich Teile der Bevölkerung – gerade die, die den Bedarf nicht haben, oder nicht sehen, da die grundlegenden Bedürfnisse gedeckt sind – stark beschweren. Der Dritte im Bunde, der davon profitiert, ist am Ende des Tages die Region. Denn in diesem Zuge können auch die Gemeinden, Kindergärten, Schulen und Krankenhäuser mit angeschlossen und ein „digitales Rathaus“ eingeführt werden.
MediaLABcom: Welche Lehren sollten Marktbeteiligte sowie Politik und Verwaltung aus diesen Best-Practice-Beispielen ziehen?
Marco Zapf: Es müssen alle an einem Strang ziehen. Die Bevölkerung muss informiert und aufgeklärt werden, damit sie weiß, was auf sie zukommt, damit ihr bewusst wird, was das für eine Chance ist. Wichtig ist, dass ihr nicht nur die kurzfristigen Vorteile von einem Glasfasernetz aufzeigt werden, sondern auch klar gemacht wird, was die langfristigen Vorteile sind. Gerade in den grauen Flecken muss das Verständnis geschaffen werden, dass die Geschwindigkeiten zwar aktuell noch genügen, man aber für die Zukunft gewappnet sein muss. Der Bandbreitenbedarf nimmt jährlich zu, ohne dass man selbst etwas am eigenen Surfverhalten ändert. Wer weiß, was in den nächsten Jahren noch kommt. Den Menschen muss klar gemacht werden, dass es sich hierbei um eine Investition, nicht nur in die Region und die Gemeinde handelt, sondern in die Zukunft!
MediaLABcom: Vielen Dank für das Gespräch.
Im Schatten von Corona stirbt der Mittelstand … oder warum sollen die Konglomerate auf die Chance verzichten?
Heinz-Peter Labonte
Alle Welt redet bei Corona übers Homeoffice. Selbst Kanzlerin und Kanzlerkandidat arbeiten von Zuhause. Und jeder/jede BürgerIn freut sich über breitbandige Internetanschlüsse, insbesondere wenn die Kinder gleichzeitig Streaming-Portale nutzen.
Idealer Zeitpunkt die Senderlandschaft …
Wann, wenn nicht jetzt, ist der Zeitpunkt für die flächendeckenden Infrastrukturanbieter und großen Senderfamilien in Deutschland zukünftig nochmals so günstig, endlich die verbliebenen lästigen kleinen, mittleren und lokalen/regionalen Wettbewerber vom Markt zu verdrängen? Der „Flickenteppich“ von lokalen, regionalen und unabhängigen Sendern muss doch endlich zugunsten der europäischen „Champions“ beseitigt werden. Denn die unabhängigen Sender stören doch nur bei der Marktbereinigung zugunsten der EU-Champions.
… und den Infrastrukturmarkt zu bereinigen
Natürlich sind wir im Telekommunikationsmarkt schon ein Stück weiter. Nach der von Bundeskartellamt und EU-Wettbewerbskommissarin mit lächerlichen Auflagen genehmigten Übernahme der angelsächsischen Unitymedia durch die im Nicht-EU-Land ansässige Vodafone kommt der Corona-bedingte Ausbaustillstand im Mittelstand doch gerade recht. Kommunen, Stadtwerke und ihre Telekommunikationstöchter leiden unter den durch Grenzschließungen verursachten Heimgängen der Bautrupps ins Baltikum, nach Polen und Skandinavien. Und ob die EU-Richter aus dem Homeoffice die Beschwerden gegen die Übernahme schneller erledigen können, darf bezweifelt werden. Wetten, dass in einigen Monaten Berlin und Brüssel eine Konsolidierung der Netze zur Vorbereitung auf die nächste Krise fordern?
Hilfreiche deutsche Politik
Unterstützend wirkt die deutsche Politik mit ministerieller Planstellensicherung und –steigerung durch Beibehaltung praxisunfreundlichen Papierkrams und bürokratischer Monster, die angeblich oder tatsächlich auf EU-Kommissionsbedenken basieren. Man wird wohl noch die eigene Verantwortung wegorganisieren dürfen.
Schließlich kann man doch nicht so etwas Einfaches, wie die unbürokratische, verbraucherfreundliche Gutscheinlösung, das heißt, die auf Förderung der Nachfrage orientierte Voucher-Lösung (MediaLABcom berichtete) zulasten der bürokratischen, eigene Planstellen sichernden Eigenschöpfung in die Förderpraxis übernehmen.
Struktur- und Medienpolitik
Auch in Zeiten der Corona-Krise kann man eigentlich erwarten, dass Telekommunikations- und Medienpolitik den Wettbewerb und Verbraucherschutz zukunftsweisend im Sinne der Sozialen Marktwirtschaft vorantreiben. Globalisierung sollte auch in diesen Bereichen auch in Krisenzeiten weitblickend durch eine sinnvolle und vernünftige Politik der Einbindung lokaler und regionaler Wirtschaftsstrukturen vervollständigt werden. Nur mit sinnvollen, sich ergänzenden „glokalisierten“ Strukturen ist die Medien- und Telekommunikationspolitik erfolgreich für die nächste Krise gerüstet.
Gefährdung von lokalen Sendern …
Betrachtet man den Medienstaatsvertrag nebst Auswirkungen auf die lokalen, regionalen und unabhängigen Sender, dann kann man nur politisches Desinteresse an deren Existenzsicherung feststellen. Schaut man dann noch auf den Verzicht jeglicher Wettbewerbssicherung im Bereich der zurzeit in Ad-Technology-Kreisen vieldiskutierten Koexistenz von Einkaufsplattformen (DSP) und Verkaufsplattformen (SSP) innerhalb einer Technologie, so ist Regelungsunwillen zu konstatieren.
Es wäre Gelegenheit gewesen, den Versuch einiger großer Anbieter zu unterbinden, eine solche End-to-End-Lösung aufzubauen. Dieser Versuch, die Einkaufsseite und die Verkaufsseite auf der Plattform nur eines Technologieanbieters abzubilden, vernichtet freien Wettbewerb und passt in die Große Koalition der Oligopolpolitiker aus Bund und Ländern.
... und Infrastrukturanbietern
Dies gilt natürlich neben vielen anderen Punkten auch für das bewährte unbürokratische Sammelinkasso der Wettbewerber der Oligopolisten aus Handwerk und Mittelstand, die dies als Partner der Wohnungswirtschaft bereits seit der Einführung der Gemeinschaftsantennen in den sechziger Jahren des letzten Jahrhunderts verwaltungsvereinfachend praktizieren. (Lesen Sie hierzu auch den Gastbeitrag von Rechtsanwalt Michael Schmittmann.
Dies seitens der Oligopolisten der Telekommunikationsinfrastruktur unter dem politischen Kampfbegriff des „Nebenkostenprivilegs“ zu verunglimpfen, darf man ruhig als Unverschämtheit bezeichnen, die hoffentlich einmal ausnahmsweise in der Politik und beim Gesetzgeber selbst in Krisenzeiten unbeachtet bleiben sollte.
Fazit
Wetten, dass nach dem Ende der Corona-Krise keiner am Mittelstandssterben schuldig gewesen sein will? Zumindest in den deutschen Politikbereichen, in denen die Wähler direkt wählen dürfen? Denn an allem ist die nicht vom Wähler direkt oder wenigstens indirekt vom EU-Parlament gewählte EU-Kommission schuldig. Auch habe man während der Corona-Krise schließlich nicht auf solche Kleinigkeiten wie Wettbewerbssicherung und Verbraucherschutz achten können.
Auch sei die Freundschaft zum britischen Nachbarn und seinem Unternehmen schließlich ebenfalls wichtiger gewesen als die Sicherung von Kommunalunternehmen und Mittelstand in Deutschland. Die Betroffenen seien zudem undankbar, dass sie nicht die vielen, über die KfW zurückgegebenen Steuergeldmilliarden aus dem Bundeshaushalt an die „Solounternehmen“ und Mittelständler goutieren. Bringt Pfingsten die Erleuchtung?
Aber vielleicht kommt alles ganz anders, denn dieses Jahr dürfte erstmals Ostern und Pfingsten am gleichen Wochenende gefeiert werden und der Engel Aloysius könnte dann ausnahmsweise mal Berlin und Brüssel beehren und sich nicht im Hofbräuhaus in München verzetteln. Er könnte dann endlich den in ihren Sonntagsreden die „soziale Marktwirtschaft“ preisenden Festrednern die Erleuchtung über die Bedeutung von Wettbewerb und Verbraucherschutz für diese Wirtschaftsform bringen!
Der Dammbruch: ARD und ZDF werden die Kabeleinspeiseentgelte nicht los
Marc Hankmann
Vor acht Jahren waren die öffentlich-rechtlichen TV-Sender der Meinung, dass es eine gute Idee sei, die Einspeiseverträge mit den Kabelnetzbetreibern zu kündigen, um die damit verbundenen Zahlungen für die Verbreitung in den Netzen zu beenden. Sechs Jahre später nach unzähligen Verhandlungstagen vor diversen Gerichten stand fest: ARD und ZDF müssen weiterhin zahlen (MediaLABcom berichtete). Doch nun nicht mehr nur an die ganz großen Kabelnetzbetreiber.
Natürlich heißen die Einspeiseentgelte nicht mehr Einspeiseentgelte, aber eine Ente bleibt eine Ente, ganz gleich wie sie heißt. Stattdessen ist von einer Vergütungsleistung die Rede, die nicht nur die Einspeisung diverser Programme von ARD und ZDF in HD-Auflösung umfasst, sondern auch deren Mediatheken, die beispielsweise über die Giga-TV-Plattform von Vodafone verbreitet werden, sowie zusätzliche Funktionen wie Restart und Replay.
Tele Columbus einigte sich mit dem ZDF
Die damalige Vertragskündigung betraf die Kabelnetzbetreiber Unitymedia, Kabel Deutschland und Kabel BW. Alle drei befinden sich nun unter dem Dach des Düsseldorfer Telekommunikationskonzerns Vodafone. Anderen Kabelnetzbetreibern zahlten die Öffentlich-Rechtlichen keine Einspeiseentgelte. Doch das ändert sich nun, denn Anfang März 2020 gab die Tele Columbus AG eine Kooperationsvereinbarung mit dem ZDF bekannt.
Auch im Rahmen dieser Kooperation werden zum einen sämtliche Programme des ZDF in den Kabelnetzen der Tele Columbus Gruppe verbreitet. Zum anderen stehen die ZDF-Inhalte zur interaktiven Nutzung auf der TV-Plattform des Kabelnetzbetreibers zur Verfügung. „Zugleich wird die Verbreitung der ZDF-Angebote in allen Auflösungen für beide Seiten rechtssicher geregelt“, heißt es in einer Pressemitteilung von Tele Columbus, was laut Branchenexperten nichts anderes bedeutet, als dass auch die Frage der Einspeiseentgelte geklärt ist – ebenso wie bei Vodafone.
Verbreitungs- und Überlassungsnutzen
Und es gibt noch eine gerichtliche Baustelle für das ZDF. Im Jahr 2011 klagte NetCologne auf Zahlung von Einspeiseentgelten. Das Verfahren ging bis zum Bundesgerichtshof, der es wieder an das Oberlandesgericht Düsseldorf verwies. Aus Sicht des BGH profitieren sowohl der Programmveranstalter (Verbreitungsnutzen) als auch der Kabelnetzbetreiber (Überlassungsnutzen) von der Einspeisung. Daher müsse man den Wert der jeweiligen Leistung, das Erlangen einer größeren Reichweite bzw. die kommerzielle Verwertung der Programme, gegeneinander aufwiegen.
Das OLG Düsseldorf hat in diesem Fall den Überlassungs- mit dem Verbreitungsnutzen verglichen und kam zu einem Entschluss: Der Überlassungsnutzen übersteigt den Verbreitungsnutzen nicht. Das ZDF müsse keine Einspeisevergütung zahlen. Aber auch dieses Urteil hob der BGH auf, übrigens nachdem das OLG Düsseldorf die Revision wie beim ersten Urteil erneut nicht zugelassen hatte.
Dritte Runde beim OLG
NetCologne wird durch Juconomy Rechtsanwälte vertreten. Deren Jurist Jens Schulze zur Wiesche schrieb im März 2020 im Newsletter der Kanzlei, dass der BGH in der mündlichen Verhandlung eine unzureichende Bewertung des Verbreitungsnutzens kritisierte. Sie ziele allein auf die Werbeeinnahmen ab. Außerdem habe das OLG keine Vergleichsmärkte in seine Urteilsfindung mit einfließen lassen, obwohl der BGH in seiner Begründung von einer „Beurteilung des Marktes oder eines Vergleichsmarktes“ spricht.
Die Urteilsbegründung des BGH steht noch aus und damit auch die konkreten Gründe, warum sich das Oberlandesgericht in Düsseldorf ein drittes Mal mit dem Fall beschäftigen darf. Der BGH wird den Richtern am OLG auch Anweisungen mitgeben, wie das Verhältnis zwischen Überlassungs- und Verbreitungsnutzen zu bewerten ist. Schulze zur Wiesche ist sich sicher, dass „ein bloßes Gegenüberstellen von Überlassungsnutzen und Verbreitungsnutzen (Werbeeinnahmen), was sich nach dem zweiten Berufungsurteil etabliert zu haben schien, in dieser Form keine tragfähige Bewertungsgrundlage darstellt.“
Musterklage soll Klarheit bringen
Darüber hinaus droht den Öffentlich-Rechtlichen weiteres Ungemach durch den Fachverband Rundfunk- und BreitbandKommunikation (FRK), dessen Mitglieder in der Vergangenheit ebenfalls in Sachen Einspeiseentgelte leer ausgingen, deren Forderungen aber nach den Einigungen mit seinerzeit Unitymedia, Vodafone und jetzt Tele Columbus neues Gewicht erhalten.
Da ARD und ZDF einen Rahmenvertrag des FRK zur Zahlung von Einspeiseentgelten ablehnten und die Einwürfe des Verbands beim Bundeskartellamt wegen Ungleichbehandlung kein Gehör fanden, wird nun eine Musterklage angestrebt. Das FRK-Mitglied LKG Lausitzer Kabelgesellschaft hat ARD und ZDF aufgefordert, Entgelte für die Verbreitung der öffentlich-rechtlichen Programme
Kartellrechtlich unbedenklich
Das ZDF gibt sich stur und verwies zunächst auf das Verfahren gegen NetCologne, allerdings zu einem Zeitpunkt, als das OLG Düsseldorf die Klage der Kölner abgewiesen hatte. Der Erfolg von NetCologne vor dem BGH dürfte der Forderung der LKG neuen Auftrieb geben.
Die ARD signalisierte Gesprächsbereitschaft, insofern der FRK einen Rahmenvertrag vorlegen könne, den das Bundeskartellamt für unbedenklich hält, denn nach Ansicht der ARD ist der Verband ein Nachfragekartell – wenn auch eines, dessen Macht bislang nicht ausreichte, um ebenso wie die großen Kabelnetzbetreiber Einspeiseentgelte zu erhalten. Aber die ARD dürfte sich bestens mit dem Kartellrecht auskennen, wurde die Kündigung der Einspeiseverträge aus dem Jahr 2012 doch wegen der Absprache zwischen ARD und ZDF für null und nichtig erklärt.
Das Thema Einspeiseentgelte für Kabelnetzbetreiber ist also aktueller denn je. Man darf gespannt sein, wie das OLG Düsseldorf im Streit zwischen dem ZDF und NetCologne entscheidet, ob das ZDF nach der Einigung mit Tele Columbus gegenüber dem FRK gesprächsbereiter ist und ob es dem Verband gelingt, einen kartellrechtlich unbedenklichen Rahmenvertrag vorzulegen. Der müsste natürlich nicht nur den Kartellwächtern in Bonn schmecken, sondern auch den Intendanten der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten. Wenn das gelingt, wäre die Einigung von ARD und ZDF mit Vodafone in Sachen Einspeiseentgelte ein Dammbruch gewesen.
BGH: ARTE muss Einspeiseentgelte zahlen
RA Ramón Glaßl
Mit Urteilen vom 18. Februar 2020 (Az.: KZR 7/17 und KZR 6/17), deren Urteilsgründe nun veröffentlicht wurden, verurteilte der Bundesgerichtshof den Fernsehsender ARTE zur Zahlung von Einspeiseentgelten gegenüber den Kabelnetzbetreibern Unitymedia und Vodafone.
Bereits seit 2011 laufen die Streitigkeiten zwischen den beiden großen deutschen Kabelnetzbetreibern Vodafone (ehemals Kabel Deutschland) und Unitymedia auf der einen und den öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten auf der anderen Seite. Gegenstand war ein Vertrag aus dem Jahr 2008, nach welchem die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten den beiden Kabelnetzbetreibern für die Verbreitung ihrer Programmsignale Einspeiseentgelte zahlten. Im Zentrum des Streits stand auch die Must-Carry-Regelung, nach der Kabelnetzbetreiber verpflichtet sind, die Programme der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten zu senden.
Während sich die beiden Rundfunkanstalten ARD und ZDF mit den beiden Kabelnetzbetreibern außergerichtlich einigten (MediaLABcom berichtete), konnte mit ARTE keine Einigung erzielt werden. Also war es nun am Bundesgerichtshof, die Sache zu entscheiden.
OLG: keine Wettbewerbsbeschränkung
Im Zentrum des Verfahrens stand die Frage, ob die von ARD, ZDF, und ARTE erklärte Kündigung des Vertrages aus dem Jahr 2008 wirksam war oder nicht. Nach Feststellungen sowohl des Bundesgerichtshofs als auch des Oberlandesgerichts Karlsruhe erzielten die Vertreter der ARD-Rundfunkanstalten in einer Besprechung mit dem ZDF am 22. März 2011 Einvernehmen darüber, künftig keinem Kabelnetzbetreiber mehr Entgelt für die Einspeisung von Programmsignalen zu zahlen und zur Umsetzung dieses Vorhabens den mit Vodafone und Unitymedia geschlossenen Einspeisevertrag zum Ablauf des Jahres 2012 zu kündigen. Mit nahezu wortgleichen, in demselben Umschlag versandten Schreiben vom 19. Juni 2012 erklärten ARTE und die anderen am Einspeisevertrag beteiligten Rundfunkanstalten die Kündigung des Einspeisevertrags zum 31. Dezember 2012. Wegen der Must-Carry-Regelung speisten die beiden Kabelnetzbetreiber die Signale der Sender jedoch weiter in ihre Kabelnetze ein.
Das vorinstanzliche OLG Karlsruhe entschied, dass die Kündigung des Vertrags durch ARTE wirksam war und nicht gegen das Kartellverbot aus § 1 GWB verstoße. Zwar hätten die in der ARD zusammengeschlossenen Rundfunkanstalten und das ZDF ihr Verhalten abgestimmt, doch habe diese Abstimmung in Bezug auf ARTE keine Beschränkung des Wettbewerbs bezweckt oder bewirkt. Da die in der ARD zusammengeschlossenen Rundfunkanstalten und das ZDF Gesellschafter von ARTE seien, seien sie insoweit nicht Wettbewerber, sondern gemeinsam Veranstalter des Programms von ARTE. Zur Wahrnehmung der für die Gesellschafter vorgesehenen Kontrollaufgaben sei eine gemeinsame Entscheidung der Gesellschafter über die Verbreitung des Programms der Beklagten geboten.
Zurückverweisung an das OLG Karlsruhe
Dies hat der BGH nun anders gesehen: Nach dem Bundesgerichtshof ist die von ARTE erklärte Kündigung unwirksam und hat den Einspeisevertrag nicht beendet. Der Kündigung lag eine nach § 1 GWB verbotene Abstimmung unter Wettbewerbern zugrunde – also eine Abstimmung, die gegen geltendes Kartellrecht verstößt. Entgegen den Feststellungen des OLG Karlsruhe kommt der Bundesgerichtshof zu dem Schluss, dass sowohl die in der ARD zusammengeschlossenen Rundfunkanstalten als auch das ZDF – obgleich sie Gesellschafter von ARTE sind – mit ARTE im Wettbewerb stehen. Wesentlich für diese Feststellung war, dass es sich bei ARTE nicht um ein Gemeinschaftsprogramm handele, sondern dass ARTE Veranstalter eines eigenen Programms sei. Insofern dürfe eine Abstimmung der Gesellschafter nicht ohne Weiteres stattfinden.
Der Bundesgerichtshof kam insofern zu dem Schluss, dass der Einspeisevertrag nicht wirksam zum 31. Dezember 2012 gekündigt wurde und den Kabelnetzbetreibern somit das vertraglich vereinbarte Entgelt jedenfalls im Jahr 2013 zusteht. Weil das OLG Karlsruhe (in seiner Ansicht konsequent) nicht alle für eine Entscheidung durch den Bundesgerichtshof erforderlichen Tatsachen erhoben hat, hat der Bundesgerichtshof den Rechtsstreit teilweise an das OLG Karlsruhe zurückverwiesen. Dieses wird sich nun mit den Feststellungen des Bundesgerichtshofs auseinandersetzen und neue Feststellungen treffen müssen – sofern nicht doch eine Einigung zustande kommt.
Ramón Glaßl ist Rechtsanwalt bei der Kanzlei Schalast & Partner. Gegründet im Jahr 1998 als Boutique für M&A und TMT berät die Kanzlei auch heute noch schwerpunktmäßig in diesen Bereichen. Darüber hinaus hat sich das Beratungsportfolio zwischenzeitlich erweitert, sodass nunmehr das gesamte Wirtschaftsrecht abgedeckt wird. Der FRK wurde bereits in früheren Verfahren vor dem Bundeskartellamt, der Bundesnetzagentur und den ordentlichen Gerichten von der Kanzlei Schalast & Partner beraten. Professor Dr. Christoph Schalast besetzt seit Juni 2015 zudem die Stelle als Justiziar des FRK.
Attacke aufs Sammelinkasso - Bundesregierung greift mittelständische Strukturen an
RA Michael Schmittmann
Nach Corona wird alles anders, so hören wir es landauf und landab. Freiheiten werden eingeschränkt bleiben, die Globalisierung reduziert – es ist die Stunde staatlicher Gewalt und des Ordnungsrechts. Manches, was früher im rasenden Zug des über zehnjährigen Wirtschaftshypes nach der Finanzkrise 2008 für die Zukunft vorgesehen war, dürfte nicht mehr im Bahnhof ankommen. Das ist in einigen Fällen nicht zu bedauern. Es ist Deutschland vielmehr zu wünschen, dass wir erfolgreiche Strukturen wie den Mittelstand und ganz besonders die gewachsene Kooperation zwischen Breitband- und Kabelnetzbetreibern auf der einen und der Wohnungswirtschaft auf der anderen Seite nicht vernichten, sondern erhalten. § 2 Nr. 15 b Betriebskostenverordnung (BetrKV) muss bleiben und nach Corona gilt das mehr als je zuvor; die Bundesregierung muss ihren Plan, das Sammelinkasso zu kassieren, aufgeben!
Was bisher geschah
Den Lesern dieses Organs müssen der Hintergrund und die Bedeutung der Betriebskostenverordnung nicht besonders erklärt werden. Laufende Kosten des Eigentümers sind auf den Mieter umlagefähig. Dazu gehören die Kosten des Betriebs einer Gemeinschaft-Antennenanlage (§ 2 Nr. 15 a BetrKV) und „des Betriebs der mit einem Breitbandnetz verbundenen privaten Verteilanlage“ (Nr. 15 b). Dies ermöglicht den kleinen, mittleren und großen Wohnungswirtschaftsunternehmen, eigene Kabel- und Breitbandnetze zu errichten oder von Kooperationspartnern, insbesondere mittelständischen Netzbetreibern, errichten und/oder betreiben zu lassen. Entstanden aus der vor 20 Jahren erwachsenen Idee, dass wilde Satelliten¬antennenwälder einzelner Mieter durch eine moderne Gemeinschafts¬versorgung verhindert werden können, „zog das Mietrecht mit“.
Primat des Mietrechts
Da der damals durch die Explosion der Zahl von Satelliten-TV-Programmen aufkommende nationale und internationale TV-Konsum vertrags¬gemäßer Gebrauch der Wohnung durch den Mieter ist (§§ 535, 536 BGB), darf der Vermieter nur dann erfolgreich gegen individuelle Parabolantennen vorgehen, wenn er eine kompensatorische Gemeinschaftsversorgung vorsieht (vgl. Schmittmann, Rechtspraxis des ASTRA-Satelliten-Direktempfangs, 3. Aufl. 1998, S. 26 ff. mit Nachweisen aus der Rechtsprechung).
Nichts anderes gilt, wenn die Wohnungs¬wirtschaft mit aufgerüsteten Netzen über Gemeinschaftsanlagen Internet Protocol Televison (IPTV), also die neuen Digital-TV-Plattformen, anzubieten weiß (Hitpass, NZM 2012, 401, 405 m.w.N.a.d.Rspr.). Derartige Modernisierungsmaßnahmen sind – wie schon Errichtung und Betrieb der Anlagen – mietrechtlich sauber erfasst: Den Mieter trifft eine Duldungspflicht (§ 541 b BGB), die Miete darf nach § 3 des Gesetzes zur Regelung der Miethöhe (MHG) bei nicht preisgebundenem Wohnungsbau erhöht werden. Laufende monatliche Entgelte sind nach § 27 der 2. Verordnung über wohnungswirtschaftliche Berechnung (2. BV) umlagefähig.
Bei öffentlich gefördertem, preisgebundenem Wohnungsbau ergibt sich dies aus § 6 Neubaumietenverordnung (NMV) i. V. m. § 11 2. BV (Mieterhöhung) bzw. §§ 2 ff MHG und § 24 NMV (Betriebskostenumlage). Bei Wohnungseigentümergemeinschaften geht es um die Frage, ob zu derartigen Modernisierungsmaßnahmen jeder Wohnungseigentümer zustimmen muss (§ 22 WEG). Auch hier hat – wie im Mietrecht – die vom Verfassungsgrundrecht der Informationsfreiheit gem. Art. 5 GG contra Eigentumsgarantie gem. Art. 14 GG durchdrungene Rechtsprechung der Gerichte geklärt, dass sich der Einzelne der Gemeinschaftsversorgung nicht entgegenstellen kann, wenn deren Leistungsfähigkeit individuellen Lösungen entspricht (vgl. z.B. BGH NJW 2004, 977; für Breitband-DSL-Anschluss LG Frankfurt a.M., NJW-RR 2013, 1357; LG Hamburg, ZMR 204, 743).
Attacke 1 (2012) - abgewehrt
Soweit der Befund. Die Attacke auf die gewachsene Rechts- und Sachlage starteten die Deutsche Telekom AG (DTAG) bzw. Telekom Deutschland schon 2012 bei der damaligen Novelle des Telekommunikationsgesetzes (TKG). Unter „6. Abbau von Marktverzerrungen gegenüber TV-Kabelnetzen (Nebenkosten¬privileg)“ hieß es in der Stellungnahme, der Mieter zahle über die Nebenkosten den Kabelanschluss, egal, ob er ihn nutze oder nicht. Bei Bestellung von IPTV bei anderen TK-Unternehmen (also Telekom) zahle er doppelt. Er habe keine Wahlfreiheit, die Kosten seien intransparent. Das sei Marktverzerrung zu Gunsten der Kabelnetzbetreiber und zu Lasten der TK-Anbieter. Die Stellungnahme endete mit den Worten: „Die Vorschrift des § 2 Nr. 15 BetrKV sollte gestrichen werden. Das ist der ordnungspolitisch sauberste Weg im Vergleich zu einer Ausnutzung der Regelung auf Breitbandnetze und -angebote“ (Zitat bei Hitpass, a.a.O., S. 410).
Aber es kam anders: Der Gesetzgeber ersetzte in § 2 Nr. 15 BetrKV das Wort „Breitbandkabelnetz“ durch „Breitbandnetz“ und stellte damit klar, dass der Primat des Mietrechts auch gilt, wenn aus TV-Kabelnetzen Triple-Play-Angebote werden oder die Wohnungswirtschaft (WoWi) solche modernen, hochgeschwindigkeitsfähigen Netze selbst verlegt/verlegen lässt.
Attacke 2 (2019/20) - Verbraucherschutz als Nebelkerze
Doch die magentafarbenen Strategen haben 2019 einen neuen, diesmal gefähr¬licheren Angriff auf das Gefüge des Mietrechts gestartet. Das Bundes¬wirtschafts¬ministerium und das Bundesverkehrsministerium gehen dem Lobbying der Bonner auf den Leim. Im Eckpunktepapier zur TKG-Novelle 2019 heißt es, weil nach §§ 105, 43 b TKG Vertragsbindungen zwischen Verbrauchern und TK-Dienstleistern nicht länger als 24 Monate unkündbar sein dürfen (Umsetzung von EU-Recht, genauer der Universaldiensterichtlinie) kollidiere § 2 Nr. 15 BetrKV mit geltendem TK-Recht. Es müsse sichergestellt werden, „dass Verbraucher nicht durch vertragliche Hindernisse vom Anbieterwechsel oder einer Vertragsbeendigung abgehalten werden“ (BMWI/BMVI, Eckpunkte zur TKG-Novelle 2019, 21. Februar 2019, S. 16 f.).
Mit dieser juristischen Nebelkerze kamen die Lobbyisten in den Abteilungen für Digitales in den beiden Ministerien durch; vor dem ersten deutschen Gericht, welches damit befasst war, aber schon nicht mehr. Das Landgericht Essen kam bei einer Unterlassungsklage der Wettbewerbszentrale gegen VIVAWEST zum Ergebnis, dass § 43 b TKG (Begrenzung auf 24 Monate Vertragslaufzeit) die WoWi keineswegs verpflichte, sich des längerfristigen, weil am Mietvertrag hängenden Sammelinkassos zu enthalten, denn sie sei mangels Qualifizierung als Anbieter von TK-Diensten nicht Normadressat (LG Essen, AZ. 45 O 72/18, Umdruck, S. 10 ff., MediaLABcom berichtete). Man fügt hinzu: Ihr Vertragspartner Mieter ist auch ihr gegenüber kein Verbraucher.
Die Technologieneutralität des § 2 Nr. 15 b BetrKV
Der Gesetzgeber hat 2012 sehenden Auges und richtigerweise § 2 Nr. 15 b BetrKV technologisch neutral ausgestaltet. Er wollte, dass der Ausbau digitaler breitbandiger Infrastrukturen vom Vermieter als Gemeinschaftsversorgung angegangen wird und hat damit Reichweitenerfolge erzielt. Das ist Wettbewerb und Förderung der Innovationsziele des TKG, nicht deren Verhinderung.
Unverständlich bleibt, wie die Bundesregierung sich zum bloßen Handlanger des Ex-Monopolisten Telekom machen lässt, der es sich jetzt ungefähr im Duopol mit Vodafone so bequem gemacht hat, wie es RTL und ProSiebenSat.1 im Wettbewerb zwischen Privat-TV-Veranstaltern vorexerziert haben. Das Ganze lässt sich auch mit der Beteiligung des Bundes am Rechtsnachfolger der Deutschen Bundespost nicht erklären. Schließlich bekommt auch die Commerzbank keine Rechtsgeschenke im Wettbewerb mit anderen Banken.
Es scheint der Irrglaube des Ministers Peter Altmaier zu sein, nicht die Harten, sondern „nur die Starken kommen in den Garten“, so wie er auch die europäische Fusionskontrolle beschneiden wollte, um Euro-Giganten gegen das Silicon Valley entstehen zu lassen. Lippenbekenntnisse auf Mittelstandstagen sind nichts wert, „messt ihn an seinen Taten“.
Falsche Ausfahrt DigiNetzG
Doch schon bei der TKG-Novelle 2016 (DigiNetzG) in Umsetzung der europäischen Kostensenkungsrichtlinie war der Gesetzgeber auf Abwege gekommen. Es ging ihm nicht schnell genug. Das Zugangsrecht der TK-Diensteanbieter zur Inhouse-Infrastruktur wurde so umformuliert, dass die WoWi den schwarzen Peter für die zu langsam empfundene Etablierung von hochgeschwindigkeitsfähigen Netzen zugespielt bekam.
Seitdem setzt Berlin auf die Atomisierung von Hausinfrastrukturen (jedem Mieter seine eigene Verkabelung – „Einzelstich“; vgl. schon 2016 kritisch Brock/Schmittmann, MMR 2016, 584, 587). In unserer eigenen Analyse des kärglichen finanziellen Ausgleichs zu Gunsten der WoWi nach § 77 k Abs. 1 TKG beim Einzelstich notierten wir 2016 auf der Basis des verfassungsrechtlichen Gutachtens von Professor Battis und Augustin: Der finanzielle Ausgleich ist nicht ausreichend, „denn die weitreichende Duldungspflicht erlaubt dem Netzbetreiber die vollständige Kommerziali¬sierung des Abschlusses und dient nicht vorrangig der Allgemeinheit. Unentgeltliche Duldungspflichten sind im Bereich des TK-rechtlichen Wege- und Zugangsrechts ausgeschlossen. Für die Höhe des Entgelts gilt, dass dieses im Verhältnis zu dem Gewinn des Netzbetreibers stehen muss und sich nicht lediglich in einer bloßen Aufwandsentschädigung erschöpfen darf.“ (Brock/Schmittmann a.a.O.)
Überraschenderweise schadet das DigiNetzG aber den gewachsenen Strukturen in der Wohnungswirtschaft weniger als gedacht. Umgekehrt scheitert die Telekom auch nach dem DigiNetzG 2016 mit ihrer Zielsetzung, auf Kosten Dritter und ohne Entgelt für den Zugang zu häuslichen Infrastrukturen auf Netzen der WoWi bzw. ihrer Vertragspartner zu Einzelkunden mit 24-monatig kündbaren Einzelverträgen vorzudringen. Sie hat erkannt, dass nicht das Zugangsentgelt das Hindernis ist, sondern die mangelnde Akzeptanz der Mieter. Kann es sein, dass diese einfach zufrieden mit der Leistung der Gemeinschaftsversorgung sind? Da bleibt nur noch als letzter Schuss der Angriff auf das Mietrecht. Darf der Vermieter die monatlichen Kosten seiner Gemeinschaftsanlage nicht mehr umlegen, verödet diese im Unverbindlichen. Und er kann bei der Neuvermietung nicht mehr ernsthaft mit der digitalen Ausrüstung seiner Wohnungen werben.
„Ich, ich, ich“
Corona zeigt uns: Wir hängen dicht aufeinander und die Ignoranz des Einzelnen kann die Krankheit oder gar den Tod des anderen bedeuten. Das gilt in dicht besiedelten Mieteinheiten der Wohnungswirtschaft allemal. Der von der Telekom betriebe Kampf gegen gemeinschaftliche Lösungen, gegen Kabelnetzbetreiber im Wettbewerb – auch und gerade aus dem Mittelstand –, der Versuch, traditionelle und bewährte Institutionen des gemeinschaftlichen Lebens im Mietverhältnis zu zerstören, ist der falsche Weg. Er passt in unser digitales und sensibles Miteinander ebenso wenig, wie eine egoistische Ressourcenverschwendung die Antwort auf den Klima¬wandel wäre. Berlin muss uns hören – Peter Altmaier muss umkehren!
Michael Schmittmann ist Rechtsanwalt und Partner bei Heuking Kühn Lüer Wojtek in Düsseldorf. Er ist in den Bereichen Medienrecht einschließlich Sport und Entertainment, Telekommunikation, IT-Vertragsrecht und IT-Litigation einschließlich der Betreuung komplexer Cybercrime-Verfahren, europäisches und deutsches Kartellrecht sowie Glücksspielrecht tätig. Schmittmann hat an den Universitäten Köln und Genf, dem Britisch Institute of International and Comparative Law in London sowie dem International Law Institute der Georgetown University in Washington D.C. studiert. 1989 begann seine anwaltliche Tätigkeit bei Heuking mit Schwerpunkt im Telekommunikations-, Medien-, IT- und Kartellrecht.
Der Staat als Geldgeber: Vorschläge der Monopolkommission für einen beschleunigten Breitbandausbau
Marc Hankmann
Bei der Förderung des Breitbandausbaus macht der Bund keine gute Figur. Was will man von einer Regierung erwarten, für die 2013 das Internet noch Neuland war, die 2015 ein Breitbandziel von 50 Mbit/s ausruft, es aber krachend verfehlt und die so ungeschickt mit ihren Smartphones umgeht, dass wichtige Daten gelöscht werden (von der Leyen, Scheuer)? Die Frage ist keineswegs rhetorisch, denn die Antworten finden sich im jüngsten Sektorgutachten der Monopolkommission zum Wettbewerb im Telekommunikationsmarkt. Überschrift: staatliches Augenmaß beim Netzausbau.
Fast fünf Milliarden für über 700 Projekte
Seit dem Start der Breitbandförderung durch den Bund erhielten nach Angaben der atene KOM, die das Breitbandbüro des Bundes unterhält, bis Mitte November 2019 735 Infrastrukturprojekte finanzielle Mittel aus Berlin. Die meisten Projekte davon wurden in Sachsen, Mecklenburg-Vorpommern und Bayern realisiert. Das meiste Geld aus der Bundeskasse, nämlich 922 Millionen Euro, floss hingegen nach Mecklenburg-Vorpommern. Nordrhein-Westfalen erhielt 902 Millionen und Sachsen 653 Millionen Euro. Insgesamt steckte der Bund rund 4,92 Milliarden Euro in den Breitbandausbau.
Insgesamt wurden mit dem Geld 2,27 Millionen Breitbandanschlüsse realisiert. Auch hier liegen Nordrhein-Westfalen mit 373.000 und Mecklenburg-Vorpommern mit 329.000 Anschlüsse vorn. Zwischen diese beiden drängt sich lediglich Niedersachsen mit 341.000 Anschlüssen, die mit Hilfe der Bundesförderung entstanden sind. Somit liegt die bewilligte Fördersumme pro Anschluss im Schnitt bei 2.200 Euro. Während dem Steuerzahler ein geförderter Anschluss in Sachsen-Anhalt nur 1.000 Euro kostet, liegt die Fördersumme in Bayern bei 3.500 Euro.
Es fällt auf, dass die Förderung in Bayern pro Haushalt hoch ist, der Freistaat aber nicht unter den Top 3 der Länder mit den meisten geförderten Anschlüssen auftaucht. Über dieses auffällige Verhältnis berichtete MediaLABcom bereits vor zwei Jahren und fragte beim CSU-geführten Bundesverkehrsministerium nach. Die Antwort: Viel ländlicher Raum und eine schwierige Topografie verteuern die Anschlusskosten.
Förderung in „grauen Flecken“
Die über 700 geförderten Infrastrukturprojekte befanden sich allesamt in den sogenannten „weißen Flecken“. Die Regierung plant jedoch, die Förderung auch auf „graue Flecken“ auszuweiten, also auch auf solche Regionen, in denen ein Breitbandnetz bereits vorhanden ist. Derzeit wird die dafür geplante Förderrichtlinie mit der EU-Kommission abgestimmt.
Die Monopolkommission äußert jedoch Zweifel an der Sinnhaftigkeit der Grauen-Flecken-Förderung. Es bestünde die Gefahr, dass der privatwirtschaftliche Ausbau „großflächig verdrängt“ wird, heißt es in einer Pressemitteilung der Monopolkommission (Lesen Sie hierzu auch den Beitrag unseres Gastautors Jürgen Grützner.). „Es fehlt ein Mechanismus, der die Mittel dahin lenkt, wo die tatsächliche Versorgungslage am schlechtesten ist und der geförderte Ausbau den größten Nutzen stiftet.“
Markterkundungsverfahren ungeeignet
Vorgesehen ist, dass anhand des Markterkundungsverfahrens erfasst wird, ob ein privatwirtschaftlicher Ausbau in einer Region innerhalb von drei Jahren geplant wird oder nicht. Wäre das nicht der Fall, käme eine Förderung für die betroffene Region in Frage. Die Monopolkommission hält diesen Mechanismus aber für ungeeignet, denn er würde privatwirtschaftlichen Investitionen, die nach dem Zeitraum von drei Jahren geplant würden, vorgreifen.
Darüber hinaus befürchtet die Monopolkommission verschiedene Nebeneffekte. Durch die Erweiterung der Förderung auf „graue Flecken“ wird sich die Zahl der Förderverfahren erhöhen. Planungs- und Tiefbaukapazitäten sind jedoch begrenzt, was bedeutet, dass sich pro Auswahlverfahren für ein Ausbauprojekt weniger Unternehmen bewerben werden. Die Wettbewerbsintensität im Auswahlverfahren nimmt ab, die Belastung für den Staat durch höhere Fördersummen zu. Durch die hohe Auslastung in der Tiefbaubranche dürfte die Erweiterung der Förderung zu weiter steigenden Preisen führen. Die Finanzierungslücke wird größer, der Staat muss tiefer in die Tasche greifen.
Die Experten der Monopolkommission empfehlen, das Prinzip der bandbreitenbezogenen Aufgreifschwelle beizubehalten, bei deren Unterschreitung ein Gebiet erst förderfähig wird. Die Aufgreifschwellen sollten dabei zeitlich gestaffelt sukzessive angehoben werden, wobei sich der Schwellenwert an den tatsächlich nachgefragten Bandbreiten orientieren sollte.
Voucher als sinnvolle Ergänzung
Auch die Verwendung der viel diskutierten Voucher für private und gewerbliche Haushalte steht die Monopolkommission positiv gegenüber. Die Abrufhäufigkeit solcher Gigabit-Gutscheine könnte als Indiz für die Förderfähigkeit eines Gebiets herangezogen werden. Eine hohe Abrufrate der Voucher signalisiert eine hohe Nachfrage. Hier würde die staatliche Unterstützung Sinn ergeben, insofern kein eigenwirtschaftlicher Ausbau zustande kommt.
Davon abgesehen könnten Voucher nach Ansicht der Monopolkommission dazu führen, dass die Take-up-Raten ansteigen, wodurch sich die Wirtschaftlichkeit von Ausbauprojekten verbessern ließe. Sie befürwortet die Einführung von auf FTTB/H begrenzte Anschluss- und Vertragsgutscheinen. Letztere können vom Kunden bei Abschluss eines Vertrags mit entsprechend hoher Bandbreite eingelöst werden. Der Anschlussgutschein würde bei der Errichtung eines Hausanschlusses fällig.
Die Ausgabe solcher Voucher sollte auf konkrete Gebiete beschränkt werden. Auch hier favorisiert die Monopolkommission ein zeitlich gestaffeltes bandbreitenbezogenes Mindestversorgungsniveau. Dabei ist klar, dass sich diese Gebiete mit denen der Bundesförderung überlappen werden. Die Voucher ersetzen jedoch nicht angebotsseitige Förderung, aber sie sollten verknüpft werden, um den Bedarf an Fördermitteln zu reduzieren.
Administrative Hürden abbauen
Die Förderung durch staatliche Mittel ist die eine, der Abbau bürokratischer Hürden die andere Herausforderung. Die Monopolkommission schlägt vor, zentrale Ansprechpartner, sogenannte Case Manager, zu schaffen, die in einem Ausbauprojekt zwischen Behörden und Unternehmen vermitteln. Doch woher nehmen, wenn nicht stehlen? Der Fachkräftemangel betrifft auch Behörden. Die Monopolkommission schlägt vor, stärker auf Qualifizierungen zu setzen sowie den Einsatz von Ruheständlern und externen Ingenieurbüros in Betracht zu ziehen.
Regional unterschiedliche Verfahren sollten zumindest auf Länderebene vereinheitlicht werden. Standardisierte Geo-Informationssysteme sollten flächendecken zum Einsatz kommen. Auf Bundesebene wäre zu überlegen, wie alternative Verlegeverfahren in rechtliche Vorgaben und Auflagen integriert werden können, um den Breitbandausbau zu beschleunigen. Dabei geht es der Monopolkommission nicht nur um das Trenching-Verfahren, sondern auch um die Frage, ob nicht ober- und unterirdische Telekommunikationslinien rechtlich gleichgestellt werden sollten.
Beifall aus der Branche
Die Forderungen der Monopolkommission sind Wasser auf die Mühlen der Verbände. Sowohl der Bundesverband Breitbandkommission (BREKO) als auch der Verband der Anbieter für Telekommunikations- und Mehrwertdiensten (VATM) begrüßen die Aussagen des Sondergutachtens. Der VATM betont insbesondere die von der Kommission eingebrachten Nichtdiskriminierungspflichten für die Deutsche Telekom im Sinne eines „Equivalence of Input“, also der Gleichbehandlung zwischen Wettbewerbern und Telekom-Vertrieb, wenn es um Vorleistungspreise und -qualität geht.
Der BREKO kann sich allerdings nicht mit dem Vorschlag eines Bundesförderprogramms für den Mobilfunkausbau anfreunden. Die Monopolkommission bringt eine sogenannte Rückwärtsauktion ins Spiel, bei der in unversorgten Gebieten das Unternehmen den Zuschlag für den Ausbau erhält, das den geringsten Subventionierungsbedarf hat. „Statt auf eine ‚Inselförderung‘ für den Mobilfunk zu setzen, sollte die Bundesregierung vorrangig den eigenwirtschaftlichen und flankierend den geförderten Glasfaserausbau bis in die Gebäude mit geeigneten Maßnahmen unterstützen“, schreibt der BREKO in einer Stellungnahme. Es bleibt abzuwarten, was Brüssel zu den Förderplänen aus Berlin sagt und was letzten Endes in eine neue Förderrichtlinie umgesetzt wird.
Klare Priorisierung von Projekten zur Erschließung auch weißer Flecken
Jürgen Grützner
Es wird immer wieder intensiv diskutiert, wie die richtige Förderung beim Glasfaserausbau aussehen muss. Dabei steht für den VATM fest: Der eigenwirtschaftliche Ausbau muss dabei, wo immer möglich, Vorrang haben. Der Entwurf für eine neue NGA-Rahmenregelung des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI), die Förderkriterien festlegt, stößt bei Verbänden und der EU-Kommission aus unterschiedlichen Gründen auf Kritik – etwa aufgrund einer nicht ausreichenden Strukturierung der Ausbaugebiete und der sich daraus ergebenden Verdrängung privater Glasfaserinvestitionen, eines unzureichenden Schutzes von bereits getätigten Investitionen sowie wegen des Wegfalls der Aufgreifschwelle.
Eigenwirtschaftlicher Ausbau nimmt Fahrt auf
Um eine zügige Genehmigung durch die EU zu erreichen, schlagen wir eine Anpassung vor. Sie führt zu einer stärkeren Priorisierung und knüpft dazu an den Ausbau von sogenannten „weißen Flecken“ an. Sinnvoll ist dies insbesondere vor dem Hintergrund, dass einerseits der eigenwirtschaftliche Ausbau massiv an Fahrt gewonnen hat und anderseits bereits im Januar 2020 über 500 neue Anträge auf Förderung weißer Flecken eingegangen sind. Das sind mehr als im gesamten Vorjahr.
Der VATM schlägt aufgrund der begrenzten Planungs- und Baukapazitäten eine weitere Priorisierung im Rahmen der Grauen-Flecken-Förderung vor: Neben einer Investitionsschutzregelung von mindestens vier Jahren zwischen Fertigstellung von Vectoring-Ausbauprojekten und einer dieses Gebiet betreffenden Markterkundung zum weiteren Glasfaserausbau, sollte primär auf die Erschließung noch bestehender weißer Flecken abgestellt werden. Dabei sollte allerdings auch die effiziente Mitversorgung angrenzender, noch nicht mit Gigabit versorgter Gebiete vorgenommen werden, um in einem zusammenhängenden Gebiet eine Gigabit-Versorgung in einem Schritt zu ermöglichen.
Mindestgröße und Kostenhöhe
Der Verbandsvorschlag sieht im Einzelnen folgende Punkte vor: Anknüpfungspunkt ist die Erschließung von weißen Flecken gemäß der bislang gültigen Förderregeln. Es handelt sich nicht um unversorgte Einzellagen, also zum Beispiel einzelne Höfe oder einzelne Anschlüsse in ansonsten NGA-versorgten Gebieten. Gefördert erschlossen werden können nach entsprechenden Markterkundungen und Ausschreibungen – der eigenwirtschaftliche Ausbau hat Vorrang – weiße Flecken und angrenzende graue Flecken in Gebietskörperschaften oder sinnvoll abgrenzbaren Teilen solcher Kommunen oder Landkreise, wenn weiße Flecken einen überwiegenden oder zumindest erheblichen Teil des Fördergebietes ausmachen. Außerdem dürfen diese nicht eigenwirtschaftlich mit Gigabit-Netzen – einschließlich HFC/DOCSIS 3.1 – versorgt werden können.
In Ländern, in denen keine weißen Flecken mehr in der angegebenen Größenordnung existieren, können als nächster Schritt auch alle übrigen weißen Flecken in gleicher Weise erschlossen werden. Aber auch hierbei darf die Mindestgröße nicht unterschritten und eine maximale Kostenhöhe pro Haushalt nicht überschritten werden. In Einzellagen oder entsprechend extrem teuren Versorgungsgebieten müssen Alternativlösungen gesucht werden, damit nicht ganz erhebliche Fördermittel fehlallokiert werden und für extrem wenige Anschlüsse extrem hohe Fördermittel eingesetzt werden.
Förderung grauer Flecken
In Ausnahmen können in Bundesländern, in denen alle weißen Flecken bereits geschlossen worden sind, auch graue Flecken unmittelbar in Angriff genommen werden, wenn diese eine Versorgung von weniger als 100 Mbit/s aufweisen. Auch hier müssen die mit weniger als 100 Mbit/s versorgten Gebiete einen überwiegenden oder zumindest erheblichen Teil des Fördergebietes ausmachen und nicht eigenwirtschaftlich mit Gigabit-Netzen – einschließlich HFC/DOCSIS 3.1 – versorgt werden können.
Nicht förderfähig sind also in jedem Fall Adressen in Gebietskörperschaften oder abgrenzbaren Teilen, an denen gigabitfähige Netze bereits vorhanden sind oder deren eigenwirtschaftliche Errichtung bereits geplant ist. Die Regeln für den Zuschnitt sinnvoll abgrenzbarer Gebiete folgen im Übrigen den heute üblichen Vorgaben beim Zuschnitt von Ausbauprojekten.
Änderungen dringend empfohlen
Auf einen als Abstandsregel zum Vectoring-Ausbau ausgestalteten Investitionsschutz – der VATM schlägt vier Jahre vor – muss ein betroffenes Unternehmen verzichten können, wenn dies für den gesamtheitlichen Ausbau eines Gebiets mit Gigabit-Netzen wirtschaftlich sinnvoll ist. Auf eine weitergehende Abgrenzung kommt es dann ebenso wenig an wie auf Regelungen mit Bezug zur Einwohnerdichte, die die Komplexität deutlich erhöhen würden.
Aus Sicht des VATM müssen diese Änderungen dringend vorgenommen werden, damit die Förderung und damit der Glasfaserausbau in der Praxis auch erfolgreich sein können.
Jürgen Grützner ist Geschäftsführer des Verbands der Anbieter von Telekommunikations- und Mehrwertdiensten (VATM). Er trat dem Verband im August 1998 bei. Zuvor leitete der gelernte Jurist das Büro der Arbeitsgruppe Post und Telekommunikation bei der CDU/CSU-Bundestagsfraktion. In dieser Funktion und als Referent des postpolitischen Sprechers der CDU/CSU-Bundestagsfraktion war Grützner verantwortlich für die zur Marktliberalisierung führenden Gesetze, von der Postreform II über das Telekommunikationsgesetz bis hin zum Postgesetz. Von 1990 bis 1993 leitete er die Presse- und Öffentlichkeitsarbeit in der Direktion der Deutschen Post AG in Köln. Zuvor arbeitete Grützner in einer Anwaltskanzlei bei Bonn.
Neues vom BLTV
Coronavirus trifft Lokal-TV mit voller Härte
Die Ausbreitung des Coronavirus‘ schlägt auf das lokale Fernsehen in Deutschland durch. Die Sender vermelden neben einer teils umfassenden Reduzierung von Medialeistungen auch die zunehmende Stornierung von überlebensnotwendigen Auftragsproduktionen. „Die Auswirkungen der Corona-Pandemie spüren wir schon seit Anfang März 2020, da wir ein Messe-Studio auf der ITB geplant hatten. In der vergangenen Woche haben die Absagen von Veranstaltungen in unserem Sendegebiet natürlich zugenommen, unter anderem von Gesundheits-, Bau- und Weinmessen. Dadurch verlieren wir sowohl Programminhalte als auch gebuchte Medialeistungen“, sagt Sascha Devigne, Chefredakteur von STUDIO 47 in Duisburg. Devigne beziffert den Schaden in seinem Hause allein in den letzten Tagen auf über 10.000 Euro.
Für die Sender werde es zudem immer schwieriger, die Tagesprogramme aufrechterhalten zu können. Das Thema Coronavirus sei nicht zuletzt durch das inzwischen lahmgelegte öffentliche Leben auch auf lokaler Ebene dermaßen omnipräsent, dass es kaum noch möglich sei, über andere Themen zu berichten, heißt es von verschiedenen TV-Stationen. Zudem könnten die ohnehin kleinen Teams aufgrund der Produktionsvorgänge kaum aufs Homeoffice ausweichen. Einige Sender stünden vor dem Problem, dass die Mitarbeiter aufgrund der Einschränkungen im Nahverkehr nur noch mit großen Schwierigkeiten zur Arbeitsstätte kommen könnten, heißt es etwa von Hauptstadt.TV, das seine Produktionsstätten in Potsdam und Berlin betreibt. Die Sender entwickelten aktuell verschiedene Havariepläne, um die Programme weitgehend sicherstellen zu können.
Zugleich belegt die aktuelle Krise den herausragenden Wert und die Notwendigkeit des Lokalfernsehens. Die deutschen Lokal-TV-Sender berichten seit Tagen in der notwendigen Ausführlichkeit und Sachlichkeit über die Lage in Gemeinden, Krankenhäusern und Betriebsstätten vor Ort oder etwa über die Situation an den jeweiligen Grenzübergängen zu den Nachbarländern und die Auswirkungen auf lokaler Ebene.
Der Vorstand des Bundesverbands Lokalfernsehen (BLTV) fordert in diesem Zusammenhang die Regierungen von Bund und Ländern auf, den Lokalfernsehbetreibern mit expliziten Notstandsförderungen zu helfen, um nicht zuletzt der besonderen Lage in den Regionen mit notwendigen Informationen und Sicherheitshinweisen gerecht zu werden und den Sendebetrieb der TV-Stationen weiter aufrechterhalten zu können.
Veranstaltungshinweise
Dr. Jörn Krieger
FRK-Breitbandkongress 2020 im September in Leipzig
Der FRK-Breitbandkongress setzt seinen Wachstumskurs fort und vergrößert in diesem Jahr die Ausstellungsfläche um 20 Prozent. Der 23. Branchentreff der mittelständischen Kabel- und Glasfasernetzbetreiber und Dienstleister, der am 28. und 29. September 2020 in Leipzig stattfindet, kann dadurch zahlreiche neue Unternehmen begrüßen, die 2019 nicht zum Zuge kamen, und etablierten Ausstellern die Möglichkeit bieten, ihre Standfläche zu vergrößern. Schnelligkeit ist gefragt: Fast 80 Prozent der Standfläche für 2020 ist bereits reserviert. Zwei Drittel entfallen auf Aussteller, die 2019 dabei waren; ein Drittel sind neue Aussteller, die zum Teil 2019 nicht berücksichtigt werden konnten.
Infos: www.breitbandkongress-frk.deANGA COM verlegt auf Juni 2021
Die für Mitte Mai 2020 geplante Kongressmesse ANGA COM wird auf nächstes Jahr verschoben. Neues Veranstaltungsdatum ist der 8. bis 10. Juni 2021 in Köln. Grund für die Verlegung sind die Entwicklungen rund um das Coronavirus und die entsprechenden Vorgaben der Gesundheitsbehörden für Großveranstaltungen. In einer Stellungnahme bittet der Messeveranstalter alle Aussteller, Sponsoren, Partner und Freunde um Verständnis für dionavirus trifft Lokal-TV mit voller Häresen Schritt. Bereits angemeldete Kongressteilnehmer und Messebesucher können frei wählen, ob sie ihre Tickets für die Veranstaltung 2021 nutzen wollen oder sie kostenfrei stornieren möchten.
Infos: www.angacom.deKurzmeldungen
Dr. Jörn Krieger
Dritte Programme der ARD stellen 2021 SD-Verbreitung via Satellit ein
Die Landesrundfunkanstalten der ARD werden im Januar 2021 die Satellitenverbreitung ihrer dritten Programme in SD-Bildauflösung über Astra (19,2° Ost) einstellen. Das sagte Wolfgang Wagner, Direktor Produktion und Technik des WDR und derzeit zugleich Vorsitzender der Produktions- und Technikkommission von ARD und ZDF, der Zeitschrift „InfoDigital“ (Ausgabe April 2020). Dies betreffe nach gegenwärtigem Stand die dritten Programme aller ARD-Landesrundfunkanstalten bis auf den MDR, wo der Entscheidungsprozess aktuell noch laufe, erklärte Wagner.
Die ARD hatte im Februar 2020 angekündigt, dass sie im Januar 2021 die Satellitenverbreitung ihrer Gemeinschaftsprogramme in SD-Bildauflösung auf Astra einstellen werde: Das Erste, tagesschau24, ONE und ARD-alpha. Der europäische Kulturkanal ARTE schließt sich an. Die betroffenen Programme sind dann nur noch in HD-Bildqualität über Astra zu empfangen. Termin für die SD-Abschaltung ist laut Wagner der 12. Januar 2021.
M7 und BrightBlue bieten Ultra-HD-Sender für IPTV
M7 beliefert den IPTV-Dienstleister BrightBlue mit Signalen für drei Ultra-HD-Sender (UHD). Die Partner von BrightBlue können ihren Kunden damit ab sofort Insight TV UHD, Fashion 4K und LoveNature 4k in ultrahoher Bildauflösung anbieten. M7 hatte die drei UHD-Sender im Juni 2019 in sein Kabel-Portfolio aufgenommen. BrightBlue stellt das UHD-Angebot nun Glasfaseranbietern, Netzbetreibern, Stadtwerken und anderen Partnern im Rahmen seiner schlüsselfertigen White-Label-Lösung zur Verfügung, mit der die Unternehmen eine vielseitige Multiscreen-IPTV-Plattform unter eigener Marke betreiben können.
„Hochwertige Netze brauchen hochwertige Inhalte, mit denen sie ihre Leitungsfähigkeit voll ausspielen können“, sagt Christian Heinkele, Geschäftsführer von Eviso Germany, dem M7 Business Partner in Deutschland. „Wir freuen uns, dass die Netzbetreiber mit BrightBlue-Technologie nun auch mit UHD-Sendern Werbung für ihr IPTV-Angebot machen können. Konsumenten wechseln nur dann vom Satellitenempfang oder Kabelfernsehen zu IPTV, wenn sie Mehrwerte erkennen, und diese Mehrwerte sind zu allererst der einfache Zugang zu exklusiven Inhalten.“
Als Bestandteil seiner maßgeschneiderten White-Label-IPTV-Lösung bietet BrightBlue für die Endkunden seiner Partner in Kürze 4K-fähige IPTV-Boxen an. M7 und BrightBlue hatten im März 2019 bereits eine Zusammenarbeit bei der technischen Signalzuführung von IPTV-Sendern vereinbart. Ziel ist es, Glasfaseranbietern, Netzbetreibern und Stadtwerken, die Möglichkeit zu geben, ihre Netze durch eine vielseitige Multiscreen-IPTV-Plattform aufzuwerten, neue Geschäftsmodelle und Einnahmequellen zu erschließen und die Kundenbindung zu erhöhen.
TNG Stadtnetz wählt BrightBlue für IPTV-Angebot
Das Kieler Telekommunikationsunternehmen TNG Stadtnetz will mit der TV-Lösung des Dienstleisters BrightBlue eine Multiscreen-IPTV-Plattform einführen. „Wir bringen den Breitbandausbau in der Region voran und werden damit mehr und mehr die Verfügbarkeit hoher Bandbreiten für unsere Kunden sicherstellen. In diesem Zuge wollen wir auch mit unserem TV-Angebot auf der Höhe der Zeit sein. Wir freuen uns deshalb, gemeinsam mit BrightBlue schon sehr bald unseren Kunden ein High-Endprodukt zur Verfügung zu stellen, das exzellente TV-Unterhaltung mit HD- und 4K-Inhalten bietet“, sagt Sven Schade, TNG-Geschäftsführer und stellvertretender Vorstandsvorsitzender der BREKO Einkaufsgemeinschaft.
Der TV-Empfang wird nicht nur über die klassische Set-Top-Box möglich sein, sondern auch über Amazon-FireTV-Sticks und Smart TV-Geräte mit Android-Betriebssystem sowie iOS-Tablets und -Smartphones. Zusätzlich wird das IPTV-Angebot auch als App für Kunden zur Verfügung stehen – mit vollem Zugriff auf alle Dienste über verschiedene Endgeräte. Das Angebot umfasst neben TV-Sendern auch interaktive Zusatzfunktionen wie Aufnahme, Timeshift und Replay TV sowie Personalisierungsmöglichkeiten. TNG wird die Lösung, die von der BREKO Einkaufsgemeinschaft und BrightBlue als White-Label-Produkt angeboten wird, unter eigener Marke vermarkten.
Umsatz im deutschen Streaming-Markt steigt 2024 auf 6,5 Milliarden Euro
Der Boom im Streaming-Markt ist ungebrochen: Ende 2019 generierten die Anbieter von kostenpflichtigen und werbefinanzierten Streaming-Diensten in Deutschland einen Gesamtumsatz von 3,6 Milliarden Euro. Bis 2024 werden die Streaming-Umsätze auf 6,5 Milliarden Euro steigen, ein jährliches Wachstum von durchschnittlich 13 Prozent. Dies sind Ergebnisse des Branchenreports „Streaming Market Germany 2020“ der Beratungs- und Forschungsgruppe Goldmedia.
Für 2020 prognostiziert Goldmedia im deutschen Pay-Video-on-Demand-Markt (VoD) einen Gesamtumsatz von rund 2,9 Milliarden Euro und damit ein Wachstum gegenüber 2019 um 18 Prozent. Die abonnementfinanzierten Streaming-Dienste (SVoD) werden demnach gegenüber 2019 bis zu 355 Millionen Euro mehr einnehmen. Für den Online-Kauf von Videos (EST, Electronic Sell Through) ist eine Steigerung um rund 61 Millionen Euro zu erwarten. Das Geschäft mit Online-Leihvideos (TVoD) hingegen wird sich vergleichsweise weniger stark entwickeln und 2020 nur um rund 26 Millionen Euro wachsen. Auch der werbefinanzierte VoD-Markt legt kräftig zu: Goldmedia rechnet für das Jahr 2020 mit einem Wachstum von 20 Prozent und einem Gesamtumsatz von rund 1,5 Milliarden Euro. Das sind 242 Million Euro mehr als 2019 und bereits rund ein Drittel der aktuellen TV-Werbeumsätze.
Amazon und Netflix waren 2019 wie bereits in den Vorjahren die Platzhirsche im deutschen Pay-VoD-Markt: Bei den VoD-Abos erzielten die US-Anbieter einen Marktanteil von 35 Prozent (Amazon Prime Video) beziehungsweise 25 Prozent (Netflix). Im Markt für Online-Käufe und -Leihvideos erreichte Amazon mit Prime Video sogar einen Anteil von 66 Prozent, mit großem Abstand gefolgt von Google Play mit einem Marktanteil von nur 13 Prozent. Im deutschen AVoD-Markt vereinen die US-Angebote YouTube und Facebook zwei Drittel des Werbemarktes auf sich: YouTube erreichte 2019 einen Umsatz-Marktanteil von 41 Prozent und Facebook von 25 Prozent. Die Vermarktungstöchter der beiden großen privaten TV-Gruppen ProSiebenSat.1 und Mediengruppe RTL Deutschland erzielten zusammen einen Anteil von 26 Prozent.
Deutsche Telekom bietet Disney+ sechs Monate gratis
Die Deutsche Telekom wird exklusiver Verbreitungspartner von Disney+ in Deutschland und bietet den Streaming-Dienst ihren Kunden sechs Monate lang kostenlos an. Das Angebot gilt für Kunden der IPTV-Plattform MagentaTV und für Kunden mit Laufzeitverträgen fürs Festnetz und Mobilfunknetz. Nach der Gratisphase können sie Disney+ dauerhaft zum reduzierten Monatspreis von 5,00 Euro beziehen - 1,99 Euro weniger als der reguläre Abopreis. Die Kunden der OTT-Version von MagentaTV, die im Gegensatz zum IPTV-Dienst an keinen Internet- und Telefonie-Vertrag gebunden ist, zahlen den regulären Preis von 6,99 Euro pro Monat für Disney+. In beiden Fällen kann der Bezug des Streaming-Dienstes monatlich gekündigt werden.
Seit dem Start am 24. März 2020 können Telekom-Kunden die Disney+-App via Smartphone und Tablet sowie auf ihrem Smart-TV über den MagentaTV-Stick nutzen. Bis zur vollständigen Integration von Disney+ auf den MagentaTV-Receivern bietet die Telekom den Kunden den neuen, linearen 24-Stunden-Kanal Disney+ Select an, der eine Auswahl an Inhalten von Disney+ zeigt. Die Registrierung für den Zugang zu Disney+ zu Telekom-Konditionen ist unter www.telekom.de/disneyplus möglich.
fight24 wird Pay-TV-Sender
Der Kampfsportkanal fight24 setzt nach der Aufschaltung im Kabelnetz von wilhelm.tel seinen Weg in Richtung Pay-TV fort. Das Programm ist ab sofort bei TV.de, der Streaming-Plattform von Couchfunk, im Abo-Paket „Pro TV“ zu empfangen. Bei wilhelm.tel wechselte der Sender am 1. März 2020 in die Pay-TV-Pakete „deluxe“ und „deluxe xl“.
„Wir versüßen unseren Zuschauern den Einstieg ins Pay-TV mit der Aufrüstung unseres gesamten Sendebetriebs auf 24-Stunden-HD-Programm“, sagt Peter Behrends, Geschäftsführer der Betreibergesellschaft Martial Arts Broadcasting Network Ltd. „Kampfsport der Extraklasse in bester Bildqualität: Das macht auch unser neuer Sendername fight24 HD deutlich, mit dem wir das neue Kapitel aufschlagen.“
Mit weiteren Kabelgesellschaften, Plattformbetreibern und Streaming-Diensten in Deutschland, Österreich und der Schweiz laufen Verhandlungen über die Aufnahme von fight24 HD in Pay-TV-Angebote. Der Sender zeigt rund um die Uhr Kampfsport aus Deutschland und Europa, darunter olympisches Boxen, Kickboxen, Mixed Martial Arts und Muay Thai.
waipu.tv erreicht über 400.000 Kunden
Die Internet-TV-Plattform waipu.tv erreichte zum Jahresende 2019 rund 408.300 zahlende Kunden. Damit wuchs die Kundenzahl im vergangenen Jahr (+156.500) stärker als 2018 (+149.500), wie die Muttergesellschaft Freenet bei der Vorlage ihrer Geschäftszahlen 2019 berichtete. Das ursprüngliche Jahresziel von mehr als 350.000 zahlenden Kunden hatte waipu.tv bereits im August 2019 erreicht. Insgesamt verfügte waipu.tv Ende 2019 um 2,28 Millionen registrierte Kunden; Ende 2018 waren es lediglich 1,26 Millionen.
Die TV-Plattform Freenet TV steigerte die Zahl der umsatzgenerierenden Nutzer im Jahresverlauf um rund 6.900 auf 1,021 Millionen Kunden. Nach dem Rückzug von Astra (19,2° Ost) wegen zu geringer Nachfrage wird das Angebot nunmehr wieder nur via DVB-T2 vermarktet. Bei waipu.tv erwartet Freenet 2020 „solides Wachstum“, während bei Freenet TV mit stabilen Kundenzahlen gerechnet wird. Die Auswirkungen der Preiserhöhung sind dabei allerdings nicht berücksichtigt.
Freenet TV: Preiserhöhung steht fest
Media Broadcast erhöht die Bezugspreise seiner TV-Plattform Freenet TV zum 1. Mai 2020. Das bestätigte ein Sprecher des Unternehmens gegenüber MediaLABcom. Der Monatspreis steigt von derzeit 5,75 Euro auf 6,99 Euro. Eine zwölf Monate gültige Guthabenkarte kostet dann 85 Euro statt 69 Euro. Zu den Gründen sagt der Media-Broadcast-Sprecher: „Bei der Preisanpassung handelt es sich um die erste Anpassung nach drei Jahren, welche durch gestiegene Kosten unter anderem für Programminhalte, Technik und Standorte, Strom und Personal notwendig ist. Einen Teil unserer Mehrkosten reichen wir deshalb ab dem 1. Mai 2020 an unsere Kunden weiter.“
Gleichzeitig kündigte er einen weiteren Ausbau des Angebots an: „Das Freenet-TV-Programmangebot wird auch in Zukunft ständig ausgebaut, sowohl mit neuen internetbasierten Angeboten über Freenet TV Connect als auch mit Bundles. Konkrete Pläne für 2020 werden wir zu einem späteren Zeitpunkt bekanntgeben.“
Conrad Albert verlässt ProSiebenSat.1
Conrad Albert, stellvertretender Vorstandsvorsitzender von ProSiebenSat.1, wird nach 15 Jahren bei dem Medienkonzern sein Vorstandsmandat im gegenseitigen Einvernehmen zum 30. April 2020 niederlegen und das Unternehmen zu diesem Datum verlassen. Albert ist seit 2005 bei ProSiebenSat.1, seit 2006 als General Counsel. Vor neun Jahren wurde er in den Vorstand berufen. In seinem Zuständigkeitsbereich lagen konzernweit das Distributionsgeschäft, der Aufbau von Partnerschaften, strategischen und Nachhaltigkeitsprojekten sowie alle rechtlichen, medienpolitischen und Compliance-Angelegenheiten. Seit November 2017 ist er zudem stellvertretender Vorstandsvorsitzender des Unternehmens.
Sky öffnet „Cinema“- und „Entertainment“-Paket für alle Kunden
Sky reagiert auf die Corona-Krise, durch die alle Bürger mehr Zeit als sonst zuhause verbringen und schaltet „Sky Cinema“ und „Sky Entertainment“ inklusive Sky-Box-Sets einen Monat lang für alle Kunden frei. Diejenigen, die bereits das „Sky Cinema“- und „Sky Entertainment“-Paket gebucht haben, erhalten gratis zwei Filme aus dem Sky Store-Angebot. Für die Telekom- und Vodafone/Unitymedia-Kunden arbeitet Sky derzeit an der Umsetzung mit den Partnern.
Außerdem besitzt der Homescreen der Sky-Q-Box ab sofort zwei neue Funktionen: Er ermöglicht Zugang zu den wichtigsten Nachrichtensendern auf Knopfdruck und bietet eine Auswahl an Bildungs- und Unterhaltungsinhalten für die ganze Familie. Da auch gemeinsame Kinobesuche entfallen, stellt Sky seinen Kunden aktuelle Kinofilme parallel zum Kinostart im Sky Store zum Ausleihen zur Verfügung, darunter „Trolls World Tour“.
Disney+ erst ab April 2021 als App bei Sky Q
Sky Deutschland kann Disney+ erst ab April 2021 als App auf seiner Sky-Q-Plattform anbieten. Das sagte ein Sprecher des Pay-TV-Veranstalters dem Webportal Quotenmeter.de (http://www.quotenmeter.de/n/116888/sky-deutschland-verlaengert-disney-vertrag-langfristig). Vorrang hat zunächst die Deutsche Telekom, die eine exklusive Partnerschaft mit dem Streaming-Dienst vereinbart hat, der am 24. März 2020 in Deutschland gestartet ist.
Ihre jahrzehntelange Zusammenarbeit haben Sky Deutschland und Walt Disney unterdessen verlängert, wie der Sky-Sprecher bestätigte. Das mehrjährige Abkommen umfasst die weitere Ausstrahlung der linearen TV-Sender Fox, National Geographic und Nat Geo Wild. Neu hinzukommen soll im April 2020 der On-Demand-Dienst Nat Geo Now, der hunderte Dokumentationen aus Bereichen wie Kultur, Tier und Reise umfasst.
Nur noch bis 31. März 2020 Bestandteil der Sky-Plattform ist hingegen Disney Junior. Der Kinderkanal soll laut dem Sky-Sprecher "hochkarätig" ersetzt werden, Details gebe es in Kürze. Sky-Kunden können zudem weiterhin neue Disney-Filme im Sky Store kaufen oder ausleihen.
Stingray-UHD-Sender starten bei LIWEST
Der kanadische Medienkonzern Stingray weitet die Verbreitung seiner Ultra-HD-Sender (UHD) in Europa aus. Die drei Musikkanäle Stingray Festival 4K, Stingray Hits 4K und Stingray Ambiance 4K sind ab sofort im Kabelnetz von LIWEST und damit erstmals in Österreich zu empfangen. Die Programme werden im Musik-4K-Paket angeboten, das 3,90 Euro pro Monat kostet. Das Bouquet können alle Kunden des Fernseh-Basispakets von LIWEST abonnieren. Die UHD-Musiksender von Stingray waren zuletzt im Kabelnetz von wilhelm.tel in Norddeutschland aufgeschaltet worden.
„Das große Interesse an den Stingray-4K-Kanälen in Europa wächst weiter. Neben Deutschland und Österreich, sind wir in Europa bereits unter anderem auch in der Schweiz, Belgien, Niederlande, Spanien, Polen und Russland bei namhaften Kabelplattformen verfügbar“, sagt Tom Adams, Deutschland-Chef von Stingray, gegenüber MediaLABcom. „Schon bald folgen weitere Länder. Plattformen mit 4K-Set-Top-Boxen können mit unseren Sendern ihre starke Leistungsfähigkeit unter Beweis stellen, mit nativem UHD-Content.“
A1 Telekom Austria integriert Amazon Prime Video in TV-Plattform
A1 Telekom Austria hat Amazon Prime Video in seine TV-Plattform integriert, die gleichzeitig von A1 TV in A1 Xplore TV umbenannt wurde. Der österreichische Telekommunikationskonzern will damit verdeutlichen, dass er eine zentrale Anlaufstelle schaffen will, die klassisches Fernsehen mit Streaming-Diensten verbindet. Der Zugang erfolgt über den Fernseher mit der A1 Xplore TV-Box, via App per Smartphone oder Tablet (iOS/Android), im Web und über Chromecast. Das Angebot umfasst über 260 Sender, eine Videothek mit 7.500 Filmen und Serien sowie interaktive Zusatzfunktionen wie Instant Replay, 7-Tage-Catch-up-TV und bis zu 500 Stunden TV-Aufnahmespeicher.
Monaco Telecom wählt Zattoo und Apple TV für IPTV
Monaco Telecom führt eine Multiscreen-IPTV-Plattform mit Zattoo und Apple ein. Zentraler Bestandteil ist die Apple-TV-Box, die Monaco Telecom nach Salt (Schweiz) und Eir (Irland) als dritter B2B-Partner von Zattoo als Standard-Empfangsgerät der Kunden einsetzt. Bestehende Kabelfernsehkunden erhalten Zugang zu mobilen Applikationen (iOS/Android), die sie in ganz Europa nutzen können. Künftige Kunden profitieren von dem neu aufgebauten Glasfasernetz mit der Apple-TV-Box als zentraler TV-Komponente.
Zattoo betreibt den gesamten Dienst als End-to-End-Lösung und übernimmt den Betrieb der TV-Plattform, das Management der TV-Applikation auf der Apple-TV-Box und die laufende Weiterentwicklung der Plattform und aller Frontend-Applikationen. Neben über 200 TV-Sendern, davon 150 in HD-Qualität, umfasst das Angebot interaktive TV-Funktionen wie Instant Restart, Timeshift, Catch-up TV und Network PVR. Mit dabei ist ein französischsprachiges Bouquet mit 25 Sendern. Durch eine Kooperation mit Canal+ werden auch Pay-TV-Pakete angeboten.
Partner:
Fachverband Rundfunk- und BreitbandKommunikation
Herausgeber: Heinz-Peter Labonte (V.i.S.d.P.)
Redaktion: Marc Hankmann (Leitung),
Dr. Jörn Krieger
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